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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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ich mich von ihm in den Garten führen.
    Er legte seinen Gehrock ins Gras und wir setzten uns beide darauf – ziemlich dicht nebeneinander. Er roch nach Zitronenbonbons. Wir ließen uns von der Sonne bescheinen, während ich meine Geschichte erzählte. Ich begann mit dem Tag, an dem meine Familie in der Abtei eintraf.
    Â»Glauben Sie, dass ich wirklich Geister gesehen habe?«, fragte ich an einer Stelle.
    Â»Selbstverständlich. Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf Erden, Sophia, als die Schulweisheit der meisten Leute sich träumt.«
    Â»Also, das ist jetzt Shakespeare. Ich bin so froh, dass Sie eine ungewöhnliche Art Pastor sind.«
    Als ich von den Gräueltaten erzählte, war ich wieder wie benommen. Ich konnte das alles immer noch nicht wirklich begreifen, weshalb ich sehr nüchtern davon berichtete. Lediglich den Vorfall im Zierbau ließ ich aus. Es war besser für Gideon, wenn er einige Dinge nicht wusste. Ich fand es beachtlich, dass ich, Sophie Petheram, einst so behütet, jetzt die Unschuld eines anderen schützte. Eine Sekunde lang kam ich mir uralt vor, doch der herrliche Tag und Gideons Nähe flossen sacht in meine Seele ein und ließen mich wieder jung werden.
    Er lauschte schweigend, aber auf seinem Gesicht spiegelten sich die Emotionen. Als ich fertig war, schüttelte er den Kopf. »Es ist Ihnen in jedem Augenblick gelungen, das Richtige zu tun. Sie sind eine starke Frau. Und noch stärker aufgrund der Narben, die Sie jetzt tragen. Wie ist es möglich, dass ich nicht einmal ahnte, was vor sich ging? Wie konnte ich Sie in Ihrem Kampf allein lassen?«
    Jetzt nahm ich seine Hand. »Sie hatten keine Ahnung, wie er war. Ich auch nicht, und ich habe monatelang mit ihm unter einem Dach gelebt. Niemand kannte ihn wirklich, außer Garvey. Und später Odette. Wir alle taten, was wir mit unserem damaligen Wissen für das Beste hielten.«
    Â»Was ist mit diesem Garvey? Ist er in Gewahrsam?«
    Ich blickte wie hypnotisiert auf die Narzissentriebe. »Er verschwand, bevor sie ihn festnehmen konnten. Ich habe A ngst, dass er mir irgendwann über den Weg läuft. Der Kam merdiener ist ebenfalls abgehauen; wahrscheinlich wusste er auch etwas. Der Hausdiener kümmert sich jetzt allein um den Haushalt, da Mrs Duckworth in ihrer Trauer am Boden zerstört ist. Ihr Herz macht nicht mehr mit und sie fürchten, dass sie nur noch wenige Tage zu leben hat. Als ich das gestern gehört habe, ging ich – zwang ich mich, zu ihr zu gehen, um ihr zu versichern, dass ich ihr nichts nachtrage, gar nichts, denn das tue ich nicht. Wirklich nicht. Aber wahrscheinlich hätte ich nicht hingehen sollen.«
    Gideon biss die Zähne zusammen. »Nein, Sie sollten nie mehr an diesen Ort zurückgehen müssen. Sie sollten diese Leute nie mehr sehen müssen.«
    Â»Das meine ich nicht, auch wenn ich in den ersten Tagen ganz Ihrer Ansicht war. Wann immer ich an die Abtei dachte, musste ich mich zusammenreißen, um nicht davonzulaufen und mich unter der Bettdecke zu verstecken. Aber ich meinte eigentlich, dass ich Mrs Duckworth wahrscheinlich um ihretwillen nicht hätte besuchen sollen. Fast hätte ic h sie auf dem Gewissen gehabt. Als sie mich sah, hat sie sic h aufgesetzt, mit dem Finger auf mich gezeigt und geschrien, dass ich ihr Leben und das aller anderen ruiniert hätte. Es sah aus, als würde sie gleich einen Krampfanfall bekommen. Ich bin sofort wieder gegangen. Arme alte Ducky.«
    Â»Sie kann sich immer noch nicht vorstellen, dass de Cressac etwas Verwerfliches getan hat, selbst nachdem das alles herausgekommen ist. Sie haben recht. Arme alte Mrs Duckworth. Was für ein Gefühl war es, noch einmal zu der Abtei zu gehen? Ich hätte Sie begleitet, wenn Sie es mir nur erlaubt hätten.«
    Â»Das weiß ich doch, aber wie ich bereits sagte, ich habe Sie vor sich selbst geschützt.« Ich riss einen Grashalm ab und teilte ihn der Länge nach vorsichtig mit den Fingernägeln. Gideon wollte etwas sagen, doch ich ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Ich habe mich gewappnet, da ich dachte, jeder Raum würde mir ›Bernard!‹ entgegenrufen, aber dann war es irgendwie gar nicht schlimm. Die Abtei gab es schon lange, lange vor ihm. Er ist lediglich ein winziger Punkt in ihrer Geschichte. Ich hatte das Gefühl, nach Hause zu kommen, als ich durch die Tür trat, obwohl ich auch nur ein winziger Punkt bin. Ich werde

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