So wie Kupfer und Gold
mitgenommen. Er hat sie geschlagen und â noch anderes mit ihr gemacht. Dann hat er sie Willie gegeben und befohlen, dass sie über den Besen springen. Ich sage Ihnen das jetzt, weil ich morgen abreise und es keine Rolle mehr spielt. Ich sage Ihnen das, damit dieser Mann â dieses Ungeheuer â Ihnen nicht antut, was er anderen angetan hat. Sie müssen ebenfalls abreisen.«
Ich hielt mich am Bettpfosten fest und schloss die Augen. Odette wartete noch einen Moment, doch als ich nichts sagte, schloss sie die Tür hinter sich. Ich schaffte es, den Schlüssel umzudrehen und in die Badewanne zu steigen. Nachdem ich mich von oben bis unten abgeschrubbt und noch einmal abgeschrubbt hatte, lehnte ich mich zurück und tauchte auch noch mein Gesicht in das warme Wasser, bis ich prustend wieder hochkommen musste.
Die Verderbtheit von jemandem, der Daphne so etwas antun konnte, war fast unbegreiflich, aber ich lernte dazu. Jemand, der diesen perversen Zierbau errichten lassen und anständige Frauen dorthin mitnehmen konnte, war weder ein Liebhaber noch ein Mann. Odette hatte recht: Er war ein Ungeheuer. Wie merkwürdig, dass Odette das noch vor mir gemerkt hatte.
Und ich würde kein Ungeheuer heiraten. Auch nicht für meine Familie. Für nichts und niemanden. Mein Ãberlebenswille war zu ausgeprägt. Bernards Frauen waren geblieben und waren jetzt alle tot â ja, ich war inzwischen sicher, dass auch Victoire tot war. Doch es schien, als seien sie nicht einmal im Tod frei.
In dem Märchen »Die Schöne und das Biest« war die Heldin aus freien Stücken zu dem Biest gegangen in der Ãberzeugung, dass es sie fressen würde. Niemand, der seine Sinne beisammen hatte, würde das tun. Sie und ihre Familie hätten zumindest versuchen sollen zu fliehen â so wie ich zu meinen Geschwistern fliehen würde. Irgendwie würde ich schon zu ihnen gelangen. Wenn nötig, würden wir zusammen bis ans Ende der Welt laufen.
Es klopfte an der verschlossenen Tür.
»Ich nehme ein Bad«, rief ich heiser.
»Ich muss dich sofort sprechen«, kam Bernards Stimme von drauÃen. »Ich muss für ein paar Tage verreisen.«
Ich stieg aus der Wanne, trocknete mich ab und schlüpfte in meinen Morgenmantel. Dabei bereitete ich mich mit allen Fasern meines Seins auf die Begegnung mit ihm vor.
Glückliche Schöne! Ihr Biest war in Wahrheit ein Mann. Bei Weitem furchterregender war ein Mann, der in Wahrheit ein Biest war.
Er sah noch besser aus als sonst, wie er da stand, ein wenig unsicher, und das bläulich schwarze Haar ihm in die Stirn fiel. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, sein ÃuÃeres »in Ordnung« zu bringen.
»Ich muss sofort nach Memphis«, erklärte er. »Die Unruhen in den Häfen sind eskaliert, auÃerdem habe ich noch andere Dinge in der Stadt zu erledigen. Dinge, die dich betreffen. Ich ertrage es nicht, dich hier zurückzulassen in dem Wissen, dass du böse auf mich bist. Deshalb sage ich dir jetzt, dass ich vorhabe, meinen Rechtsanwalt aufzusuchen und mein Testament zu ändern. Ich werde alles dir hinterlassen. Du wirst Alleinerbin sein. Wie klingt das? Gefällt es dir? Stehe ich wieder ganz oben in deiner Gunst?«
»Natürlich«, antwortete ich gespielt strahlend.
»Und ich werde dir wieder meine Schlüssel geben. Du siehst â ich vertraue dir immer noch.« Er hielt mir den eisernen Schlüsselring hin, zögerte aber, bevor er ihn loslieÃ. »Unter denselben Bedingungen.«
»Danke. Und auf Wiedersehen.« Ich hatte ganz vergessen, wie schwer der Ring war.
Er öffnete den Mund, um noch etwas zu sagen, überlegte es sich dann aber anders und ging.
Nachdem ich die Tür wieder abgeschlossen hatte, lehnte ich mich mit dem Rücken daran. Nur langsam wurde mir bewusst, welches Glück ich hatte. Diese Schlüssel und Bernards Abwesenheit boten mir die Chance, zu fliehen.
Ich strich mit den Fingern über einen Schlüssel nach dem anderen, während ich meine Pläne schmiedete. In Bernards Büro musste Geld sein, in seinem Schlafzimmer, irgendwo. Konnte ich mit Lily fliehen oder würde Garvey aufwachen und mich aufhalten? Gewisse Risiken musste man eingehen; zu Fuà in die Stadt zu gelangen, würde zu lange dauern. Wenn ich erst mal auf Lily saÃ, würde ich reiten und reiten und reiten. Ich würde nicht zu Gideon fliehen. Dort würde Bernard als
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