So unselig schön
wolle er die Tür schließen.
»Von diesem Account wurden Mails an eine Frau geschickt, die nun tot ist. Wir haben die IP des Rechners, von dem sie versandt wurden, und in ungefähr drei Stunden wissen wir, wo er steht. Wenn ich dann feststelle, dass Sie mich gerade angelogen haben …«
»Tot. Wie, tot?« Siersch presste die Lippen aufeinander, bis sie weiß wurden.
»Ich denke, es ist besser, wenn Sie mich hereinbitten.«
Endlich ließ Siersch Dühnfort ein. Das Büro war nicht groß, zwei kleine Zimmer und eine Art Wintergarten, in dem ein Tisch für Besprechungen stand. Die Frau erschien wieder auf dem Flur, einen USB -Stick in der Hand. Fragend pendelte ihr Blick zwischen ihrem Mann und Dühnfort. »Meine Frau, Cornelia«, sagte Siersch, »Herr …«
»Dühnfort …«
»Herr Dühnfort ist wegen einer Recherche hier. Bist du so nett und mailst die Auswahl an die Bavaria? Bernd wartet sicher schon darauf.«
»Was für eine Location suchen Sie denn?«, fragte Cornelia Siersch.
»Eine verlassene Industrieruine. Am besten eine alte Brauerei.« Dühnfort registrierte, wie Siersch kaum merklich zusammenfuhr, während ein Lächeln auf dem Gesicht seiner Frau erschien.
»Wunderbar. In unserer Datenbank ist eine, ganz in der Nähe. Kennen Sie Solalinden?«
Siersch seufzte. »Cornelia, bitte, Bernd wartet.«
Dühnfort folgte dem Mann in sein Büro und nahm auf dem angebotenen Stuhl vor dem Schreibtisch Platz, während sich Siersch dahinter verschanzte, wie es Dühnfort schien. »Sie sind also Mr Right .«
Siersch hob entschuldigend die Hände. »Okay. Ich gebe es ja zu. Ich habe Nadine in einem Chatroom kennengelernt. Ist sie wirklich tot? Ermordet?«
»Ja. Und Sie waren am Samstagabend mit ihr verabredet. Erzählen Sie mir, wie das Treffen verlaufen ist.«
Siersch fuhr sich mit der Hand über das Kinn. »Ich habe sie nur aus dem Chat und den Mails gekannt … Und jetzt ist sie tot … unglaublich … Sie war so nett und sagenhaft schlagfertig.«
»Herr Siersch, ich wüsste gerne, wie das Treffen abgelaufen ist.«
Der Mann sah ihm in die Augen. »Sie ist nicht gekommen. Hat mich einfach versetzt. Wie ein Depp habe ich bis neun Uhr gewartet. Eine ganze Stunde. Dann bin ich gegangen.«
»Sie wissen, dass ich das überprüfen werde.«
»Natürlich, wenn ich auch nicht weiß, welches Motiv Sie mir unterstellen … Warum hätte ich das tun sollen?« Siersch zog eine Schreibtischschublade auf, holte einen Werbeflyer hervor und reichte ihn über den Tisch. »Darin ist ein Foto von mir. Zeigen Sie das im Gandl herum. Man wird sich an mich erinnern.«
Dühnfort steckte das Faltblatt ein. »Die alte Brauerei in Solalinden kennen Sie also.«
»Wurde sie dort …« Siersch fuhr sich wieder über das Kinn. »Das Gelände ist in unserer Datenbank gespeichert, wie über fünftausend andere Locations auch. Denken Sie, ich wäre so dämlich, einen Mord ausgerechnet an einem Ort zu begehen, von dem jeder weiß, dass ich ihn kenne? Und außerdem hätte ich dann Mr Right mit falschen Daten eingerichtet und die Mails von einem fremden Rechner aus losgeschickt. Aus einem Inernetcafé oder so.«
Das Argument war nur dann stichhaltig, wenn die Tat von Anfang an geplant gewesen war, nicht, wenn sie im Affekt geschehen war. Aber nach Affekt sah es ganz und gar nicht aus.
»Ich habe den Mailaccount eingerichtet, damit meine Frau das nicht mitbekommt … Ab und an brauche ich einen kleinen Seitensprung. Sie nicht?«
***
Auf der Fahrt ins Lehel erreichte Dühnfort ein Anruf von Ursula Weidenbach. Die Hautschuppen unter Nadines Fingernägeln stammten von ihr selbst. Sie hatte an einer leichten Neurodermitis der linken Armbeugen gelitten und sich dort gekratzt. Weiteres DNS -Material gab es nicht. Der Täter musste sich vermummt haben, wie die Kollegen von der KTU . Anders war die Spurenlage nicht zu erklären.
»Merde«, fluchte Dühnfort. Diesmal laut.
Als er am St.-Anna-Platz parkte, war er noch immer verärgert. Ginas Golf stand vor dem Gandl. Weinrote Markisen waren ausgefahren und spendeten den Gästen, die in Korbstühlen vor dem Lokal saßen, Schatten.
Im Feinkostladen, den man durchqueren konnte, um ins Restaurant zu gelangen, verabschiedete Gina sich gerade vom Verkäufer und steckte Nadines Foto ein.
»Was führt dich denn hierher?«, fragte sie, als sie Dühnfort bemerkte.
»Mr Right.«
Er überlegte, ob er hier etwas für das Abendessen einkaufen sollte. Der Parmaschinken sah erstklassig aus, der Fettrand nicht
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