So wahr uns Gott helfe
sah.
FÜNFUNDVIERZIG
I ch bat den Richter um eine kurze Unterbrechung. Dann ging ich zur Anklagebank und beugte mich zu meinem Mandanten hinab.
»Nicken Sie einfach, als ob ich Ihnen etwas Wichtiges sagen würde«, flüsterte ich ihm zu.
Elliot folgte meiner Anweisung, worauf ich nach einer Akte griff und damit ans Pult zurückkehrte. Ich schlug den Ordner auf und blickte zum Zeugenstand.
»Detective Kinder, zu welchem Zeitpunkt Ihrer Ermittlungen haben Sie festgestellt, dass Johann Rilz das Primärziel dieses Doppelmords gewesen ist?«
Kinder setzte zu einer raschen Antwort an, doch dann schloss er den Mund wieder und lehnte sich zurück, um zu überlegen. Das war genau die Sorte Körpersprache, die den Geschworenen auffallen sollte.
»Das habe ich in keiner Phase der Ermittlungen festgestellt«, antwortete Kinder schließlich.
»Johann Rilz war nie Hauptgegenstand Ihrer Ermittlungen?«
»Nun, er war das Opfer eines Mordes. Aufgrund dessen war er die ganze Zeit ein Hauptgegenstand meiner Ermittlungen.«
Kinder schien ziemlich stolz auf seine Antwort, aber ich ließ ihm nicht viel Zeit, seinen Triumph auszukosten.
»Und weil er Hauptgegenstand der Ermittlungen war, sind Sie auch nach Deutschland geflogen, um dort Nachforschungen über seine Vergangenheit anzustellen, richtig?«
»Ich war nicht in Deutschland.«
»Und in Frankreich? Seinem Pass zufolge hat er dort gelebt, bevor er in die Staaten kam.«
»Auch dort war ich nicht.«
»Wer von Ihrem Team ist dann nach Europa geflogen?«
»Niemand. Wir hielten das nicht für nötig.«
»Warum war es nicht nötig?«
»Wir hatten Interpol um eine Überprüfung von Johann Rilz’ Hintergrund gebeten, und sie hat nichts Verdächtiges ergeben.«
»Was ist Interpol?«
»Dabei handelt es sich um eine Dachorganisation der Polizeibehörden von über hundert Ländern, die eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit erleichtert. Sie besitzt Niederlassungen in ganz Europa und kann bei ihren Mitgliedsstaaten auf uneingeschränkten Datenzugang und Kooperation zählen.«
»Schön, aber das bedeutet, Sie haben sich nicht direkt an die Polizei von Rilz’ Heimatstadt Berlin gewandt.«
»Nein, das haben wir nicht.«
»Haben Sie Kontakt mit der Polizei in Paris aufgenommen, wo Rilz vor fünf Jahren gelebt hat?«
»Nein, bei den Hintergrundinformationen über Mr. Rilz haben wir uns ganz auf Interpol verlassen.«
»Diese Interpolinformationen stützten sich mehr oder weniger auf eine Überprüfung seines Vorstrafenregisters, richtig.«
»Unter anderem, ja.«
»Und auf was sonst noch?«
»Ich weiß es nicht. Ich arbeite nicht für Interpol.«
»Wenn Mr. Rilz in einem Drogenfall für die Pariser Polizei als Informant tätig gewesen wäre, hätte Interpol diese Information an Sie weitergeleitet?«
Einen Sekundenbruchteil bekam Kinder große Augen, bevor er antwortete. Ganz offensichtlich hatte er mit dieser Frage nicht gerechnet. Dennoch konnte ich aus seiner Reaktion nicht erschließen, ob er meine Stoßrichtung bereits ahnte oder ob das alles vollkommen neu für ihn war.
»Ich weiß nicht, ob sie uns diese Information gegeben hätten oder nicht.«
»Normalerweise rücken Polizeibehörden die Namen ihrer Informanten nicht freiwillig heraus – ist das richtig?«
»Nein, das tun sie in der Regel nicht.«
»Und was ist der Grund dafür?«
»Weil es die Informanten gefährden könnte.«
»Es kann also gefährlich sein, in einem Kriminalfall Informant zu sein?«
»Gelegentlich schon, ja.«
»Detective, haben Sie jemals den Mord an einem Informanten untersucht?«
Bevor Kinder antworten konnte, erhob sich Golantz und bat den Richter um eine Unterredung der Anwälte. Der Richter winkte uns zu sich. Ich nahm die Akte vom Pult und folgte Golantz zur Richterbank. Die Stenographin kam mit ihrer Maschine zu uns. Der Richter rollte auf seinem Stuhl an die Seite der Bank, und wir scharten uns um ihn.
»Mr. Golantz?« wandte sich der Richter an den Staatsanwalt.
»Euer Ehren, ich wüsste gerne, wohin das führen soll. Ich habe das Gefühl, hier wird mit unlauteren Mitteln gearbeitet. In der Beweismitteloffenlegung der Verteidigung fand sich nichts, was auch nur im Entferntesten auf das hindeutet, worüber Mr. Haller den Zeugen befragt.«
Der Richter drehte sich auf seinem Stuhl zu mir.
»Mr. Haller?«
»Euer Ehren, wenn hier jemand unter unlauteren Mitteln zu leiden hat, dann mein Mandant. Das war ein schlampiges Ermittlungsverfahren, das …«
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