Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
Vom Netzwerk:
kommen wollte.
    Eine knappe Woche vor dem Ball schlug Bernard vor, dass wir doch einmal Tableaux vivants darstellen könnten, und wir griffen die Idee mit Begeisterung auf. Mit größter Sorgfalt wurden in verschiedenen Zimmern Szenen aus Literatur, Geschichte oder Malerei nachgestellt. Wir hatten schon von solchen Vergnügungen gehört, jedoch noch nie daran teilgenommen.
    Den ganzen Tag über flitzten wir herum und bereiteten unsere »Lebenden Bilder« vor. Im ganzen Haus wurden Truhen und Schränke nach Kostümen und Requisiten durchsucht. Bernard und ich wollten eine Szene aus einem Gemälde nachstellen. Ich war Salome und er der Kopf von Johannes dem Täufer auf einem Tablett.
    Für die Darstellung trug ich einen Blütenkranz auf dem Haar und eine rote Robe über meinem Kleid. Wir stellten zwei Tische in geringem Abstand nebeneinander und legten ein Tuch darüber. Bernard schnitt ein Loch hinein, sodass sein Kopf scheinbar losgelöst vom Körper auf der Seite liegen konnte. Er sah entsetzlich schaurig aus und ich sagte ihm das. Es freute ihn.
    Er nahm seine Sache ernst, sodass der Abend schon schlecht anfing, als Harry beim ersten Blick auf unsere Szene in Gelächter ausbrach. Ich brachte meinen Bruder zum Schweigen und besänftigte Bernard, doch es war ein schlechtes Omen für alles, was danach kam.
    Bernard schien jedoch wieder guter Laune zu sein, nachdem er dem Brandy tüchtig zugesprochen hatte. Während Anne und ich uns hinter einem Vorhang für unser Tableau vorbereiteten, rief er: »Darf ich die Szene ›Nymphen beim Bade‹ vorschlagen? Das würde mir ungemein gefallen.«
    Ich schlug die Hände vors Gesicht bei dem Gedanken an die Verlegenheit, die Junius und Harry bei dem Wunsch, ihre Schwestern nackt posieren zu sehen, empfinden mussten. Ich war schon an Bernards nicht eben taktvolle Art gewöhnt, meine Geschwister jedoch nicht. Anne wurde rot und tätschelte meine Hand. Sie verstand.
    Anne und ich stellten Marie Antoinette und ihre Hofdame in einem Karren auf dem Weg zu ihrer Hinrichtung dar. Anne hatte irgendwo zwei Kleider aufgetrieben, von denen sie annahm, dass sie der Mode dieser Zeit einigermaßen entsprachen. Meines war blattgrün und gold gestreift mit einem Spitzenschal und das von Anne war tiefblau. Wir setzten uns in unseren Karren – ein auf die Seite gedrehter Tisch mit Rädern aus Papier – und riefen Harry zu, er solle den Vorhang zurückziehen. Mit einem Wispern glitt er zur Seite.
    Einen Augenblick lang sagte niemand ein Wort. Dann fragte Harry laut: »Und was soll das jetzt darstellen?«
    Â»Siehst du das nicht, du Dummkopf?«, fragte Anne mit einer für sie ganz untypischen Schärfe. »Wir sind Marie Antoinette und ihre Hofdame, wer denn sonst?«
    Ich sagte nichts, da ich Bernards Gesicht sah. Es wurde zuerst rot, dann kalkweiß und die Augen traten ihm aus dem Kopf. Mir brach der kalte Schweiß aus. Was war los? Was hatte ich jetzt wieder getan?
    Â»Woher – woher habt ihr diese Kleider?«, keuchte er schließlich.
    Â»Vom Dachboden«, antwortete Anne. »Aus Kisten auf dem Dachboden.«
    Da war es mir klar. Sie hatte sie in einem der Koffer seiner früheren Frauen gefunden. Die Kleider waren mir nicht bekannt vorgekommen – ich hatte damals in so vielen gewühlt –, aber zumindest ich mit meinem leuchtend roten Haar musste einer der Frauen erstaunlich ähneln.
    Bernard stieß einen schrecklichen, unartikulierten Schrei aus, ließ den Kelch, den er in der Hand hielt, fallen, sodass er zerbrach und der Inhalt sich überall verteilte, und wankte aus dem Zimmer.
    Ich verwünschte mich, weil ich nicht gemerkt hatte, was wir trugen. Bei genauerem Betrachten glaubte ich zu wissen, dass die Kleider Victoire gehört hatten.
    Â»Was war das jetzt?«, fragte Junius.
    Ich schüttelte den Kopf. Wo sollte ich anfangen zu erklären, was für einen Fehler die arme Anne und ich gemacht hatten? »Er – die Kleider gehörten einer von Bernards früheren Frauen. Ich wusste es nicht, aber ich hätte es wissen müssen. Es tut mir so leid.«
    Â»Bedeutet das dann, dass ich Patrick Henry bei der Verkündigung der Ankunft der Briten nicht mehr darstellen muss?«
    Wir lachten alle nervös, doch ich zermarterte mir das Hirn, wie ich meinen Verlobten besänftigen könnte. Jetzt wusste er, dass die Sachen seiner Frauen nicht verbrannt

Weitere Kostenlose Bücher