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So unselig schön

So unselig schön

Titel: So unselig schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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ihr?
    »Weshalb ich anrufe: Ich habe gute Nachrichten für dich. Ich kenne in München jemanden, der bewandert ist in der Stilllebenmalerei des 17 . Jahrhunderts. Ich habe mit ihm über dein Anliegen gesprochen, und er ist bereit, dir zu helfen. Hast du etwas zu schreiben?«
    Auweia, der hängte sich ja richtig rein. »Gleich.« Vicki holte aus der Küche, vom Bord über der Kaffeemaschine, Block und Stift und kehrte zum Klappstuhl zurück. »Okay. Ich bin so weit.«
    »Sein Name ist Jobst Wernegg. Ich gebe dir seine Büronummer und die Adresse.«
    Vicki notierte beides.
    »Du kannst ihn jederzeit anrufen.«
    »Das ist echt nett. War dieser Wernegg auch auf der Maiauktion?«
    Ein ärgerliches Schnauben klang durchs Telefon. »Das hatten wir doch schon. Diskretion ist in meinem Business wichtig. Warum willst du das eigentlich unbedingt wissen?«
    Irgendwie war ihr dieser Serge Buthler unheimlich. Er hätte ihr ja auch eine Mail schicken können. Warum hatte er in den Eingeweiden seiner Telefonanlage nach ihrer Nummer gesucht? Irgendwie gruslig. Am besten sie sah zu, dass sie ihn ein für alle Mal loswurde.
    Sie seufzte. »Sorry. Sie haben sich so viel Mühe gemacht, und das finde ich auch echt nett. Aber die olle Schuster, diese frustrierte Kuh, hat heute mein Thema abgeschossen. Sie meint, es gibt zu wenig her, und moderne Kunst sei interessanter. Ich soll mir bis Schuljahresende etwas aus dem zwanzigsten Jahrhundert aussuchen. Schöner Mist. Nicht?«
    »Das hättest du auch gleich sagen können.«
    Mann, der Kerl ging ihr auf die Nerven. »Ich wollte morgen erst noch mit der Fachschaftsleiterin Kunst sprechen, ob die Schuster das überhaupt darf. Ich würde das Thema gerne behalten. Deshalb.«
    »Du bist eine echte Kämpfernatur, nicht? Das gefällt mir. Ich mag Frauen, die sich durchsetzen können.«
    Bitte? Ein flaues Gefühl legte sich in Vickis Magen. Gut, dass er am anderen Ende der Republik saß.
    »Morgen fliege ich nach München und bleibe übers Wochenende. Ich würde dich gerne kennenlernen. Was hältst du von einem Treffen?«
    »Leider bin ich nicht da. Mein Opa in Niederbayern feiert seinen Achtzigsten. Das wird ein riesiges Zweitagefest, zu dem die ganze Familie kommt. Da kann ich nicht fehlen.« Manchmal wunderte Vicki sich selbst, woher sie all die Lügen nahm. Und vor allem, in welch rasender Geschwindigkeit sie in ihr entstanden.
    »Natürlich. Schade.« Buthler klang enttäuscht.
    »Tut mir echt leid.«
    »Wenn es mit deinem Thema doch noch klappt, dann sag mir Bescheid. Es würde mich interessieren. Und wende dich an Wernegg, er kann dir wirklich helfen.«
    Vicki war froh, als sie endlich auflegen konnte. Sie lehnte sich im Stuhl zurück und stieß einen tiefen Seufzer aus. Worauf hatte sie sich da eingelassen?
    Jobst Wernegg. So wie Buthler reagiert hatte, gehörte dieser Wernegg zu seinen Kunden. Bevor sie sich den anguckte … verdammt, wohin drifteten ihre Gedanken? Sie hatte doch beschlossen, ihre Finger davon zu lassen.
    Die Tür quietschte. Vicki sah Clara auf sich zukommen, einen Klappstuhl in der Hand. Den platzierte sie nun Vicki gegenüber, setzte sich und musterte sie mit ernstem Blick. »Da bin ich also doch noch Mutter geworden. Und von was für einem Prachtbaby. Hundertachtzig Zentimeter, fünfundfünfzig Kilo.«
    Auweia! »Das hat Serge missverstanden.«
    »Du scheinst dich ihm gegenüber aber als Viktoria Mohn ausgegeben zu haben. Steckst du in Schwierigkeiten?«
    »Nee. Wie kommst du darauf?«
    Clara zog die Schultern hoch. »Ich mache mir Sorgen um dich. Hat das irgendwas mit der ermordeten Frau zu tun?«
    Vicki setzte ihren Unschuldsblick auf, machte große runde Augen. »Nein. Wie kommst du darauf? Ich habe den Kerl neulich irgendwo in einem Chat getroffen und war so dämlich, ihm die Büronummer zu geben. Ich habe ihm nur meinen Vornamen genannt, und nun denkt er wohl, ich heiße Mohn, weil du dich so gemeldet hast.« Äh, ganz stichhaltig war das nicht. Vicki bemerkte, wie sie rot wurde.
    »Er klingt, als sei er wesentlich älter als du. Lass die Finger von ihm, wenn ich dir diesen Rat geben darf.«
    Erleichtert atmete Vicki durch. »Von dem will ich nichts. Wirklich!«
    »Und falls du etwas weißt, was die Polizei auch wissen sollte, dann erledige das, und zwar sofort.«
    Vicki hielt Claras Blick stand. Sie würde dieser Sache nicht weiter nachgehen. Vermutlich hatte diese Hotelkarte ja gar nichts mit dem Mord zu tun. Höchstens mit einer verschwindend geringen

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