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So unselig schön

So unselig schön

Titel: So unselig schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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Restwahrscheinlichkeit. Aber wenn sie erst jetzt damit rausrückte … das war sicher strafbar. Unterschlagung von Beweisen oder so. Neulich hatte sie einen Artikel über die Münchner Kripo gelesen. Sie war die beste in Deutschland, löste fast alle Mordfälle. Die schafften das auch ohne ihre Hilfe. »Mensch, Clara, du musst dir keine Sorgen machen. Es ist alles im grünen Bereich.« Vicki stand auf. »’tschuldige. Ich muss mal Pipi.« Bevor sie hineinging, hörte sie Clara seufzen und wusste nicht, ob es an ihrer Ausdrucksweise lag oder daran, dass sie Vicki nicht glaubte.
    Die nächste Stunde verging mit Arbeit. Danach hatte Clara einen Zahnarzttermin, und Henriette machte sich auf den Weg, um Kuchen zu holen. »Magst du auch etwas?«, fragte sie Vicki.
    »Danke. Ich bin noch satt vom Mittagessen.«
    Nachdem sie eine Buchung erledigt hatte, hatte Vicki erst einmal nichts zu tun. Gewohnheitsgemäß ging sie ins Internet und surfte ein wenig. Ehe sie sichs versah, hatte sie in die Suchmaske den Namen Jobst Wernegg + München eingetippt. Google zeigte ihr jede Menge Treffer. An erster Stelle stand die Webseite der Susanne-Karg-Stiftung.
    Vicki las sich schnell auf den Seiten dieser Stiftung fest. Deren Ziel war es, soziale Projekte auf die Beine zu stellen und zu finanzieren sowie bestehende zu unterstützen. Dieser Jobst Wernegg war der Gründer und hatte fast die ganze oberfette Kohle, die er von seiner Mutter geerbt hatte – immerhin über fünfzig Millionen –, da hineingesteckt.
    Wow. Ein echter Samariter, dachte Vicki sarkastisch. Ihm waren ja noch etliche Millionen geblieben. Mehr, als er je in seinem Leben ausgeben konnte. Und nun sonnte er sich im Glanz seines Gutmenschentums. Okay. Zu diesem Heiligenschein konnte sie ein wenig Glanz hinzufügen. Kurz entschlossen wählte sie die auf der Webseite angegebene Nummer.
    »Susanne-Karg-Stiftung, Katja Schön, grüß Gott.« Die Stimme der Frau klang nett. Vicki zögerte keine Sekunde.
    »Hallo. Mein Name ist Vicki Senger. Ich bin auf der Suche nach einem Spender für das St.-Michael-Haus, und dabei bin ich auf Ihre Stiftung gestoßen. Ich wollte mal fragen, ob Sie vielleicht einen Zuschuss für therapeutisches Reiten für traumatisierte Kinder geben würden.«
    »Im Prinzip schon. Natürlich prüfen wir die Projekte, die wir unterstützen, vorher. Lassen Sie sich einen Termin bei Herrn Wernegg geben.«
    »Ja. Gut. Klasse. Geht das gleich morgen?«
    »So schnell wird es nicht gehen. Ich sehe mal nach, wann etwas frei ist.«
    Vicki hörte, wie Seiten umgeblättert wurden. »Frau Senger, Sie haben Glück. Ich sehe gerade, dass der Dreizehnuhrtermin für morgen gecancelt wurde. Passt Ihnen das?«
    »Klar. Morgen um eins. Super.«
    Henriette kam zurück, als Vicki das Telefonat beendete. »Du strahlst so. Ist etwas passiert?«, fragte sie.
    »Wahnsinn. Ich glaube, ich habe jemanden gefunden, der das Reiten für die Kids bezahlen wird.« Vicki erzählte Henriette von der Susanne-Karg-Stiftung – allerdings nicht, wie sie diese gefunden hatte – und dass sie morgen einen Termin hatte.
    »Da musst du dich ordentlich anziehen. Hast du irgendwas Seriöses in deinem Kleiderschrank?« Henriettes kritischer Blick blieb an der zerschlissenen Jeans hängen.
    »Ich verkleide mich doch nicht. Entweder finden die das Projekt gut oder nicht. Das hat nichts damit zu tun, wie ich angezogen bin.«
    Es war schon fast fünf. Eigentlich hatte sie noch eine Stunde zu arbeiten. Aber um halb sechs hielt Vicki es nicht mehr aus. Sie wollte ins St.-Michael-Haus radeln und Isolde, der Heimleiterin, erzählen, welche Quelle sie aufgetan hatte. Außerdem brauchte sie die Unterlagen für das therapeutische Reiten, die dort im Büro lagen. Irgendwas musste sie schließlich herzeigen, wenn sie morgen diesem Jobst Wernegg einen Haufen Kohle aus den Rippen leiern wollte.
    ***
    Der Tag in Düsseldorf ging schnell vorüber. Gemeinsam mit Susanne suchte Dühnfort Svenjas Standplatz auf, einen trostlosen Straßenstrich, wie es viele gab. Die Kneipe, in die Bruno Lichtenberg gegangen war, nachdem er Svenja an ihrem Standplatz wieder abgesetzt hatte, war einem türkischen Schnellimbiss gewichen. Die Suche nach Bruno Lichtenbergs aktuellem Aufenthaltsort blieb ergebnislos. Vor über fünf Jahren hatte er sich aus Düsseldorf abgemeldet. Seither tauchte sein Name in keiner Datei eines deutschen Einwohnermeldeamtes auf. Es gab auch kein Fahrzeug, das auf ihn zugelassen war, und ebenso wenig ein Handy

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