Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So weit die Hoffnung trägt - Roman

So weit die Hoffnung trägt - Roman

Titel: So weit die Hoffnung trägt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
inzwischen ging es gar nicht mehr um das Baby; es ging darum, Macht über mich auszuüben. Er verstand es gut, mich klein zu halten. Anfangs hat er mich einfach durch Missachtung gestraft. Oft wechselte er tagelang kein Wort mit mir. Ich brauchte immer mehr Zuneigung als er, daher flehte ich ihn nach einem Tag meistens an, mit mir zu reden – mich zu lieben. Dann fing er an, mich wie ein Kind zu behandeln. Eines Abends sagte er, er würde mir eine Tracht Prügel verabreichen. Ich dachte, er würde einen Witz machen. Aber so war es nicht. Er legte mich übers Knie und verprügelte mich, bis ich heulte. Es war so demütigend. Ich kam mir wieder vor wie ein Kind.«
    Auf einmal begann Pamela zu weinen, und ich sah, dassdie Essensgäste an dem anderen Tisch uns anstarrten. Ich wartete darauf, dass Pamela sich wieder fing. Während wir dort saßen, klingelte die Glocke an der Theke. Die Frau an der Theke sagte mit fröhlicher Stimme: »Ihr Essen ist fertig.«
    Pamela tupfte sich die Augen mit einer Papierserviette ab. »Ich hole es schon«, sagte ich. Ich ging an die Theke, nahm unser Tablett und trug es zurück an den Tisch.
    Bis ich wieder Platz genommen hatte, hatte Pamela sich etwas beruhigt. »Sollen wir essen oder weiterreden?«, fragte sie.
    »Weiterreden«, sagte ich. »Warum haben Sie ihn denn nicht einfach verlassen?«
    »Hätten Sie Ihre Frau verlassen?«, fragte sie.
    »McKale war nicht gewalttätig.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, warum. Ich hielt ihn eigentlich nicht für gewalttätig. Zumindest nicht damals. Für mich war Gewalt, wenn man blaue Flecken und gebrochene Knochen hatte, nicht nur ein gebrochenes Herz.« Sie sah mich an. »Ich weiß es nicht. Ich nehme an, man muss es einfach durchgemacht haben, um es zu verstehen. Wenn sich Leute in einer gewalttätigen Beziehung befinden, rechnen sie Vor- und Nachteile auf eine merkwürdige Art auf. Sosehr Sam mich auch verletzt hat, wäre es doch noch schmerzlicher gewesen, ihn zu verlassen. Außerdem hatte ein Teil von mir immer das Gefühl, dass ich es verdient hatte, schlecht behandelt zu werden. Ich kannte es nicht anders. Ich hatte immer versucht, mir jemands Liebe zu verdienen.
    Die Sache ist die, ich wusste, dass er gewinnen würde. Ich wusste, dass ich letztendlich tun müsste, was er mir sagte.
    Die nächsten paar Tage verbrachte ich damit, es mir einzureden – mir zu sagen, was für eine gute Idee es wäre, ein Baby zu bekommen, und wie toll es wäre, eine Familie zuhaben. Oder ich sagte mir, wenn das Baby erst einmal da wäre, dann würde ich anders empfinden, oder was, wenn ich gar nicht schwanger werden könnte und dieses ganze Leid umsonst war? Letztendlich entschied ich, dass mein Einlenken mein Geburtstagsgeschenk für ihn sein würde.
    Ich wusste, dass es falsch war – dass ich nicht einmal annähernd bereit war, eine Mutter zu sein. Aber ich wusste nicht, wohin ich mich sonst hätte wenden sollen.
    An Sams Geburtstag machte ich ihm das Frühstück und brachte es ihm auf einem Tablett ans Bett. Unter seine Kaffeetasse hatte ich einen Zettel gelegt, auf dem › JA ‹ stand.
    Er sah mit diesem triumphierenden Lächeln zu mir hoch und sagte: ›Dann lass uns anfangen.‹«
    Pamela schüttelte den Kopf. »Natürlich wurde ich sofort mit McKale schwanger. Ich verstehe es nicht. Leute beten zu Gott und flehen ihn um ein Baby an und bekommen nie eines, und hier war ich, die hoffte, ich würde nicht schwanger werden, und wurde es sofort.
    Ich hatte schreckliche Angst. Sam sagte mir nur immer wieder, es würde alles gut werden – eine Mutter zu sein wäre ein ganz natürlicher Teil des Frauseins.« Pamela schnitt eine Grimasse. »Als ob er irgendetwas darüber wüsste, was es heißt, eine Frau zu sein.« Sie sah mir in die Augen. »Egal, was man sagt, es ist nicht immer etwas ganz Natürliches – jedenfalls nicht für jede Frau. Ich weiß noch, wie ich nach der Geburt im Bett saß und dieses wunderschöne kleine Baby im Arm hielt und dachte, ich sollte jetzt irgendetwas Magisches fühlen, und mich fragte, was mit mir nicht stimmte. Ich hätte niemals ein Kind bekommen sollen, bevor ich bereit dazu war. Es war McKale gegenüber nicht fair. Es war mir gegenüber nicht fair.«
    Pamela wischte sich die Augen. »Ich hatte ein furchtbarschlechtes Gewissen, weil ich keine Nähe zu ihr aufbauen konnte. Ehrlich gesagt nahm ich es ihr übel. Und ich hasste mich selbst dafür, dass ich es ihr übel nahm.
    Natürlich konnte ich Sam nichts

Weitere Kostenlose Bücher