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So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock

Titel: So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melda Akbas
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Familie um insgesamt fünfzehn Mitglieder bereichert. Die fünf Geschwister meiner Mutter bringen es zusammen gerade mal auf acht Kinder. Von Tante Zeynep abgesehen, haben alle jeweils zwei. Und immer sind es Tochter und Sohn, wie bei uns, als hätten sie sich irgendwann mal abgesprochen oder einen geheimnisvollen
Trick weitergegeben, mit dem man diese Mischung hinbekommt. Alle zusammengenommen, umfasst unsere Familie knapp fünfzig Personen, und da zähle ich nur die engste Verwandtschaft: Großeltern, Eltern, Onkel, Tanten, Cousinen und Cousins. Behält da noch jemand den Überblick? Nein? Ich schon.
    Vielleicht ist das alles ja blanker Zufall oder auch gottgewollt, doch ich glaube eher, dass es etwas über unsere Familie aussagt, wie verschieden die beiden Zweige der Sippe sind. Man kann es so formulieren: Die Leute aus Babas Familie sind ein ganzes Stück konservativer, dem Leben ihrer Vorfahren, den Traditionen und ursprünglichen Werten anscheinend mehr verhaftet als die aus Annes Familie. Oder andersherum: Annes Seite ist - alles in allem - irgendwie moderner, steht den Gegebenheiten der westlichen Welt aufgeschlossener gegenüber, lebt mehr im Jetzt. Ich denke, sie haben sich einfach besser integriert. Obwohl das eine ziemlich schwammige Formulierung ist. Besser oder schlechter integriert - was heißt das denn? Es ist ja auch niemand nur ein bisschen schwanger. Haben sie sich, haben wir uns nun integriert oder nicht? Gibt es darauf überhaupt eine Antwort? Integrieren, aber trotzdem Türke bleiben - schließt das einander vielleicht sogar aus? Hat man dann nicht schon zu viel von sich aufgegeben, um noch als echter Türke zu gelten? Oder gilt man als integriert, sobald man einen deutschen Pass bekommt? Obwohl man trotzdem weiterhin fünfmal am Tag in eine Moschee flitzt, um zu Allah zu beten?
    Was weiß ich denn! So einfach ist das nicht.
    Manchmal denke ich, Integration ist nur eines von diesen Modewörtern, das Politiker irgendwann mal dafür benutzt
haben, weil es sich einfach besser anhört als »sich anpassen« oder »sich einfügen« oder »ein großes Ganzes bilden«.
    Man soll Menschen nicht nach ihrem Äußeren beurteilen, das steht auch im Koran. In unserer Familie lassen Äußerlichkeiten allerdings schon auf einiges schließen. Anne zum Beispiel ist die Einzige aus ihrem Zweig, die ein Kopftuch anlegt, sobald sie die Wohnung verlässt, und auch weite Kleidung trägt, wie es der Islam vorschreibt. Sie betet fünfmal am Tag und liest mindestens einmal die Woche den Koran. Für Tante Zeynep käme das sowieso nicht in Frage, als Atheistin ist sie der krasse Sonderfall, aber Annes Schwester Hediye und die angeheirateten Frauen ihrer Brüder verzichten ebenfalls auf Kopftücher und nehmen es auch sonst nicht so genau. Sie glauben zwar an Gott und an den Propheten Mohammed, leben nach den fünf Säulen des Islam, den Grundpflichten eines jeden Muslimen - na ja, zumindest im Prinzip. Nach Mekka ist auf jeden Fall noch keine von ihnen gepilgert, obwohl das auch zu den Grundpflichten gehört. Das haben bisher nur Annes Eltern gemacht. Sie selbst würde auch gern, am liebsten mit mir. Ich konnte mich aber noch nicht entschließen, ob ich das wirklich will.
    Ich denke, bei meinen Tanten mütterlicherseits ist es so ähnlich wie bei mir: Der Glaube ist grundsätzlich vorhanden, aber nicht zwangsläufig abhängig von irgendwelchen Ritualen. Die dazugehörigen Onkel ticken da nicht anders, höchstens dass der eine oder andere noch ein bisschen toleranter ist - besonders sich selbst gegenüber. Beim Thema Alkohol etwa.
    Ich erinnere mich gut an einen Abend während unseres
letzten Sommerurlaubs, den wir mit Annes halber Familie in Antalya verbrachten. Fünf-Sterne-Hotel mit Park und riesiger Badelandschaft, direkt am Strand und auch sonst: all inclusive . Onkel Kaan war ziemlich angefressen, weil die vom Hotel ihm dreihundert Euro mehr auf die Rechnung gesetzt hatten, als abgesprochen gewesen war. Offenbar hatte er daraufhin beschlossen, sich das Geld gewissermaßen zurückzuholen, indem er eine der Bars plünderte. Ich habe nicht mitgezählt, wie oft er Nachschub orderte, für dreihundert Euro wird er wohl nicht gebechert haben, doch er gab sich redlich Mühe.
    Ich habe ein Foto von diesem Abend, das sagt eigentlich alles: Wir sitzen in Korbsesseln auf der Hotelterrasse, Onkel Kaan direkt neben mir, zumindest sieht es so aus, denn seine körperliche Hülle hockt tatsächlich da. Schaut man jedoch seine Augen an,

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