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So weit der Wind uns trägt

So weit der Wind uns trägt

Titel: So weit der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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deutlich, dass sein Kompliment vor allem ihr galt.
    »Danke, mein lieber Senhor Costa. Wir schätzen uns auch sehr glücklich, dass alle fünf so wohlgeraten sind.«
    »Fünf?«, entfuhr es Dona Filomena.
    »Ja, zwei unserer Töchter sind schon verheiratet. Joana lebt mit ihrem Mann, Gustavo da Silva Barbosa, in Porto. Vielleicht kennen Sie die Familie? Sie ist von altem Adel.«
    »Der Name ist mir selbstverständlich geläufig, doch ich hatte noch nicht das Vergnügen, die Familie persönlich kennenzulernen«, sagte Dona Filomena.
    »Und unsere Tochter Isabel lebt in Lissabon. Ihr Mann, Doutor Raimundo de Saramago, ist ein großer Rechtsgelehrter.« Das war stark übertrieben, aber Dona Clementina konnte ihren Schwiegersohn vor fremden Leuten ja schlecht als Winkeladvokat bezeichnen.
    »Tja, und wie es aussieht«, fuhr sie fort, »werden Beatriz, Mariana und Juliana ebenfalls nicht mehr lange hierbleiben.« Auch das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Beatriz war ein äußerst schwieriger Fall, Mariana noch zu unreif für eine Ehe, und Juliana gab sich störrisch, wenn man ihr einen Heiratskandidaten vorstellte. Doch es konnte ja nie schaden, sich rar zu machen beziehungsweise die Töchter als begehrt und umschwärmt darzustellen.
    »Ach«, schloss sie, »es ist ein schweres Los, das man als Mutter von fünf Töchtern zu tragen hat. Irgendwann fliegen sie alle aus, und man bleibt allein zurück.«
    »Wem sagen Sie das, Dona Clementina, wem sagen Sie das? Ich habe selber drei Töchter und drei Söhne, und fünf von meinen Kindern haben schon eine eigene Familie gegründet. Nur mein Jüngster, Rui, lebt noch bei uns. Aber sagen Sie, meine Liebe, sind Ihnen nicht Ihre Enkelkinder ein unversiegbarer Quell der Freude?«
    »Oh doch!« Dona Clementina war kaum in der Lage, Konversation über ihre Enkel zu führen, die ihr ohnehin kein gar so reiner Quell der Freude waren. Joanas drei Kinder bekam sie selten zu Gesicht, und Isabel war das Mutterglück bislang verwehrt geblieben. Viel mehr beschäftigte Dona Clementina das, was sie gerade nebenher erfahren hatte. Die da Costas hatten einen ledigen Sohn – und eine Verbindung zwischen ihren Familien wäre das Beste, was ihnen überhaupt passieren konnte. Sie musste unbedingt Näheres über diesen Rui erfahren, ohne dass es allzu sehr auffallen würde. Vielleicht ergab sich während des Essens eine Gelegenheit. Und sie musste Juliana ein wenig ins Rampenlicht rücken.
    »Juliana, mein Schatz, möchtest du uns nicht ein wenig mit deinem Klavierspiel erfreuen?«
    »Sehr gerne, Mamã.«
    Jujú setzte sich an das Klavier, während alle anderen Anwesenden sich auf den Sofas und Sesseln niederließen und an ihrem Portwein nippten.
    »Eine Schönheit ist sie, Ihre Juliana«, flüsterte Dona Filomena ihrer Gastgeberin ins Ohr. Die beiden Frauen sahen sich an. Sie wussten, dass sie denselben Gedanken hatten. Mochten die Männer sich mit öden Verträgen, komplizierten Klauseln und langatmigen Verhandlungen beschäftigen – sie, die Frauen, würden dieselben Ziele auf ihre Weise erreichen.
    »Später müssen Sie uns unbedingt mehr von Ihrem Sohn erzählen«, flüsterte Dona Clementina nun der anderen Dame zu. Nicht dass er – Gott bewahre! – irgendeinen schwerwiegenden Makel hatte. Nun, sollte er äußerlich wenig ansprechend sein, würde er vielleicht sogar mit Beatriz vorliebnehmen. Dona Clementinas Laune hob sich merklich, und das lag ganz sicher nicht an dem heiteren Musikstück, das Jujú zum Besten gab.
     
    Beim Essen war es schließlich Mariana, die die Sprache auf den Sohn der da Costas brachte. In Situationen wie diesen war Dona Clementina wirklich froh, dass ihre Zweitjüngste ein so unbedarftes Wesen war. Mariana war gerade volljährig geworden, doch häufig benahm sie sich noch immer wie ein Kind.
    »Wie alt ist denn Ihr Sohn? Der, der noch bei Ihnen lebt?«, fragte sie unvermittelt und unterbrach damit eine angeregte Diskussion über die Wirtschaftspolitik des Teófilo Braga.
    Dona Filomena ging freudig auf die Frage ein. Sie fand politische Gespräche abscheulich.
    »Rui ist dreiundzwanzig. Die jungen Damen reißen sich um ihn, aber er will erst noch seine Studien in Oxford vertiefen, bevor er sich bindet. Er hat in Coimbra den Magister in Ökonomie
cum laude
abgelegt.«
    Das war mehr als deutlich. Dona Clementina fand zwar, dass es der Senhora Costa entschieden an Subtilität mangelte, freute sich jedoch darüber, dass sie nun so viel über den Jungen erfahren

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