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So weit der Wind uns trägt

So weit der Wind uns trägt

Titel: So weit der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Sauternes Château Caillou fand sich da, ein Chablis des ausgezeichneten Jahrgangs 1915 , ein Château Latour von 1911 , Armagnac von Gelas & Fils, erlesene Portweine sowie feinster Barbeito-Madeira. Was scherte sie der Krieg, der in anderen Ländern tobte? Solange es Mittel und Wege gab, Versorgungsengpässe zu umgehen, sollte man sie nutzen. Man lebte nur einmal.
     
    Jujú saß zwischen Rui und einem Herrn aus Lissabon, den sie kaum kannte und dessen Name ihr entfallen war. Sie schämte sich dafür, zumal der Mann jede an sie gerichtete Äußerung mit einem »Mademoiselle Juliana« ergänzte, und das seit nunmehr über zwei Stunden. Es war sehr unhöflich von ihr, nicht auch ihn mit seinem Namen anzusprechen.
    »Sagen Sie, Mademoiselle Juliana, hat es Sie auch einmal an die Sorbonne geführt? Wie gefielen Ihnen diese heiligen Hallen der Gelehrsamkeit?«
    Jujú lächelte den Herrn freundlich an. »Oh, ich habe sogar zwei Semester dort studiert. Natürlich nur als Gasthörerin. Es war hochinteressant. Besonders aufschlussreich fand ich, dass die jungen Herren, für die meine Gegenwart offenbar Anlass zu Heiterkeitsausbrüchen war, keinen Deut schlauer waren als ich.« Sie hatte nicht vorgehabt, den netten, aber wenig unterhaltsamen Mann zu brüskieren. Doch seine Miene verriet ihr, dass ihr genau das gelungen war.
    »Um Gottes willen, Mademoiselle Juliana, Sie werden doch nicht etwa zu jenen Mannweibern gehören, die für sich dieselben Rechte fordern, wie die Männer sie haben?«
    »Natürlich tut sie das, mein lieber Senhor Cunha«, mischte Rui sich ein. »Sie ist eine leidenschaftliche Befürworterin des allgemeinen Wahlrechts für Frauen und eine Verehrerin der Doutora Carolina Beatriz Ângelo.«
    »Dieser Ärztin aus Lissabon, die sogar vor Gericht gezogen ist, um wählen zu können? Um Gottes willen, Mademoiselle Juliana, diese Person ist durch und durch verbiestert. Eine Dame von Ihrem Niveau hat es doch nicht nötig, sich mit diesen Suffragetten gemein zu machen!«
    »Natürlich nicht, Senhor Cunha«, beschwichtigte Jujú den aufgeregten Herrn. Sie war Rui zwar dankbar dafür, dass er ihr hinsichtlich des Namens ihres Gesprächspartners aus der Klemme geholfen hatte. Zugleich fand sie, dass es ihm nicht zustand, in aller Öffentlichkeit Dinge auszubreiten, die sie ihm im Vertrauen erzählt hatte und durch die er sie nun in eine andere, noch üblere Verlegenheit brachte. Denn obwohl sie überhaupt keine Lust hatte, mit Senhor Cunha solche heiklen Themen zu diskutieren, schon gar nicht bei Tisch und in dieser Runde, wollte sie sich doch ebenso wenig durch vornehmes Schweigen von vornherein als stimmloses Wesen disqualifizieren. Doch bevor sie zu einer diplomatischen Antwort ansetzen konnte, fuhr Rui fort: »Und dafür liebe ich sie. Was gibt es Aufregenderes als eine Frau mit eigenem Kopf?«
    »Wie wahr, Senhor Costa, wie wahr. Vor allem, wenn es ein so hübsches Köpfchen ist.«
    Jujú widerstand der Versuchung, die Augen zu verdrehen oder eine Äußerung des Missmuts von sich zu geben. Wenn ihre kostspielige Erziehung sie eines gelehrt hatte, dann war es die Kunst der Verstellung. Sie lehnte sich ein wenig in ihrem Louis- XVI .-Stuhl zurück und gab damit ihren beiden Nachbarn die Möglichkeit, ihre Köpfe zusammenzustecken und sich besser miteinander zu unterhalten. Zum Glück waren die Teller gerade abgetragen worden. Bis zum Dessert konnten die beiden also getrost noch ihr Gespräch fortsetzen, ohne dass sie Grund hatte, sich wieder nach vorne zu beugen und unfreiwillig in die Konversation hineingezogen zu werden.
    Ihr gegenüber saß Mariana. Mit ihr hätte sie gerne ein paar Worte gewechselt, aber der Abstand war zu groß und die Geräuschkulisse zu laut, als dass das möglich gewesen wäre. Durch die Lücke zwischen den Köpfen von Rui und Senhor da Cunha zwinkerte sie Mariana zu. Ihre Schwester erwiderte die Geste. Sie schien sich in einer ähnlichen Lage wie Jujú zu befinden, denn Octavio und Marianas Nachbar zur anderen Seite, ein greiser Admiral a.D., unterhielten sich über ihren Kopf hinweg miteinander. Wahrscheinlich ging es auch hierbei um Politik, denn der Admiral und Octavio wirkten beide sehr erregt. Mit halbem Ohr nahm Jujú Gesprächsfetzen auf, die ebenfalls dafür sprachen. Militär, Republik, Streik, Kommunisten – hatten die Männer denn keinen Sinn für etwas anderes als diese grässlichen Dinge? Schon beim Klang der Bezeichnungen packte einen ja die Langeweile!
    Ihre eigenen

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