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So wahr uns Gott helfe

So wahr uns Gott helfe

Titel: So wahr uns Gott helfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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ich noch keinen Kontakt aufgenommen. Aber das möchte ich heute nachholen. Der Fall des Mandanten, mit dem ich bereits gesprochen habe, ist deutlich harmloser. Ein Diebstahl, um genau zu sein.«
    »Aha.«
    Richterin Holder wurde langsam ungeduldig, weshalb ich auf den eigentlichen Anlass meines Besuchs zu sprechen kam.
    »Der Grund, weshalb ich hier bin, ist die Polizei. Sie hatten Recht, als Sie mich heute Morgen vor einer Einmischung seitens der Polizei gewarnt haben. Als ich in die Kanzlei kam, waren dort gerade zwei Ermittler dabei, Jerry Vincents Akten durchzusehen. Jerrys Sekretärin war zwar auch da, hat aber nichts unternommen, um sie daran zu hindern.«
    Die Miene der Richterin wurde hart.
    »Na, dann haben Sie das hoffentlich getan. Diese Polizisten hätten eigentlich wissen müssen, dass sie diese Akten nicht einfach einsehen dürfen.«
    »Ja, Euer Ehren, Sie haben auf mein Einschreiten hin sofort damit aufgehört. Um genau zu sein, habe ich Ihnen sogar damit gedroht, bei Ihnen Beschwerde einzulegen. Daraufhin haben sie sofort den Rückzug angetreten.«
    Als sie nickte, sprach aus ihrer Miene Stolz auf die Wirkung, die allein die Erwähnung ihres Namens hatte.
    »Und warum sind Sie dann hier?«
    »Weil ich mit dem Gedanken spiele, ihnen wieder Zugang zu den Akten zu gewähren.«
    »Ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstanden habe, Mr. Haller. Sie wollen die Polizei wieder einbeziehen?«
    »Der zuständige Ermittler hat nicht ganz zu Unrecht angeführt, dass einiges darauf hindeutet, dass Jerry Vincent seinen Mörder kannte und ihn wahrscheinlich sogar so nahe an sich heranließ, dass er ihn problemlos erschießen konnte. Nach Ansicht dieses Ermittlers ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, dass der Täter im Umkreis von Vincents Mandanten zu suchen ist. Aus diesem Grund hat die Polizei die Akten nach potenziellen Verdächtigen durchgesehen, als ich in die Kanzlei kam.«
    Die Richterin machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Wonach denn sonst? Trotzdem haben sie damit gegen die Rechte dieser Mandanten verstoßen.«
    »Sie waren im Aktenarchiv und haben alte Fälle durchgesehen. Erledigte Fälle.«
    »Das spielt keine Rolle. Ob aktuell oder erledigt, es handelt sich dabei um einen Verstoß gegen das Anwaltsgeheimnis.«
    »Dessen bin ich mir durchaus bewusst, Euer Ehren. Aber als die zwei Ermittler gingen, ließen sie einen Stapel Akten auf dem Tisch liegen. Offensichtlich Unterlagen, die sie entweder mitnehmen oder sich genauer betrachten wollten. Als ich sie daraufhin durchblätterte, stieß ich auf eine ganze Reihe von Drohungen.«
    »Drohungen gegen Mr. Vincent?«
    »Ja. Lauter Fälle, bei denen die Mandanten nicht mit dem Prozessausgang zufrieden waren, entweder mit dem Urteil oder mit dem Strafmaß. Jedenfalls erhielt Vincent von verschiedenen Seiten Drohungen. Und er nahm sie immerhin ernst genug, um genauestens festzuhalten, was jeweils gesagt wurde und von wem. Das war, was die Ermittler herausgesucht hatten.«
    Die Richterin lehnte sich zurück, legte die Unterarme auf die Armlehnen ihres Ledersessels und verschränkte die Hände. Nachdem sie eine Weile nachgedacht hatte, blickte sie zu mir auf.
    »Sie sind also der Ansicht, wir behindern die Ermittlungen, wenn wir der Polizei diese Akten nicht zugänglich machen?«
    Ich nickte.
    »Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, beiden Seiten gerecht zu werden«, schlug ich vor. »Einerseits den Schaden für die Mandanten zu begrenzen und zugleich der Polizei eine Fortsetzung ihrer Ermittlungen zu ermöglichen. In angemessenem Rahmen natürlich.«
    Die Richterin ließ sich das schweigend durch den Kopf gehen, dann seufzte sie.
    »Schade, dass mein Mann nicht mehr hier ist. Ich lege immer großen Wert auf seine Meinung.«
    »Also, ich hätte diesbezüglich bereits eine Idee, Euer Ehren.«
    »Das habe ich mir fast gedacht. Und wie lautet sie?«
    »Wie wäre es, wenn ich die Akten selbst durchsehe und eine Liste der Personen zusammenstelle, die Jerry Vincent gedroht haben. Diese Liste könnte ich dann, zusammen mit den relevanten Details, an Detective Bosch weitergeben. So kriegt er, was er braucht, ohne die Akten selbst in die Hände zu bekommen. Er ist zufrieden, ich bin zufrieden.«
    »Leitet Bosch die Ermittlungen?«
    »Ja, Harry Bosch von der Mordkommission. An den Namen seines Partners erinnere ich mich nicht mehr.«
    »Ihnen ist doch klar, Mr. Haller, dass Sie auch dann gegen die anwaltliche Schweigepflicht verstoßen, wenn Sie diesem Bosch nur

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