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So unwiderstehlich reizvoll

So unwiderstehlich reizvoll

Titel: So unwiderstehlich reizvoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Mather
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kannte sie sehr gut.“ Das war immerhin nicht gelogen, sondern nur leicht übertrieben.
    „Lady Elinor Daniels?“ Sandra war beeindruckt. „War sie dei ne Patentante?“
    „Nein, eine gute Freundin meines Vaters. Es ist eine lange und komplizierte Geschichte.“ Juliet seufzte. „Ich habe die alte Dame erst kürzlich besucht und hätte ewig ein schlechtes Gewissen, wenn ich mich nicht von ihr verabschieden würde.“
    „Und du meinst, du schaffst es an einem Tag?“
    „Bestimmt. Wir haben Sommer, und die Verbindungen in die Feriengebiete sind gut. Ich werde Sonntag fahren, Montag mit dem Nachtzug zurückkommen und Dienstag pünktlich zur Arbeit erscheinen.“
    Cary und Juliet waren also immer noch zusammen.
    Obwohl Cary das immer wieder behauptet hatte, war Raphael skeptisch geblieben. Denn bei seinem letzten Besuch auf Tregellin war Cary allein gekommen. Juliet habe eine Erkältung und wolle Lady Elinor nicht anstecken, lautete seine Erklärung. Die Selbstsicherheit und den Mut, den Wahrheitsgehalt dieser Aussage zu überprüfen, hatte Raphael allerdings nicht besessen.
    Und das ist auch gut gewesen, dachte er jetzt bitter, als er Cary und Juliet eingehakt an der gegenüberliegenden Seite des Grabs stehen sah. Innerlich kochte er vor Wut. Welches Recht nahm sich diese Frau heraus, auf der Beerdigung seiner Großmutter zu erscheinen? Fehlte ihr denn jegliches Gefühl für Benehmen und Anstand? Wie gelang es ihr, so rein und unschuldig auszusehen, wenn sie in Wirklichkeit so skrupellos war – wenn sie ihren Verlobten hemmungslos mit dessen Cousin betrog? Ohne es zu merken, knirschte Raphael mit den Zähnen.
    Josie, die sich schwer auf seinen Arm stützte, blickte ihn von der Seite an. Ihre Augen mochten vom Weinen verschwollen sein, doch ihnen entging nichts, dessen war sich Raphael sicher. Er würde sich in ihrer Gegenwart besser beherrschen müssen.
    „Was ist?“, fragte sie ihn auch gleich.
    „Was soll schon sein?“ Er lächelte sarkastisch. „Die alte Dame ist tot, und Cary kann es kaum erwarten, Tregellin zu verscherbeln. Könnte das Leben schöner sein?“
    Beruhigend strich sie über seine Hand. „Sei doch nicht so negativ und warte erst einmal ab! Deine Großmutter hat sich nicht an der Nase herumführen lassen, das hätte dich doch die Geschichte mit deinen Bildern lehren müssen. Spätestens seitdem solltest du wissen, dass auch eine Lady Elinor ihre Geheimnisse hatte.“
    „Was heißt ‚auch‘? Ich habe keine. Mein Leben ist ein offenes Buch.“
    „So?“ Josie blickte bedeutungsvoll zu Juliet hinüber, was Raphael natürlich nicht entging. „Auf alle Fälle wird das Rätselraten über die Zukunft Tregellins mit der Testamentseröffnung ein Ende haben.“
    Vor diesem Anlass hätte Raphael sich am liebsten gedrückt, für ihn würde es die reinste Tortur werden. Machtlos müsste er mit ansehen, wie der schöne, alte Besitz in Carys und Juliets gierige Hände fiel. Die beiden passten wirklich ausgezeichnet zusammen, einer war so skrupellos wie der andere.
    So sehr Raphael Juliet auch für ihr falsches Spiel verachtete, so wenig gelang es ihm, sie zu vergessen. Keine andere Frau hatte ihn je so zu fesseln vermocht, und in den drei Monaten, die seit ihrer stürmischen Umarmung auf Tregellin vergangen waren, hatte er enthaltsam gelebt. Das muss sich ändern, nahm er sich vor, während er Juliet und Cary grimmig betrachtete. Sobald es ihm möglich war, würde er nach Bodmin fahren, sich einen Drink genehmigen und mit einer Frau anbändeln. Große Ansprüche stellte er nicht, er wollte lediglich Juliet vergessen.
    Die eisigen Blicke, mit denen Raphael sie musterte, entgingen Juliet natürlich nicht. Hatte sie sich bisher insgeheim ab und zu noch Hoffnungen gemacht, war es auch damit jetzt endgültig vorbei. Je schneller sie das Glück, das sie in seinen Armen empfunden hatte, aus ihrer Erinnerung verbannte, desto besser.
    Zugegeben, sie hatte ihm ihre wahren Gefühle verschwiegen, weil sie ihr Versprechen Cary gegenüber sonst gebrochen hätte. Trotzdem, wenn sie Raphael auch nur das Geringste bedeutet hätte, hätte er sich längst bei ihr gemeldet. Schließlich war sie auch offiziell schon seit drei Monaten nicht mehr Carys Verlobte.
    Die letzten Worte des Pfarrers waren verklungen, und Raphael warf eine Handvoll Erde auf den Sarg. Ohne sich noch einmal umzudrehen, machte er sich danach auf den Weg zum Parkplatz.
    Spontan wollte Juliet ihm nacheilen, doch Cary hielt sie am Ärmel fest.

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