So weit die Hoffnung trägt - Roman
Nähe des Zauns von Lager II Unkraut zu jäten, als sie die Motoren anließen. Selbst durch die Betonwände drangen die Schreie nach draußen. Bei dem Geräusch gefror mir das Blut in den Adern. So ein Geräusch vergisst man nie. Dann wurden die Schreie allmählich schwächer, bis nichts mehr zu hören war als Stille. Wenn ich Albträume habe, ist es das, was ich höre. Die Stille.
Sobibor hatte nur einen einzigen Zweck. Möglichst viele Menschen so schnell zu töten, wie es die Deutschen nur konnten. Als ich dort ankam, hatten sie drei Gaskammern, mit großen Lastwagenmotoren. Sie konnten sechshundert Menschen auf einmal töten. Aber das war den Deutschen nicht schnell genug. Daher wurden drei neue Gaskammern errichtet, damit sie zwölfhundert Menschen auf einmal töten konnten. Stellen Sie sich das einmal vor – zwölfhundert Menschen auf einmal. Darunter waren russische Kriegsgefangene, Homosexuelle und Zigeuner, aber hauptsächlich Juden.«
Er verfiel in Schweigen, und ich sah ihn nur an. MeinHerz hämmerte wie wild, und mir war flau im Magen. Einen Augenblick später rieb er sich die Augen und fing meinen Blick auf.
»In Sobibor gab es drei Lager. Lager I und II waren die Orte, an denen das Essen für die Offiziere und Wachleute zubereitet wurde. Die Häftlinge, die dort waren, kochten oder putzten Autos, wuschen oder nähten Kleidung, oder sie machten Schuhe, Goldschmuck oder was immer die Wachleute haben wollten.
Lager III war weit weg von uns. Es war ein Geheimnis. Einer der Köche wollte wissen, was in Lager III vorging, daher versteckte er eine Notiz in einem Kloß. Auf dem Boden eines Topfs kam der Zettel zurück. Darauf stand: Tod .
Diejenigen, die in Lager III am Leben blieben, hatten nur eine einzige Aufgabe: zu töten und die Leichen zu beseitigen. Anfangs vergruben die Deutschen die Leichen mithilfe von Traktoren in riesigen Gruben, aber es waren zu viele, daher begannen sie, sie zu verbrennen. Man konnte nachts die Feuer sehen. Lodernde Flammen, die ganze Zeit. Wie die Hölle.
Einmal stattete Himmler persönlich dem Lager einen Besuch ab. Um seine große Ankunft zu feiern, wurden hunderte junger Mädchen zu seinen Ehren ermordet.
Niemand war in Sicherheit. Selbst diejenigen, die den Wachleuten halfen, wurden alle paar Wochen durch andere ersetzt. Es war schrecklich, gesagt zu bekommen, man solle Essen in Lager III bringen, denn oft kamen die Überbringer nicht mehr zurück.«
Seine Stimme verlor sich. Er hatte sich wieder in sich selbst zurückgezogen. Mein Selbstmitleid war hinweggefegt von der Macht seiner Geschichte. Ein paar Augenblicke später fragte ich: »Wie haben Sie überlebt?«
»Hmm«, nickte er. »Manche Leute glauben, dass sich die Juden wie Schafe zur Schlachtbank führen ließen – und dass niemand Widerstand leistete. Aber so war es nicht. Viele haben versucht zu fliehen. Und viele, viele andere haben deshalb ihr Leben verloren. Denn die Deutschen hatten eine Regel. Wenn jemand flüchtete, dann wurden ein Dutzend Menschen im Lager erschossen.
Es war entsetzlich, wie der Tod ständig über einem schwebte, aber in einer Hinsicht war es auch befreiend. Sobald wir sicher wussten, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie uns töten würden, hatten wir nichts mehr zu verlieren. Wir wussten, dass wir alle sterben würden, daher bedeutete ein Risiko gar nichts.
Während wir unsere Flucht planten, kam ein russischer Soldat namens Petscherski nach Sobibor. Wir nannten ihn Sascha. Er arbeitete einen genauen Fluchtplan aus. Einige der Männer hatten Äxte vom Bäumefällen, andere machten sich Messer, und zur festgesetzten Stunde töteten wir der Reihe nach die Wachleute und nahmen uns ihre Waffen. Das ging gut, bis einer der Wachleute gefunden wurde. Dann war die Hölle los. Die Wachleute in den Türmen begannen mit ihren Maschinengewehren auf uns herunterzuschießen. Unsere Männer feuerten zurück. Jeder kämpfte für sich allein.
Gleich hinter dem Zaun waren Wälder. Wir wussten, wenn wir es bis zum Wald schafften, dann würden sie uns nur schwer finden können. Wir waren siebenhundert im Lager, und vielleicht dreihundert von uns gelang die Flucht. Aber die freien Flächen bis zum Wald waren mit Landminen übersät, und viele schafften es nicht bis zu den Bäumen. Eine Landmine explodierte neben mir, und ein Mann flog an mir vorbei in die Luft.
Die Deutschen forderten über Funk Verstärkung an, undSoldaten kamen mit Hunden, um uns zu jagen. Letztendlich gelang weniger
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