So unselig schön
gelernt. War in dem Moment irgendwie sinnvoll.«
Der Griff seiner Hand wurde fester, und noch immer war das ein angenehmes Gefühl. Wie schön es wäre, jemanden zu haben, der zuhörte, da war und ihr zeigte, wo es im Leben langging. Mist. Nein. Sie würde sich ganz sicher nicht verlieben. Und schon gar nicht in einen alten Mann. Okay, wirklich alt war er nicht, aber sicher fünfzehn Jahre älter. Sie zog die Hand weg.
»Dir ist niemand zu Hilfe gekommen?«
»Nee, die haben das gar nicht mitgekriegt, und als ich dann gesagt habe, dass ich jetzt schwimmen kann, hat meine Mutter gar nicht richtig zugehört. Soll ich weitergraben, bis ich auf Gold stoße? Da ist nur Scheiße. Echt. ’tschuldigung. Du hast halt einfach mehr Glück gehabt.« Sie fegte einen Baguettekrümel beiseite. »Andererseits: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Wenn du zu graben anfangen würdest … was käme da zutage?«
Jobst stützte das Kinn in die Hand. Eine schöne Hand mit kräftigen Fingern, gepflegt, schmucklos. »Sicher gibt es die eine oder andere unangenehme Erinnerung. Aber sie wiegen das andere nicht auf. Dir hingegen könnte es helfen, wenn du etwas finden würdest, das dir zeigt, dass deine Mutter dich geliebt hat, und das dich mit ihr versöhnt.«
Die Idee war gar nicht blöd. Vielleicht gab es ja etwas. Trotzdem spürte Vicki Widerstand. Sie wollte sich nicht mit dieser dämlichen Tussi beschäftigen. Wirklich nicht. Irgendwie war es einfacher, auf ihre Mutter wütend zu sein.
»Hast du Excel schon gestartet?« Claras Frage riss Vicki aus ihren Überlegungen.
»Ja. Klar.«
»Gut, dann zeige ich dir, wie man damit Tabellen anlegt.«
Clara wies sie in das Programm ein, zeigte ihr die Funktionen, legte Zeilen und Spalten an und ließ dann Vicki weitermachen. War gar nicht so schwer. Mit etwas Unterstützung hatte sie nach einer Stunde die Kostenaufstellung fertig. Vicki bedankte sich bei Clara und wappnete sich für ihre nächste Frage. »Kann ich heute Nachmittag früher gehen? So um vier. Ich will den Antrag persönlich abgeben. Dann wird er sicher schneller bearbeitet.«
Clara musterte sie, sagte aber nicht, was sie dachte. Vicki wusste es trotzdem. Das kann man auch mit der Post oder als E-Mail oder Fax schicken. Warum will sie das persönlich machen? Hat sie sich in diesen Wernegg verguckt?
Nein, hatte sie nicht. Jedenfalls nicht richtig, vielleicht ein klein wenig. Er war nett. Mehr nicht. Verlieben würde sie sich in den jedenfalls nicht. Zu alt und außerdem … Nein. Verdammt. Nicht alle, die sie liebte, würden ins Gras beißen. Das war einfach nur eine dämliche Angst. Und außerdem hatte sie sich gar nicht in ihn verliebt. Hatte nur ein paar Schmetterlinge im Bauch. »Also, kann ich früher los?«
Clara seufzte. »Du bist erwachsen und solltest wissen, was du tust. Also gut. Überstundenausgleich.«
***
Johannes Schack betrachtete die Ausdrucke, die Dühnfort ihm gereicht hatte. Einer zeigte die Seitenansicht eines Jaguar XK Coupés, der andere die eines BMW - 3 er- Coupés. Beide in Silber.
»Da sind schon Ähnlichkeiten vorhanden. Keine Frage. Die Fensterform ist beinahe identisch. Silhouette, Höhe und Proportionen … tja, was soll ich sagen?« Er legte die Blätter vor sich auf den Tisch. »Andererseits hat der Jaguar eine weichere Form, eine längere Schnauze, wirkt irgendwie eleganter. Doch«, er sah auf, »das Fahrzeug, das ich gesehen habe, war ein Jaguar. Ziemlich sicher.«
»Ziemlich oder ganz sicher?«, fragte Dühnfort.
Schack zog die Schultern hoch, sah noch einmal auf die Bilder, seufzte und schloss die Augen, vermutlich, um sich das Bild vom vorvergangenen Samstag ins Gedächtnis zu rufen. Kurz darauf öffnete er sie wieder. »Nein, absolut sicher bin ich mir nicht. Wenn ich es beschwören müsste, könnte ich das nicht. Ich kann nicht ausschließen, dass es sich auch um ein BMW Coupé gehandelt haben könnte.« Er stand auf. »Es tut mir leid.«
»Muss es nicht«, sagte Dühnfort und begleitete Schack bis zum Treppenhaus.
Als er zurück ins Büro ging, traf er mit Gina zusammen, die gerade aus ihrem kam. »Buthlers Liste ist da und die Antwort der Schriftsachverständigen. Sie ist ganz Buthlers Ansicht. Den Text auf der Hotelkarte hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Frau geschrieben. Wir gehen aber mit derselben Wahrscheinlichkeit von einem Mann als Täter aus. Wie machen wir weiter?«
»Wir brauchen Schriftproben von allen Frauen, die auf der Liste stehen. Wir
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