Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So wahr uns Gott helfe

So wahr uns Gott helfe

Titel: So wahr uns Gott helfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
machen. Dann wandte ich mich wieder an meinen Mandanten.
    »Hören Sie, Walter, wir müssen reden.«
    »Okay, reden Sie.«
    »Ich habe einen Privatdetektiv auf Ihre Vergangenheit in Florida angesetzt und eben erfahren, dass nichts von Ihrer ganzen Geschichte stimmt. Sie haben mich belogen, Walter, und ich habe Sie ausdrücklich angewiesen, das niemals zu tun.«
    Elliot schüttelte den Kopf und schien verärgert, dass ich ihm die gute Laune verdarb. Für ihn war es eine Lappalie, bei einer Lüge ertappt zu werden, eine Nebensächlichkeit, die keiner weiteren Erwähnung wert war.
    »Warum haben Sie mich belogen, Walter? Warum haben Sie mir diese Geschichte aufgetischt?«
    Er zuckte mit den Achseln und wandte den Blick ab, als er antwortete:
    »Diese Geschichte? Ich habe sie mal in einem Drehbuch gelesen. Übrigens habe ich das Projekt damals abgelehnt. Aber an diese Story konnte ich mich noch erinnern.«
    »Aber wieso? Ich bin Ihr Anwalt. Sie können mir alles erzählen. Ich habe Sie gebeten, mir die Wahrheit zu sagen, und Sie haben mich belogen. Warum?«
    Endlich blickte er mir in die Augen.
    »Weil mir klar war, dass ich Ihnen ordentlich Dampf machen musste.«
    »Mir Dampf machen? Wieso das denn?«
    »Kommen Sie, Mickey. Fangen wir nicht wieder …«
    Er wandte sich ab, um in den Gerichtssaal zurückzugehen, aber ich packte ihn grob am Arm.
    »Nein, ich will es wissen. Wieso haben Sie mir Dampf gemacht?«
    »Alle gehen wieder rein. Die Pause ist vorbei, und wir sollten längst zurück im Saal sein.«
    Ich packte ihn noch fester.
    »Wieso haben Sie mir Dampf gemacht, Walter?«
    »Sie tun mir weh.«
    Ich lockerte meinen Griff, ließ ihn aber nicht los, und fixierte ihn unverwandt.
    »Wieso Dampf?«
    Er blickt zur Seite und setzte ein geduldiges Grinsen auf. Ich ließ seinen Arm los.
    »Hören Sie«, sagte er. »Ich hab es von Anfang an für unerlässlich gehalten, dass Sie glauben, ich hätte es nicht getan. Das war für mich die einzige Garantie, dass Sie auch wirklich Ihr Bestes geben. Dass Sie sich voll reinhängen.«
    Ich starrte ihn finster an und bemerkte, wie sein Lächeln einem Ausdruck des Stolzes wich.
    »Habe ich Ihnen nicht gesagt, ich durchschaue Menschen, Mick? Ich wusste, Sie brauchen etwas, an das Sie glauben können. Die ideale Voraussetzung für Sie war, dass ich ein bisschen schuldig war, aber nicht des ganz großen Verbrechens. Das hat Ihnen den erforderlichen Dampf gemacht.«
    Es heißt, in Hollywood stehen die besten Schauspieler auf der falschen Seite der Kamera. In diesem Moment begriff ich, dass das stimmte. Ich begriff, dass Elliot seine Frau und ihren Liebhaber umgebracht hatte und sogar stolz darauf war. Ich fand meine Sprache wieder.
    »Woher hatten Sie die Pistole?«
    »Oh, die hatte ich schon lange. Ich habe sie in den Siebzigerjahren mal unter der Hand auf einem Flohmarkt gekauft. Ich war ein großer Dirty-Harry- Fan, deshalb wollte ich eine Vierundvierziger Magnum. Ich bewahrte sie im Strandhaus auf, zu meinem Schutz. Sie wissen ja selbst, was sich da unten am Strand für Gesindel rumtreibt.«
    »Was ist in diesem Haus wirklich passiert, Walter?«
    Er nickte, als hätte er von Anfang an geplant, es mir in diesem Moment zu erzählen.
    »Ich bin hingefahren, um sie und irgendeinen Kerl, den sie jeden Montag wie nach der Stechuhr gevögelt hat, zur Rede zu stellen. Doch als ich im Strandhaus angekommen bin, hab ich gemerkt, dass es Rilz war. Sie hatte ihn mir gegenüber als Schwuchtel hingestellt und ihn regelmäßig zu gemeinsamen Abendessen und Partys und Premieren mitgenommen, und hinterher haben sie sich wahrscheinlich über alles lustig gemacht. Sie haben über mich gelacht, Mick. Ich war stinksauer. Außer mir vor Wut. Ich hab die Pistole aus dem Schrank genommen, mir aus der Küche Gummihandschuhe geholt, sie übergestreift und bin nach oben gegangen. Sie hätten ihre Gesichter sehen sollen, als sie auf diese Riesenknarre gestarrt haben.«
    Ich musterte ihn lange. Mir hatten schon einige Mandanten Geständnisse gemacht. Aber in der Regel hatten sie geweint, die Hände gerungen und mit den Dämonen gekämpft, die ihre Taten in ihnen freigesetzt hatten. Nicht so Walter Elliot. Ihn ließ das Ganze total kalt.
    »Wie haben Sie die Waffe verschwinden lassen?«
    »Ich bin nicht allein zum Strandhaus rausgefahren. Ich hatte jemanden dabei. Und er hat die Waffe, die Handschuhe und die Kleider übernommen, ist damit zum Strand runter, wieder zur Straße hoch und hat sich ein Taxi genommen.

Weitere Kostenlose Bücher