So wahr uns Gott helfe
als ich in Jerry Vincents Kanzlei zurückkam. Ich händigte Lorna die Bankvollmacht aus und erzählte ihr von den beiden frühen Terminen am nächsten Vormittag.
»Ich dachte, Patrick Henson ist auf dem Hundehaufen gelandet«, sagte Lorna.
»Ja. Aber ich habe ihn wieder rausgeholt.«
Sie runzelte die Augenbrauen, wie sie es immer tat, wenn sie aus mir nicht schlau wurde. Was ziemlich häufig der Fall war. Aber ich hatte keine Lust auf umständliche Erklärungen. Daher ging ich einfach zum nächsten Punkt über und erkundigte mich, ob sich während meines Gerichtstermins irgendetwas Neues ergeben hatte.
»Verschiedenes«, antwortete Lorna. »Zuallererst, das mit dem Scheck von Walter Elliot geht klar. Falls er die Geschichte mit Jerry mitbekommen haben sollte, ist es inzwischen zu spät, um die Zahlung zu stornieren.«
»Gut.«
»Es kommt noch besser. Ich habe den Ordner mit den Verträgen gefunden und mir Jerrys Abmachungen mit Elliot angesehen. Die am Freitag für den Prozess überwiesenen hunderttausend sind nur die erste Rate.«
Sie hatte Recht. Es wurde tatsächlich besser.
»Wie viel insgesamt?«, fragte ich.
»Laut Vertrag«, fuhr sie fort, »hat Vincent einen Vorschuss von zweihundertfünfzigtausend Dollar erhalten. Das war vor fünf Monaten, und wie es aussieht, ist dieses Geld inzwischen aufgebraucht. Aber er sollte nochmal die gleiche Summe für den Prozess erhalten. Nicht rückzahlbar. Davon waren die hunderttausend die erste Rate. Der Restbetrag ist am Tag der ersten Zeugenaussagen fällig.«
Ich nickte zufrieden. Vincent hatte einen klasse Vertrag ausgehandelt. Bei keinem meiner Fälle war bisher je so viel Geld im Spiel gewesen. Allerdings fragte ich mich, wofür er die ersten zweihundertfünfzigtausend so schnell verheizt hatte. Um das zu klären, müsste Lorna die Ein- und Ausgänge auf den Konten prüfen.
»Okay, hört sich alles richtig gut an – falls wir Elliot wirklich behalten. Andernfalls ist es auch kein Drama. Was gibt’s sonst noch?«
Lorna wirkte ein wenig enttäuscht, dass ich mich nicht länger beim Thema Geld aufhielt und ihre Entdeckung feierte. Sie hatte völlig aus den Augen verloren, dass ich Elliot erst noch als Mandanten gewinnen musste. Er war vertraglich nicht an mich gebunden. Ich bekam zwar die erste Chance bei ihm, trotzdem musste ich ihn erst ins Boot holen, bevor ich mich über zweihundertfünfzigtausend Dollar Prozesshonorar freuen konnte.
Lorna beantwortete meine Frage in betont kühlem Tonfall.
»Wir hatten mehrere Besucher, während du im Gericht warst.«
»Wen?«
»Zuerst ist einer von Jerrys Ermittlern vorbeigekommen. Er hatte gerade erst von der ganzen Geschichte erfahren. Als er Cisco entdeckt hat, hätte er sich um ein Haar mit ihm angelegt. Dann war er aber doch so schlau, einen Rückzieher zu machen.«
»Wer war der Kerl?«
»Bruce Carlin. Jerry hatte ihn für den Fall Elliot engagiert.«
Ich nickte. Bruce Carlin war ein ehemaliger LAPD-Bulle, der auf die dunkle Seite gewechselt war und jetzt für Strafverteidiger arbeitete. Viele Anwälte engagierten ihn wegen seines Insiderwissens über die internen Abläufe bei der Polizei. Ich hatte einmal bei einem Fall auf ihn zurückgegriffen, war aber zu der Überzeugung gelangt, dass er eine unverdiente Reputation genoss. Danach hatte ich seine Dienste nie mehr in Anspruch genommen.
»Ruf ihn an«, sagte ich, »und vereinbare einen Termin mit ihm.«
»Wieso das, Mick? Du hast doch Cisco.«
»Klar habe ich Cisco. Aber Carlin hat sich schon eine Weile mit dem Elliot-Fall befasst, und vermutlich steht nicht alles, was er herausgefunden hat, in den Akten. Du weißt doch, wie das ist. Was nicht in die Akte kommt, kommt auch nicht in die Beweisoffenlegung. Bestell ihn also nochmal ein. Cisco soll sich mit ihm zusammensetzen und rauskriegen, was er weiß. Du bezahlst Carlin dafür seinen üblichen Stundensatz, und wenn wir ihn nicht mehr brauchen, stoßen wir ihn ab. Was sonst? Wer war noch hier?«
»Ein richtiger Aufmarsch von Verlierertypen. Carney Andrews kam hereingeschneit und hat gemeint, sie bräuchte sich nur eben mal den Elliot-Fall abholen und wieder damit abziehen. Ich habe sie einfach vor die Tür gesetzt. Dann habe ich mir die Girokontoauszüge angesehen und festgestellt, dass Carney vor fünf Monaten als zusätzliche Anwältin für den Elliot-Fall engagiert worden ist. Aber einen Monat später war die Zusammenarbeit schon wieder beendet.«
Ich nickte. Der Fall war klar. Vincent war für
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