So unwiderstehlich reizvoll
ihrem Gut und Geld nach eigenem Gutdünken zu verfahren, junger Mann.“ Mr. Arnold sah Cary tadelnd an. „Doch jetzt möchte ich gern mit der Verlesung des Testaments fortfahren, denn wir kommen zur Verteilung des eigentlichen Vermögens.“
Das brachte nicht nur Cary, sondern alle Anwesenden zum Schweigen. Was der Notar dann vorlas, schlug ein wie eine Bombe. Zweihunderttausend Pfund in Form von Wertpapieren sollten an Cary gehen, der Rest des Besitzes, samt Haus, Ländereien, Konten und Safe bei der Bank in Bodmin, dagegen an den ältesten Enkelsohn.
„Was soll diese Unterscheidung?“ Der Wortlaut war Cary ein Rätsel. „Lady Elinor hatte nur einen rechtmäßigen Enkel, und das bin ich! Raphael ist nur ein Bastard, und das in vielfacher Beziehung.“
„Da muss ich Sie leider enttäuschen, Mr. Daniels.“ Mr. Arnold zog einen Briefumschlag aus seiner Mappe, den er Raphael feierlich überreichte. „So weit ich informiert bin, gehört dies Dokument Ihnen. Ihre Großmutter bat mich, Sie um Verzeihung zu bitten.“
„Was soll das Theater?“ Vor Aufregung bekam Cary einen hochroten Kopf. Das Testament entsprach nicht im Entferntesten seinen Erwartungen.
Ohne den Einwurf zu beachten, zog Raphael das Schriftstück aus dem Umschlag und betrachtete es ungläubig. Plötzlich wich alle Farbe aus seinem Gesicht, und Juliet befürchtete schon, er würde ohnmächtig zusammenbrechen. Mr. Arnolds Gedanken schienen in eine ähnliche Richtung zu gehen, denn er nahm es Raphael ab, den Sachverhalt zu erklären.
„Es handelt sich um eine Heiratsurkunde“, verkündete er. „Und zwar um die von Carlo und Christina Marchese, geborene Daniels, die vor über zweiunddreißig Jahren und damit bereits vor der Geburt ihres gemeinsamen Kindes rechtmäßig die Ehe schlossen.“
Das brachte Cary endgültig in Rage. Er entriss Raphael das Papier und schwenkte es wie wild vor dessen immer noch fassungslosem Gesicht. „Das ist eine Fälschung“, schrie er. „Die Alte war nicht mehr ganz richtig im Kopf!“ Beinahe hysterisch wandte er sich an Mr. Arnold. „Wer hat diese Urkunde gefälscht? Sie brauchen mir gar nicht zu antworten, ich weiß es auch so: Marchese höchstpersönlich.“
„Das Dokument ist amtlich einwandfrei und juristisch nicht anzufechten.“ Mr. Arnold blieb erstaunlich ruhig und befreite geschickt das Papier aus Carys Händen, bevor es Schaden nehmen konnte. Dann wurde er persönlich.
„Es tut mir leid, Raphael. Deine Großmutter wollte es dir schon lange sagen, schreckte jedoch im letzten Moment immer wieder zurück, weil sie Angst hatte, dich zu verlieren. Tregellin gehört jetzt dir. Wenn du dir die Unterlagen ansiehst, wirst du erkennen, dass sie von Anfang an die Absicht hatte, es allein dir zu vermachen.“
Juliets Augen füllten sich mit Tränen. Liebe Lady Elinor! Sie hatte genau gewusst, welchem ihrer beiden Enkel Tregellin am Herzen lag und welchem nicht. Wie schwierig sich die finanzielle Situation auch gestalten mochte, Raphael würde bestimmt einen Weg finden, den Besitz in angemessenem Stil zu erhalten. Cary dagegen hätte alles sofort zu Geld gemacht.
Während Mr. Arnold Raphael und Josie weitere Einzelheiten erklärte, schlich Juliet sich unbeobachtet davon. Ihre Anwesenheit war nicht mehr erforderlich, und sie hatte absolut keine Lust, Cary zu begegnen. Wie sie ihn kannte, wollte er das Testament anfechten und sie bitten, ihm dabei zu helfen. Doch es würde ihm nichts nützen. Gegen einen erfahrenen und seriösen alten Anwalt wie Mr. Arnold besaß er keinerlei Chance.
Ein paar Tage später fing Cary Juliet in der Mittagspause vor der Boutique ab. Er griff ihren Arm und zog sie zu sich.
„Hallo, Darling. Warum bist du nach der Testamentseröffnung so schnell verschwunden? Ich habe dich überall gesucht.“
„Was sollte ich noch länger auf Tregellin?“ Unwillig runzelte sie die Stirn. „Woher weißt du überhaupt, wo ich arbeite?“
„Ich bin zu deiner Wohnung und habe geklingelt. Das hat deine alte Nachbarin gesehen und mir erzählt, dass du in einer Boutique arbeitest. Sie wusste zwar den Namen nicht genau, aber clever, wie ich bin, habe ich ihn mir richtig zusammengereimt.“
„Was willst du von mir? Ich habe nur eine halbe Stunde Mittag und muss mich beeilen, wenn ich noch etwas essen möchte.“
Er verdrehte die Augen. „Ist das eine Art, seinen Ex-Verlobten zu begrüßen? Komm, ich lade dich in ein Restaurant ein, dabei kann ich dir alles in Ruhe erklären.“
Sich mit
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