So wahr uns Gott helfe

Schmauchspuren von diesem Sitz auf die nächste Person übertragen wurden, die dort saß?«
    »Ja.«
    »Und ist es weiterhin Ihre Ansicht als Expertin, dass davon die Schmauchspuren auf Walter Elliots Händen und Kleidern herrührten?«
    »Ich kann nur wiederholen, dass er, nachdem ihm am Rücken Handschellen angelegt worden waren, in Berührung mit einer Übertragungsoberfläche kommen musste. Deshalb ist es meine Ansicht als Expertin, dass die Schmauchspuren auf diesem Weg auf seine Hände und Kleider gelangt sind.«
    Ich machte erneut eine Pause, um die Schlussfolgerungen der Gutachterin wirken zu lassen. Wenn ich mich auch nur annähernd mit berechtigten Zweifeln auskannte, dann stand inzwischen für mich fest, dass ich gerade im Kopf eines jeden Geschworenen welche gesät hatte. Ob sie sich bei ihrer Entscheidung am Ende des Prozesses davon leiten lassen würden, war eine andere Sache.
FÜNFZIG
    D er Moment war gekommen, um das entscheidende Requisit einzuführen und das i-Tüpfelchen auf Dr. Arslanians Gutachten zu setzen.
    »Doktor, sind Sie infolge Ihrer Analyse der Schmauchspuren noch zu anderen Schlüssen gelangt, die Ihre Übertragungstheorie stützen?«
    »Ja, das bin ich.«
    »Und welche Schlüsse waren das?«
    »Darf ich d as an meiner Puppe demonstrieren?«
    Ich bat den Richter, die Zeugin zu Demonstrationszwecken eine Puppe verwenden zu lassen, was er gestattete, ohne dass Golantz Einspruch erhob. Daraufhin marschierte ich am Platz der Protokollführerin vorbei in den Flur zum Richterzimmer, in dem ich Dr. Arslanians Puppe abgestellt hatte, bis der Richter ihren Einsatz für zulässig erklärte. Ich rollte sie in den Saal und postierte sie vor der Geschworenenbank und der Court-TV-Kamera. Ich signalisierte Dr. Arslanian, den Zeugenstand zu verlassen, um mit ihrer Vorführung zu beginnen.
    Bei der Puppe handelte es sich um ein Ganzkörpermodell mit vollständig beweglichen Gliedern, Händen und sogar Fingern. Sie war aus weißem Plastik und hatte von den Vorführungen und Experimenten, die im Lauf der Jahre mit ihr durchgeführt worden waren, graue Flecken im Gesicht und an den Händen. Bekleidet war sie mit einer Bluejeans und einem dunkelblauen Hemd unter einem Blouson, auf dessen Rücken dem Gewinn der diesjährigen Football-Meisterschaft durch die University of Florida gedacht wurde. Die Puppe hing an einem Metallgestell, das auf einer mit Rollen versehenen Plattform angebracht war.
    In diesem Moment fiel mir ein, dass ich etwas vergessen hatte. Ich ging zu meinem Trolley und nahm eine Pistolenattrappe aus Holz sowie einen Teleskopzeigestab heraus. Beides reichte ich Dr. Arslanian, dann kehrte ich ans Pult zurück.
    »So. Was haben wir hier vor uns, Frau Doktor?«
    »Das ist Manny, meine Demonstrationspuppe. Manny, das sind die Geschworenen.«
    Ein paar lachten verhalten, und ein Geschworener, der Anwalt, nickte dem Dummy sogar zur Begrüßung zu.
    »Ist Manny Fan des Florida-Gator-Footballteams?«
    »Äh, heute ja.«
    Gelegentlich kann der Bote durch sein Auftreten die eigentliche Botschaft in den Hintergrund treten lassen. Bei manchen Zeugen ist das durchaus wünschenswert, weil ihre Aussage nicht sehr hilfreich ist. Bei Dr. Arslanian war das jedoch nicht der Fall. Ich wusste, dass ich mich mit ihr auf eine Gratwanderung eingelassen hatte: Einerseits sollte sie hübsch und unterhaltsam wirken, andererseits solide wissenschaftliche Beweise liefern. Damit sie und ihre Argumente den bestmöglichen Eindruck bei den Geschworenen hinterließen, musste ich die richtige Balance zwischen diesen beiden Elementen finden. Mir war klar, dass ich jetzt wieder zu einer seriösen Zeugenbefragung zurückkehren musste.
    »Wozu brauchen wir Manny, Frau Doktor?«
    »Weil eine Untersuchung der vom Kriminologen des Sheriff’s Department gezogenen REM-Plättchen zeigen kann, weshalb die Schmauchspuren an Mr. Elliot nicht vom Abfeuern einer Waffe herrühren können.«
    »Was genau ist ein REM-Plättchen? Der Gutachter der Anklage hat uns das Verfahren bereits letzte Woche erklärt, trotzdem würde ich es begrüßen, wenn Sie unsere Kenntnisse noch einmal auffrischen.«
    »Der Schmauchspurentest wird mit runden Plättchen vorgenommen, die eine abziehbare klebrige Seite haben. Die Plättchen werden auf den Bereich gedrückt, der getestet werden soll, und sie nehmen das gesamte mikroskopische Material von der Oberfläche auf. Anschließend kommt so ein Plättchen unter ein Rasterelektronenmikroskop oder REM, wie wir