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So weit die Wolken ziehen

So weit die Wolken ziehen

Titel: So weit die Wolken ziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Fährmann
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undeutlich. Schwester Nora verstand nur Gräfin … Dr. Scholten verbeugte sich und nannte seinen Namen. Bevor er jedoch Schwester Nora vorstellen konnte, sagte sie: »Nora van Middelbeck.« Sie sprach das van so undeutlich aus, dass man auch von Middelbeck verstehen konnte. Sie wollte dem Herrn heimzahlen, dass er ihr offensichtlich den Namen seiner Begleiterin verschweigen wollte. Sie kamen in ein oberflächliches Gespräch. Dr. Scholten fiel von einer Verlegenheit in die andere, weil Nora ihn wiederholt mit Herr Geheimrat anredete. Er war erleichtert, als die Vorstellung zu Ende war. Herr von Kinewski reichte Schwester Nora seine Visitenkarte und sagte: »Ich versehe meinen Dienst in Linz. Außenstelle des Herrn Reichsleiters von Schirach. Wenn ich Ihnen gelegentlich einen Gefallen tun kann?«
    »Danke, sehr freundlich«, antwortete Schwester Nora.
    Beim Hinausgehen fand Dr. Scholten allmählich seine Sprache wieder. »Mensch, Nora, ich habe Blut und Wasser geschwitzt. Ich hätte dir nie zugetraut, dass du eine solche Schau abziehen kannst. Aber wie kamst du nur auf den Geheimrat? «
    »Mir fiel so schnell kein besserer Titel ein. Immerhin, wir haben dem Herrn imponiert.«
    Dr. Scholten hatte Mühe, in diesen heiligen Hallen des Opernhauses nicht in Gelächter auszubrechen. »Du bist mir vielleicht eine Nudel«, sagte er. Nun lachten sie doch beide, ohne auf die missbilligenden Blicke der Garderobenfrauen zu achten.
    »Darf ich Frau Baronin zu einem Glaserl Wein einladen?«, spielte Dr. Scholten die Rolle weiter.
    »Mit Vergnügen, Herr Geheimrat. Die Visitenkarte werde ich gut aufheben. Wer weiß, vielleicht kann sie uns irgendwann nützen.«
    All das stand Schwester Nora vor Augen, als ob es erst kürzlich passiert wäre.
    »Erinnerst du dich, Otto, an Herrn von Kinewski bei unserem Opernbesuch in Wien?«
    »Und ob ich mich erinnere. Das war ein schöner Abend. Aber wie kommst du gerade jetzt auf den Kinewski?«
    »Hat er nicht gesagt: Wenn ich Ihnen mal einen Gefallen tun kann …? Ich werde ihm einen Brief schreiben. Der hat seine Dienststelle doch in Linz. Vielleicht kann er uns bei der Rückführung behilflich sein.«
    »Nora, entschuldige bitte, aber du spinnst.«
    »Einen Versuch ist es wert, Otto. Nora von Middelbeck wird ihm persönlich ein Bittschreiben überreichen.«
    »Tu, was du nicht lassen kannst, Nora. Übermorgen fährt ein Lkw nach Linz. Der bringt uns Kartoffeln her. Wir haben fünf Doppelzentner zugeteilt bekommen.«
    »Wenn das kein Zeichen vom Himmel ist, Otto. Ich werde mitfahren.«
    Anna überlegte, ob sie überhaupt noch einmal zu Friedrich gehen sollte. »Wenn das Pflanzen überhaupt noch Sinn haben soll, dann muss es schnell geschehen, Anna«, sagte Frau Brüggen. »Sonst bist du doch alle naselang zu deinem Gärtner gelaufen. Was ist los? Warum hast du ihn noch nicht gefragt, ob er uns Salatpflanzen überlässt?«
    »Nichts ist los, Frau Brüggen. Ich werde heute Nachmittag hingehen.«
    Und dann stand Anna wieder vor der Pflanzstube. Sie traute sich nicht anzuklopfen. Aber auch diesmal schien er sie bemerkt zu haben. Er riss die Tür auf und sagte: »Ich dachte schon, du kommst überhaupt nicht mehr. Hast du Angst vor mir?«
    »Nein, keine Angst«, antwortete sie.
    »Habe ich mehr getan als das, was du mir gestattet hast?«
    »Nein, Friedrich.«
    »Was ist dir dann über die Leber gelaufen?«
    »Es ist …« Sie suchte nach den richtigen Worten. Schließlich stieß sie hervor: »Am Anfang hatte ich Angst, dir deine seltsamen Wünsche zu erfüllen. Aber dann …«
    »Was dann?«
    »Dann hat’s mir gefallen. Ich meine, deine Hand auf meiner Haut.«
    Er schaute sie überrascht an.
    »Und das hat mir Angst gemacht.«
    »Ich versteh dich«, sagte er bitter. »Ein Mann mit nur einem Arm. Er kann sich nicht die Fingernägel sauber machen, das Fleisch auf dem Teller muss für ihn klein geschnitten werden, er braucht Stunden, wenn er sich einen Winkelhaken in der Jacke zunähen will, eine Krawatte kann er sich nicht allein binden. Ist nicht einmal in der Lage, sich die Schnürsenkel zu binden. Er ist …«
    »Hör auf«, schrie sie ihn an.
    Seine grauen Augen blickten düster. Dann fasste er sich und fragte: »Also, was willst du?«
    Sie schluckte und sagte: »Wir brauchen fünfhundertsechzig Salatpflanzen.«
    Er starrte vor sich hin und schwieg.
    »Aber was willst du dafür?«
    »Nichts, was du mir nicht freiwillig gibst.«
    »Also was?«
    »Ich möchte, dass du mich ein einziges Mal

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