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So unselig schön

So unselig schön

Titel: So unselig schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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und sah auf das Display. Die Nummer kannte sie nicht. »Ja?«
    »Dühnfort.« Die Stimme des Kommissars klang irgendwie unterkühlt. »Sie haben an meine Kollegin einige Aufnahmen gemailt, die Sie zwei Tage vor dem Leichenfund in der Brauerei gemacht haben. Sie dachten, wir könnten sie vielleicht gebrauchen. Das haben Sie jedenfalls dazugeschrieben.«
    Uuups. Das klang nach Ärger. »Ja. Und?«
    »Sie dachten nicht. Sie wussten, dass die Aufnahmen ermittlungsrelevant sind. Sie haben Beweismittel zurückgehalten, und nun betätigen Sie sich auch noch auf eigene Faust als Ermittlerin. Dieser Fall spielt aber nicht im Fernsehen, sondern im richtigen Leben. Lassen Sie die Finger davon. Der Mann ist gefährlich. Das brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Sie haben ja gesehen, wozu er fähig ist.« Der Ärger verschwand mit den letzten Worten aus Dühnforts Stimme und machte Sorge Platz.
    Wie war er nur darauf gekommen, dass sie mit Buthler telefoniert hatte? Klar. Natürlich hatte der Kommissar mit dem geredet, und der hatte ihm davon erzählt. Also wusste Buthler, dass sie nicht Viktoria Mohn war, sondern Vicki Senger. Shit!
    »Ich habe das sowieso gleich wieder aufgegeben«, sagte sie kleinlaut.
    »Sie haben also nur mit dem Hotel Atlantic telefoniert und mit Serge Buthler nicht?«
    Einen Moment zögerte Vicki. Lügen wäre die einfachere Lösung. Kurzfristig jedenfalls. Buthler wusste also doch nicht, wer sie wirklich war. Weshalb fühlte sie sich so schlagartig erleichtert? »Nee, den habe ich auch angerufen.«
    »Ich glaube es nicht. Was haben Sie sich dabei gedacht?«
    Vicki erzählte Dühnfort, dass sie sich unter einem Vorwand bei Buthler gemeldet und natürlich nicht ihren richtigen Namen angegeben habe und dass das Ganze sowieso eine Nullaktion gewesen sei. »Denken Sie vielleicht, der war das?«
    Die S-Bahn fuhr in die nächste Station ein. Die alte Frau stand auf, winkte Vicki zu und stieg aus.
    Natürlich beantwortete er die Frage nicht.
    »Sie halten sich ab sofort aus der Sache raus. Haben Sie nur die Handschrift auf der Karte entziffert, oder haben Sie noch mehr herausgefunden?«
    »Nein, nichts.«
    »Woher wussten Sie eigentlich, dass die Hotelkarte am Montag nicht mehr in der Brauerei lag? Verfügen Sie über ein fotografisches Gedächtnis, oder haben Sie uns nicht alle Aufnahmen gegeben?«
    Das nun auch noch. Mist. »Zweiteres«, gab Vicki kleinlaut zu und erklärte, weshalb sie aus Trotz die Speicherkarte nicht rausgerückt hatte.
    Er fragte noch, weshalb sie die Aufnahme nicht sofort – nachdem sie diese bearbeitet und deren Bedeutung entdeckt hatte – an die Polizei weitergegeben habe. Daraufhin wiederholte sie die Argumente, die sich schon Kai gegenüber als fadenscheinig erwiesen hatten und durch ihre Wiederholung nicht überzeugender wurden – sie habe gedacht, das habe vermutlich nichts zu bedeuten. Diese Karte war also wichtig und Serge Buthler irgendwie in den Mordfall verwickelt.
    »Falls es noch etwas gibt, das ich wissen sollte, dann sagen Sie es jetzt, und Sie kommen mit einem blauen Auge davon.« Dühnfort klang eher besorgt als drohend.
    »Das war es schon«, erwiderte Vicki und registrierte erst jetzt die neugierigen Blicke ihrer Mitreisenden. Sie hielt ihnen stand und erwiderte jeden einzelnen, bis die Köpfe sich abwandten.
    ***
    Kurz nach fünf bog Vicki, von der U-Bahn-Station kommend, in die Canalettostraße ein. Noble Gegend. Schicke Häuser. Teure Autos in den Einfahrten und am Straßenrand. Große Gärten mit gepflegten Rasenflächen und beschnittenen Büschen und Hecken. Vicki suchte nach Jobsts Hausnummer, entdeckte sie auf der anderen Straßenseite und wechselte hinüber. Dabei zwängte sie sich zwischen zwei Autos hindurch und blieb mit einem Träger des Rucksacks am Außenspiegel eines kleinen schwarzen Wagens hängen, der zwischen einem fetten Mercedes und einem riesigen Audi geparkt war. Er sah aus wie der arme Verwandte, gehörte sicher einer Putzfrau. Sie fädelte den Träger aus und ging über die Zufahrt, auf der Jobsts Jaguar stand, zur Haustür.
    Das Haus, ein Kasten aus Beton und Glas, gefiel Vicki nicht besonders. Der Vorgarten jedoch war schön. Nicht so geleckt und in Form gebracht wie die der Nachbarn, sondern ein wenig verwildert. Vicki klingelte. Kurz darauf öffnete Jobst die Tür.
    Sie stellte den Schirm unter das Vordach und erwiderte sein Lächeln. »Hallo. Da bin ich.«
    »Schön. Komm rein.«
    Vicki trat in einen Flur mit hellem Steinboden und

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