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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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Balustrade.
    Â»Ich verstehe es«, sagte ich. »Es muss ein schrecklicher Schock gewesen sein.«
    Er starrte mich jetzt schweigend an. Einen solchen Gesichtsausdruck hatte ich bei ihm bisher noch nie gesehen – verletzt und verwirrt. Ich hatte Wut erwartet. Ich hatte Anschuldigungen erwartet. Aber nicht das.
    Ich setzte mich auf die kalte Marmorbank und zog ihn zu mir herunter. Er legte den Kopf in meinen Schoß und ich berührte sacht sein Haar. »Es ist gut«, sagte ich leise. »Es tut mir leid, dass es geschehen ist, aber außer mir ist niemand da.«
    Er zuckte und legte dann seine Hand schwer auf meine.
    Der Bonvivant . Die Bestie. Das verletzte Kind. Wer war der wahre Bernard? Ich nahm an, er war alle drei.

Kapitel 30
    DER BALL
    Wir waren alle erleichtert, da das Wetter an den letzten Tagen vor dem Ball nicht besser hätte sein können und der Morgen des großen Ereignisses kalt und klar und mit dem bloßen Hauch einer erfrischenden Brise heraufzog. Ein winterlicher Wolkenbruch hätte alles verderben können, wenn die Straßen unpassierbar geworden wären.
    Zur Verschönerung in letzter Minute wurde eine Fülle an Blumen aus der Orangerie hereingebracht. Anne und ich steckten cremefarbene Kamelien, Rosen und Lilien wie Sterne in die dunkelgrünen Girlanden und halfen Daphne, aus den exotischeren Blüten in vielen Dutzend Vasen Bouquets zusammenzustellen. Wir schnitten Efeuranken zurecht und ließen sie in Bögen und Wellen anmutig aus unseren Arrangements wachsen. Sämtliche polierten Oberflächen glänzten. Vom Waldrand her wurden entlang der Zufahrt Fackeln in die Erde gesteckt, damit sie am Abend entzündet werden konnten. Wyndriven Abbey zeigte sich in seiner ganzen Pracht.
    Als es langsam dämmerte, wurden in den für die Gäste zugänglichen Räumen unzählige Kandelaber und Lampen angezündet, um die winterliche Düsternis zu vertreiben, die in allen Nischen und Ritzen lauerte. Ich verstand die Heiden, die die Wintersonnwende mit Licht feierten. In der Abtei konnte es gar nicht genug Licht geben.
    Alle Vorbereitungen waren abgeschlossen, doch in der Luft lag eine so freudige Erwartung, dass niemand entspannen konnte. Wir hockten auf den Stuhlkanten, während wir darauf warteten, dass die Zeit verging und wir zum Umziehen nach oben gehen konnten. Dabei redeten wir nur, damit etwas gesagt war; Bernard dagegen machte ernsthaft Konversation. Als schließlich die Musiker kamen und ihre Instrumente aufbauten, verschwanden wir und begannen mit unserer Toilette.
    Odette füllte die Badewanne und ich benutzte ein neues Stück Parfümseife aus Paris. Mme. Duclos klopfte. Sie wollte mir in ihre neueste Kreation helfen – das Ballkleid nach meinen Entwürfen. Odette half mir beim Anziehen meiner zartesten Unterwäsche aus Baumwollbatist, befestigte meine Krinoline, schnürte mein Mieder eng und dann hoben sie und Madame das Kleid über meinen Kopf.
    Ich betrachtete mich in dem großen Spiegel. Mein Rock bestand aus abgestuften Lagen aus dünnem weißem Leinenbatist mit langen Bändern im Rücken. Das Oberteil hatte einen tiefen V-Ausschnitt und kurze Flügelärmel. Ausgeschmückt war es mit rotem Seidentaft und weiß auf weiß gestickter Spitze. Dazu trug ich eine Perlenkette und im Haar die Veilchen, die Bernard heraufgeschickt hatte.
    Ich sah wirklich gut aus, doch das freute mich nicht mehr so wie früher. In mir war kein Platz mehr für meine alte Eitelkeit. Ich bezweifelte, dass ich als unscheinbare Person, egal mit welcher Haarfarbe, jetzt mit Bernard verlobt wäre. Ich sah gut aus und trug das Kleid eines jungen Mädchens. Nach der Heirat würde ich so etwas nie mehr tragen können.
    Anne kam herein. Ihr Kleid war aus elfenbeinfarbenem Ausbrennersamt mit spitz zulaufender Taille und Pagodenärmeln. Für ihr Haar hatte Bernard Rosen geschickt. So aufmerksam.
    Wir bewunderten einander. Meine Schwester zupfte meine Locken zurecht und ich gab ihr ein Kameenmedaillon als Halsschmuck. Danach schauten wir aus dem Fenster und warteten auf die Ankunft der ersten Gäste. Die Dämmerung brach an. Ein herrlicher weißer Marmormond hing tief am Himmel. Die Fackeln brannten. Aus dem Wald näherte sich eine Kette blinzelnder Lichtpünktchen – die Kutschlampen. Bald drängten sich auf der Zufahrt Kutschen, Reitpferde und Karossen. Wir öffneten einen Fensterflügel, damit

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