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So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock

Titel: So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melda Akbas
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aus tiefster Überzeugung, und alle lehnen sie den westlichen Kleidungsstil ab. Soweit ich weiß, besuchen sie mit ihren Männern und Kindern regelmäßig die Moschee. Und es scheint ihnen wesentlich besser zu gelingen, ihren Kindern die Traditionen und Werte
des Islam weiterzuvermitteln, als Anne und Baba das bei Tayfun und mir geschafft haben. Onkel Hasan, einer von Babas Schwäger, würde eine deutsche Frau als Schwiegertochter überhaupt nur akzeptieren, wenn sie zum Islam konvertiert. Murat, sein zweitältester Sohn, hatte tatsächlich mal eine gefunden, die für ihn Muslimin wurde, aber dann blieben die beiden doch nicht zusammen. Die Tochter von Tante Işık, Babas Schwester, war schon in der Grundschule eifrige Kopftuchträgerin, obwohl es niemand von ihr verlangte. Auch mein Cousin Osman, ein anderer Sohn von Onkel Hasan, schien sich in diese Richtung geradezu musterhaft zu entwickeln. Er ging nach der Realschule für ein Jahr in die Türkei, um sich zu einem Hafız ausbilden zu lassen. So werden Muslime genannt, die den Koran auswendig können. An einer Koranschule sollte ihm nicht nur der Text beigebracht werden, er sollte auch lernen, ihn mit einer speziellen Aussprache und Betonung als eine Art Sprechgesang vorzutragen. Hafıze genießen in unserer Religion höchste Achtung, da angenommen wird, sie hätten die Worte Allahs regelrecht verinnerlicht, sie, die Worte Allahs, seien Teil ihrer selbst geworden. Ihnen ist praktisch das Paradies sicher, auf religiöser Ebene. Auf der weltlichen könnten sie mit dieser Fähigkeit Koranlehrer werden oder als professionelle Koranaufsager Geld verdienen. Oder sie könnten an Wettbewerben teilnehmen, auf denen die besten Koranvorleser gekürt werden. Die gibt es wirklich, sogar hier in Berlin.
    Ich war mal bei einem, da traten Hafıze aus allen möglichen Ländern an. Manche Muslime behaupten, sie würden gelungene Koranvorträge genießen können wie schöne Musik. Das funktionierte bei mir leider nicht. Ich habe
mittendrin eine Kopfschmerzattacke vorgetäuscht und bin abgedampft. Wer weiß, vielleicht hat Osman an der Koranschule, die brutal hart gewesen sein soll - mit Schlägen von den Lehrern und solche Sachen -, auch irgendetwas vorgetäuscht. Auf jeden Fall ist es ihm nicht gelungen, Hafız zu werden. Seitdem ist er wieder in Berlin und weiß nicht so recht, was er mit sich anstellen soll. Er wirkt ein bisschen verloren, fast wie ein Sportler, der jahrelang ehrgeizig trainiert, aber nie die Leistung erreicht, um Profi zu werden.
    Soweit ich das mitbekommen habe, sind in Babas Familie einige auch untereinander zerstritten. Aus unterschiedlichen Gründen, die ich nicht kenne und über die Baba auch nicht gern spricht. Ich kann mich nicht erinnern, jemals mit allen bei einem Familientreffen zusammengesessen zu haben. In den letzten Jahren besuchten wir die Akbaş-Großeltern meistens allein - Tayfun, Baba und ich, aber auch nur ein- oder zweimal im Jahr, in der Regel an Feiertagen. Selbst Anne kam selten mit, weil sie sich mit ihnen nicht verstand. Ich sag das jetzt mal so. Da ich weiß, dass Anne jemand ist, der eher auf Menschen zugeht, muss zwischen ihnen in der Vergangenheit etwas vorgefallen sein, das sie sehr verletzt hat, sonst wäre sie bestimmt mitgekommen.
    Unsere Besuche liefen immer gleich ab. Schon auf dem Weg zu ihnen, während wir noch im Auto saßen, bekamen Tayfun und ich ein mulmiges Gefühl. Papa beklagte sich jedes Mal, dass wir uns so selten bei seinen Eltern blicken ließen und niemals von allein den Wunsch äußerten, sie zu besuchen. Ich glaube ja, dass er damit nur sein eigenes schlechtes Gewissen auf uns übertragen wollte. Er machte es nämlich nicht anders, besuchte sie auch nicht häufiger,
und er ist immerhin ihr Sohn. Baba ließ sich manchmal sogar verleugnen, wenn Großmutter anrief. Ich sollte dann immer sagen, dass er früher zur Arbeit musste oder so.
    Die Großeltern wohnten im sechsten Stock eines dieser grässlichen Hochhäuser am Kottbusser Tor. Die Gegend ist übel, ein sozialer Brennpunkt, berüchtigt als einer der schlimmsten Drogenumschlagplätze Berlins. So sieht es da auch aus. Als Kind hätte ich mich niemals allein dorthin gewagt. Mit Baba war das etwas anderes, obwohl er sich für seine Eltern auch einen schöneren Platz zum Wohnen gewünscht hätte. Ihre Wohnung habe ich als sehr eng in Erinnerung. Die Zimmer waren klein oder wirkten so, weil sie mit Möbeln vollgestopft waren. Tayfun und ich setzten uns auf das

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