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So unwiderstehlich reizvoll

So unwiderstehlich reizvoll

Titel: So unwiderstehlich reizvoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Mather
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„Es ist die einzige Erklärung, die ich für dein Verhalten finde. Ich hatte dich zu meiner Abendgesellschaft eingeladen und speziell für dich eine kleine Ausstellung arrangiert. Und was ist der Dank dafür? Ohne mich eines Abschieds oder einer Erklärung zu würdigen, stürmst du aus dem Haus und lässt nichts mehr von dir hören.“
    „Du verlangst von mir Dankbarkeit?“ Jetzt regte er sich doch auf. „Wofür? Dass du mich mit meinen ersten Werken konfrontiert hast, von denen ich annahm, sie seien seit Jahren verkauft? Dass du die Bilder meiner Mutter vor mir versteckt hast? Du hast nie von ihnen gesprochen und mich glauben lassen, sie seien seit ihrem Tod verschollen.“
    „Tod? Selbstmord.“ Lady Elinors Stimme schwankte bedrohlich. „Kannst du dir überhaupt vorstellen, wie ich mich gefühlt habe, als mir die ganze schreckliche Wahrheit bewusst wurde? Christina war meine Tochter, und ich habe sie geliebt. Sie jedoch hat sich von mir abgewandt und einem italienischen Bauernsohn den Vorzug gegeben. Als Dank dafür hat er sie schlecht behandelt und geschlagen, und sie musste vor ihm fliehen.“
    „Das ist doch überhaupt nicht wahr! Meine Eltern haben sich oft laut und wortreich gestritten, das stimmt, aber meine Mutter hat deswegen doch keinen Selbstmord begangen – niemals! Sie verlor das Gleichgewicht und fiel über die Brüstung des Balkons, es war ein Unfall.“
    „Das habe ich den Leuten erzählt. Du warst ein hilfloses und äußerst sensibles Kind, Raphael, ich wollte dich vor hässlichem Gerede schützen.“ Lady Elinor hob den Kopf und sah ihm fest in die Augen. „Aber jetzt bist du ein Mann, und ich kann die Last nicht länger allein tragen.“
    Für Raphael brach in diesem Moment eine Welt zusammen. Benommen zog er sich einen Stuhl ans Bett und setzte sich. „Dann erzähl mir die ganze Geschichte“, bat er flüsternd.
    „Christina war mit deinem Vater nicht mehr glücklich. Da sie etwas eigenes Geld besaß, war es ihr möglich, ihn zu verlassen und mit dir in die Schweiz zu ziehen.“ Lady Elinor schloss kurz die Augen. „Leider fing sie an zu trinken, malte kaum noch, und ihre Mittel wurden knapp. Eines Nachts stellte sie sich auf die Balkonbrüstung und sprang. Das haben Augenzeugen berichtet. Genau zwei Tage später erreichte mich ein Brief von ihr, in dem sie mich bat, dich im Falle ihres Todes nach England zu holen und dort großzuziehen. Sie hatte ihren Tod also geplant.“
    Lange sagte Raphael nichts, dann sah er seine Großmutter an. „Darum hast du mich also nie gemocht.“
    Abrupt richtete sich Lady Elinor auf. „Dich nie gemocht? Wovon redest du? Ich liebe dich, ich hatte dich kaum erblickt, da hattest du auch schon mein Herz erobert. Ich habe dich sofort unter all den vielen Kindern erkannt, als ich dich in Interlaken aus dem Heim holte, in dem man dich vorübergehend untergebracht hatte.“
    Zum ersten Mal in seinem Leben sah Raphael Tränen über die Wangen seiner Großmutter rollen. Sie zog ein Taschentuch unter ihren Kissen hervor und betupfte sich die Augen. „Nicht im Traum hätte ich daran gedacht, mit deinem Vater in Kontakt zu treten, um dich an ihn abzuschieben“, fuhr sie schließlich fort. „Es wäre sowieso zwecklos gewesen, denn wie ich später erfuhr, war er bereits einige Monate zuvor bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Aber das weißt du ja. Vielleicht war es sein überraschender Tod, der Christina zu ihrer Verzweiflungstat veranlasste – wir werden es nie erfahren. Jedenfalls hat sie sich in der Stunde ihrer Not an mich gewandt, um dich meiner Obhut anzuvertrauen. Was immer du auch von mir denken magst, Raphael, dafür werde ich ihr bis an mein Lebensende dankbar sein.“
    Was Lady Elinor ihm eröffnet hatte, war für Raphael ungeheuerlich, und er vermochte es immer noch nicht so recht zu fassen. „Es war bestimmt nicht einfach für dich“, meinte er nachdenklich. „Innerhalb kurzer Zeit hast du beide Kinder verloren, bevor sie vierzig waren.“
    Betrübt senkte die alte Dame den Kopf. „Ja, auch der Tod von Charles und seiner Frau war eine Tragödie für mich. Zudem hatte ich, nachdem ich jahrelang allein gelebt hatte, plötzlich zwei kleine Jungen im Haus, denen ich Mutter und Vater ersetzen musste.“ Eine Spur ihres gewohnten Humors lebte für einen kurzen Moment wieder auf. „Weißt du was? Ich glaube, ihr beide, Cary und du, habt dafür gesorgt, dass ich nicht wahnsinnig vor Kummer geworden bin.“
    „Das alles erklärt jedoch

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