So wahr uns Gott helfe
mit vollem, borstigem grauem Haar. Er befand sich in bester körperlicher Verfassung, und die schwarze Robe konnte seine breiten Schultern und den kräftig entwickelten Brustkorb kaum verbergen.
»So«, fuhr er fort, »die Auswahl der Geschworenen ist für kommenden Donnerstag festgesetzt, also heute in einer Woche. Aber ich stelle fest, Mr. Haller, dass mir kein Antrag von Ihnen vorliegt, den Prozess aufzuschieben, damit Sie sich in den Fall einarbeiten können.«
»Wir wollen keinen Aufschub«, kam mir Elliot zuvor.
Ich legte meinem Mandanten die Hand auf den Unterarm und schüttelte den Kopf.
»Mr. Elliot, ich möchte, dass Sie in dieser Sitzung das Reden Ihrem Anwalt überlassen«, erklärte der Richter.
»Entschuldigung, Euer Ehren«, schaltete ich mich ein. »Aber die Botschaft ist dieselbe, ob sie nun von mir kommt oder direkt von Mr. Elliot. Wir wollen keinen Aufschub. Ich habe die Woche damit zugebracht, mich in den Fall einzuarbeiten, und bin bereit, nächsten Donnerstag mit der Auswahl der Geschworenen zu beginnen.«
Der Richter musterte mich mit zusammengekniffenen Augen.
»Wollen Sie das wirklich, Mr. Haller?«
»Ja. Mr. Vincent war ein guter Anwalt und hat sehr genau über alles Buch geführt. Ich bin mir über seine Strategie im Klaren, und deshalb sind wir bereit, am Donnerstag zu beginnen. Der Fall hat mein ungeteiltes Augenmerk. Und auch das meines Teams.«
Der Richter lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück und drehte sich darin sachte hin und her, während er nachdachte. Schließlich blickte er zu Elliot.
»Mr. Elliot, nun muss ich Sie doch auffordern, sich selbst zu dieser Sache zu äußern. Ich würde gern aus Ihrem eigenen Mund hören, dass Sie die Meinung Ihres neuen Anwalts teilen und dass Sie sich des Risikos bewusst sind, das Sie eingehen, wenn Sie so kurz vor Prozessbeginn einen neuen Anwalt hinzuziehen. Es ist Ihre Freiheit, die hier auf dem Spiel steht, Sir. Lassen Sie uns also hören, was Sie dazu zu sagen haben.«
Elliot beugte sich vor und begann in trotzigem Ton zu sprechen.
»Euer Ehren, zuallererst möchte ich betonen, dass ich voll und ganz hinter dieser Entscheidung stehe. Ich will, dass mein Fall endlich vor Gericht kommt, damit ich die haltlosen Anschuldigungen des Herrn Staatsanwalts hier widerlegen kann. Ich bin unschuldig und werde wegen einer Tat strafrechtlich verfolgt und angeklagt, die ich nicht begangen habe. Ich möchte nicht einen einzigen Tag länger als nötig als Angeklagter dastehen, Sir. Ich habe meine Frau geliebt und werde sie immer zutiefst vermissen. Ich habe sie nicht umgebracht, und es versetzt mir einen Stich ins Herz, wenn ich die Leute im Fernsehen diese niederträchtigen Dinge über mich verbreiten höre. Am meisten jedoch schmerzt das Wissen, dass sich der wahre Mörder währenddessen auf freiem Fuß befindet. Je früher Mr. Haller der Öffentlichkeit meine Unschuld beweisen kann, desto besser.«
Es war O. J. Simpson in Reinkultur, doch der Richter lauschte Elliot aufmerksam und nickte nachdenklich, bevor er sich dem Ankläger zuwandte.
»Mr. Golantz? Wie sieht der Staat die Sache?« Der stellvertretende Bezirksstaatsanwalt räusperte sich. Das beste Wort, ihn zu beschreiben, war »telegen«. Er war ein gut aussehender dunkler Typ, und seine Augen schienen zu sprühen vor gerechtem Zorn.
»Euer Ehren, der Staat ist bestens auf den Prozess vorbereitet und hat nichts gegen einen termingerechten Prozessbeginn einzuwenden. Aber ich würde darum bitten, dass Mr. Elliot, wenn er so sicher ist, ohne Aufschub weitermachen zu können, in aller Form auf seinen Anspruch auf ein Berufungsverfahren verzichtet, sollte es beim Prozess nicht so für ihn laufen, wie er sich das vorstellt.«
Der Richter schwenkte in seinem Sessel herum, um sein Augenmerk wieder auf mich zu richten.
»Wie stehen Sie dazu, Mr. Haller?«
»Euer Ehren, ich halte es nicht für nötig, dass mein Mandant auf irgendwelche Rechte verzichtet, die er in Anspruch …«
»Das interessiert mich alles nicht«, fiel mir Elliot ins Wort. »Ich verzichte auf alles, was Sie wollen. Ich will endlich vor Gericht ziehen.«
Ich warf ihm einen strengen Blick zu. Er sah mich an und zuckte mit den Achseln.
»Wir werden diesen Prozess gewinnen«, erklärte er.
»Möchten Sie sich kurz auf den Flur zurückziehen, Mr. Haller?«, fragte der Richter.
»Danke, Euer Ehren.«
Ich erhob mich und bedeutete Elliot, mir zu folgen.
»Kommen Sie.«
Wir betraten den kurzen Flur,
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