So wahr uns Gott helfe

Titel: So wahr uns Gott helfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly

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Fall interessieren?«
    »Ich sage nicht, dass es so ist. Ich bin nur eine Weile aus dem Geschäft gewesen. Und ich dachte, vielleicht ist dir etwas zu Ohren gekommen?«
    Sie zuckte mit den Achseln.
    »Nur die üblichen Gerüchte. Wie es scheint, gibt es immer eine bundesgerichtliche Untersuchung von irgendwas.«
    »Allerdings.«
    Ich schwieg, in der Hoffnung, sie würde mir von dem Gerücht erzählen. Aber das tat sie nicht, und es wurde Zeit, zum nächsten Punkt überzugehen.
    »Soll bei der heutigen Verhandlung der Prozesstermin festgesetzt werden?«
    »Ja, aber ich nehme an, du möchtest einen Aufschub, um dich erst mal einarbeiten zu können.«
    »Ich werfe beim Mittagessen schon mal einen Blick in die Akte und sage dir dann, ob ich das für nötig halte. Einverstanden?«
    »Okay, Mickey. Aber ich kann dir jetzt schon verraten, dass ich mich angesichts dessen, was mit Jerry passiert ist, nicht gegen einen Aufschub stellen werde.«
    »Danke, CoJo.«
    Sie lächelte, als ich den Spitznamen verwendete, den ihr die jungen Basketballspielerinnen beim YMCA verliehen hatten.
    »Hast du Maggie in letzter Zeit mal gesehen?«, erkundigte sie sich.
    »Erst gestern Abend, als ich Hayley abgeholt habe. Es scheint ihr ganz gutzugehen. Und du, triffst du sie gelegentlich?«
    »Nur beim Basketballtraining. Aber normalerweise hat sie auch da noch die Nase in irgendwelchen Akten. Hinterher gehen wir mit den Mädels meistens noch zu Hamburger Hamlet, aber Maggie hat nie Zeit, mitzukommen.«
    Ich nickte. Joanne und Maggie waren schon lange eng befreundet und hatten sich beide in der Staatsanwaltschaft hochgearbeitet. Konkurrentinnen, die einander mochten. Aber die Zeit vergeht, und selbst enge Bindungen lockern sich.
    »Also, dann nehme ich mir das mal mit und sehe es durch«, sagte ich. »Die Anhörung bei Friedman ist um zwei, richtig?«
    »Ja, um zwei. Bis dann.«
    »Und vielen Dank für alles, Joanne.«
    »Ist doch selbstverständlich.«
    Ich verließ die Staatsanwaltschaft und musste infolge des mittäglichen Ansturms zehn Minuten warten, um einen Platz im Lift zu ergattern. Schließlich schaffte ich es gerade noch, mich als Letzter in eine Kabine zu drängen, worauf ich mit dem Gesicht fünf Zentimeter von der Tür entfernt nach unten fuhr. Die Aufzüge hasste ich mehr als alles andere im Criminal Courts Building.
    »Hey, Haller.«
    Die unbekannte Stimme kam von hinten. Es war so eng, dass ich mich nicht umdrehen konnte, um zu sehen, wer es war.
    »Ja, was?«
    »Wie ich höre, hast du Vincents Fälle geerbt.«
    Ich hatte nicht vor, in einem vollen Lift über meine Geschäfte zu reden. Deshalb schwieg ich. Endlich kamen wir unten an, und die Tür öffnete sich. Ich stieg aus und wandte mich nach der Person um, die mich angesprochen hatte.
    Es war Dan Daly, ein Strafverteidiger, der zu einer Clique von Anwälten gehörte, die gelegentlich gemeinsam zu Dodgers-Spielen ging und regelmäßig im Four Green Fields Martinis kippte. Die letzte Schnaps- und Baseballsaison hatte ich verpasst.
    »Hallo, Dan, wie geht’s?«
    Wir schüttelten uns die Hände, ein Zeichen dafür, wie lang wir uns schon nicht mehr gesehen hatten.
    »Und? Wen hast du geschmiert?«
    Er sagte es mit einem Grinsen, aber mir entging nicht, dass sich dahinter noch etwas anderes verbarg. Vielleicht eine Spur Neid, dass ich den Fall Elliot an Land gezogen hatte. Jeder Anwalt in der Stadt wusste, dass es ein lukrativer Fall war. Er konnte über Jahre hinweg eine Menge Geld einbringen. Zuerst der Prozess und dann die Berufungsverfahren, die im Fall einer Verurteilung folgten.
    »Niemanden. Jerry hat mich in seinem Testament aufgeführt.«
    Wir marschierten auf den Ausgang zu. Dalys Pferdeschwanz war länger und grauer geworden. Am auffälligsten war jedoch, dass er ihn zu einem raffinierten Zopf geflochten hatte. Das sah ich zum ersten Mal.
    »Na dann, du Glückspilz«, sagte Daly. »Sag mir Bescheid, wenn du einen zweiten Mann für Elliot brauchst.«
    »Er will nur einen Anwalt, Dan. Er hat ausdrücklich gesagt, kein Dream Team.«
    »Dann denk an mich, wenn du einen Schreiber für die anderen brauchst.«
    Das hieß, er stünde mir zur Verfügung, um Revisionsanträge zu Verurteilungen zu schreiben, die meine neuen Mandanten anfechten wollten. Daly war Spezialist für Berufungsverfahren und stand in dem Ruf, eine hohe Erfolgsquote zu haben.
    »Mache ich. Aber im Moment muss ich mich erst noch in die einzelnen Fälle einarbeiten.«
    »Klar.«
    Wir traten durch die Tür