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So weit die Hoffnung trägt - Roman

So weit die Hoffnung trägt - Roman

Titel: So weit die Hoffnung trägt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Kadoka, daher ging ich etwa fünf Meilen weit wieder an der 90 entlang, bis ich auf eine andere Nebenstraße stieß.
    Um kurz nach Mittag schoss ein alter, schwer beladener Pick-up-Truck so nah an mir vorbei, dass der Fahrtwind mich fast umpustete. Der Truck verschwand hinter einer leichten Anhöhe. Etwa zwanzig Minuten später holte ich den Truck ein. Er stand am Straßenrand, und seine Warnlichter blinkten. Die Straße war übersät mit allen möglichen Gegenständen. Ich nahm an, dass die Fracht des Trucks von der übergroßen Matratze gehalten worden war, die ebenfalls davongeflogen war.
    Der Fahrer knurrte und fluchte, während er seine Sachen einsammelte, die in einem Radius von fünfzig Metern auf der Straße verstreut lagen wie ein großer, chaotischer Flohmarkt.
    Der Mann war ein bisschen kleiner und deutlich breiter als ich, und vermutlich fünfzig Pfund schwerer. Er trug einen buschigen Bart und ein Chicago-Bears-Trikot. Irgendwie erinnerte er mich an diese Typen, die man bei Footballspielen sieht, ohne Hemd, mit Gesichtsbemalung und einer Rainbow-Afroperücke. Er sah mich kurz an, nachdem er ein Kissen auf den Truck geworfen hatte.
    »Brauchen Sie Hilfe?«, fragte ich.
    Er schnitt eine Grimasse. »Na klar. Warum nicht?«
    Ich stellte meinen Rucksack ab und half ihm, seine Sachen einzusammeln, hauptsächlich Dinge von geringem Wert, darunter ein Dutzend verblichener T-Shirts, ein paar Porno-Videokassetten und einige Plastikteller – von denen die meisten jetzt zerbrochen waren. Der Mann knurrte und fluchte nur.
    »Sieht aus, als ob Sie umziehen«, sagte ich.
    »Sie haben’s erfasst«, erwiderte er. »Ich hab’s endlich kapiert und die alte Hexe sitzen lassen.« Er wandte sich um und warf ein Abtropfgestell auf die Ladefläche desTrucks. »Wissen Sie, wie man Erleichterung buchstabiert. S-C-H-E-I-D-U-N-G . Wissen Sie, was ich meine?«
    »Nein«, sagte ich.
    Er beugte sich vor. »Dann sind Sie nicht verheiratet, was?«
    »Nein«, erwiderte ich.
    »Dann sind Sie schlauer als ich. Das Leben ist kurz. Man muss Gelegenheiten beim Schopf packen. Wissen Sie, was ich meine? Wenn man sich nicht selbst um sich kümmert, wer wird es dann tun?«
    »Sagen Sie’s mir.«
    »Niemand. Niemand kümmert sich um einen, außer man selbst. Man muss selbst auf seinen Rücken sehen.«
    Ich machte mir nicht die Mühe, ihn darauf hinzuweisen, dass das im wahrsten Sinne des Wortes unmöglich war. »Wohin sind Sie unterwegs?«, fragte ich.
    »Zurück dorthin, wo das Leben gut war. Wissen Sie, was ich meine, damals auf der Highschool? Tussis und Bier, damals wussten wir zu leben. Das Leben war eine einzige große Party. Dorthin bin ich unterwegs.«
    »Über dem Regenbogen …« sagte ich, während ich ein paar Kassetten mit schmuddeligen Hüllen aufhob.
    »Was?«
    »Ach nichts. Wissen Sie denn, ob das, was Sie suchen, noch immer dort ist?«
    Er hielt inne und sah mich an, als sei er verärgert von meiner Dummheit. »Warum sollte es das denn nicht sein?«
    Ich gab ihm keine Antwort. Wir sammelten seine restlichen Sachen ein, dann half ich ihm, die Matratze auf den Haufen zu werfen, und wir zogen ein Nylonseil kreuz und quer über die Matratze und befestigten es an dem Truck. Als der letzte Knoten festgezurrt war, hob ich meinen Rucksack auf. »Na dann, viel Glück.«
    »Danke für Ihre Hilfe«, sagte er. »Kann ich Sie mitnehmen?«
    »Nein, danke. Ich gehe zu Fuß.«
    »Wie Sie wollen.« Er knallte die Tür zu, jagte den Motor hoch, der ein paarmal fehlzündete, und schoss dann davon, sodass mir etwas Kies entgegenspritzte. Ich schüttelte den Kopf. Ich glaube, von allen Leuten, die mir auf meinem Weg bisher begegnet waren, war er der bemitleidenswerteste.
    Ein paar Stunden später kam ich zu einem Gebäude mit einem Schild, auf dem stand:
    VERSTEINERTE GÄRTEN
    »Anerkannter familienfreundlicher Ort«
    Bringen Sie Ihre Kamera mit!
    Ich hatte weder eine Familie noch eine Kamera, aber meine Neugier auf dieses Gebäude mitten im Nirgendwo war geweckt, also ging ich hinein. Eine Glocke bimmelte, als ich eintrat, und ein hagerer Mann in mittleren Jahren, der ein bisschen so aussah wie Christopher Walken, kam mir an der Tür entgegen. »Möchten Sie eine Eintrittskarte kaufen?«
    »Na klar«, sagte ich.
    »Wie viele?«
    »Nur für mich.«
    »Eine Eintrittskarte«, sagte er. »Das macht dann sieben Dollar.«
    Ich bezahlte ihn. Er reichte mir eine Eintrittskarte. Dann (und ich denke mir das nicht aus) sagte er: »Augenblick.« Er ging

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