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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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– auch wenn es wegen des wolkenverhangenen Himmels schon fast dunkel war –, als sich ein Schlüssel im Schloss drehte. Mir blieb fast das Herz stehen. Die Waffen waren mir aus den Händen geglitten, doch jetzt ergriff ich sie wieder. Beim Eintreten würde er im Dämmerlicht nicht gut sehen können. Ein Moment würde mir bleiben.
    Aber es war nicht Bernards Stimme, die ich hörte. »Sophia«, zischte sie, »ich habe Garvey die Schlüssel gestohlen. Schnell, Sie müssen rasch verschwinden. Sofort! Er ist zurück.«
    Odette. Sie stand in der Tür.
    Ich erhob mich langsam, meine verkrampften Glieder rebellierten. »Sie?« Hunger und Schock lähmten mein Gehirn, sodass ich diese Wende der Ereignisse nicht sofort erfassen konnte.
    Â»Ich bin die Cousine von Adele Lalonde. Als wir noch Kinder waren, habe ich immer auf sie aufgepasst. Sie hat diesen Mann geheiratet und ich konnte nicht mehr auf sie achtgeben. Aber ich konnte nach ihrem Tod hierherkommen und die Wahrheit herausfinden, um Vergeltung zu erlangen. Sie ist hier drin, nicht wahr? Ich muss sie sehen. Sie –«
    Ihr Körper zuckte ganz merkwürdig und ihre Gesichtszüge wurden schlaff, die glänzenden Augen plötzlich matt. Sie fiel zu Boden und der Mann, dem ich versprochen war, zog seinen Stockdegen aus ihrem Rücken. Er kickte ihre Leiche aus dem Weg.
    Â»Sie war schlau«, bemerkte er beim Eintreten. »Ich wäre nie darauf gekommen. Ich war davon ausgegangen, dass Adele keine nahen Verwandten hatte. Familien sind lästig.« Er bückte sich und wischte die lange, schmale Klinge an Odettes Kleid ab. Überaus sorgfältig.
    Jetzt! Das war meine Chance. Während er nach unten schaute.
    Stich zu! Stich zu! Lauf! Lauf!
    Stattdessen kam ein schwaches Wimmern aus meinem Mund.
    Er wandte sich mir zu. Das Licht der Laterne, die er neben der offenen Tür abgestellt hatte, ließ sein Haar und seinen Bart leuchten, sodass es schien, als rahmte ein bläulicher Heiligenschein sein Gesicht ein. Sein Blick ließ mich erstarren.
    Mit einem Klicken schloss er die Tür hinter sich.
    Â» Mon ange , ich habe mir Sorgen um dich gemacht.« Er redete in einem lockeren Plauderton. »Ich hatte nach mei ner Abwesenheit ein herzliches Willkommen erwartet. Abe r du hast nicht im Haus auf mich gewartet. Du hast mich hier erwartet. Und in welch ungewöhnlicher Gesellschaft.«
    Sein Ton versetzte mich zu angenehmen Abenden mit einem liebenswürdigen Gesprächspartner zurück. Als ich seiner tiefen, samtweichen Stimme lauschte, hätte ich – wenn ich ausblendete, wo wir uns befanden – fast vergessen können, wer er wirklich war. Fast.
    Aber ich vergaß es nicht. Langsam löste sich meine Starre und eine unbändige Wut packte mich. Sprungbereit stand ich da, falls er sich auf mich stürzen sollte.
    Seinen Gesichtsausdruck zu erkennen, war schwierig, aber ich bildete mir ein, er lächelte. Er kam nicht in meine Richtung, sondern ging zum Altar. Seine Stiefel knirschten auf dem herumliegenden Schutt. Er ließ den Blick über die Leichen gleiten. »Ich habe die Gesichter dieser Huren beobachtet, als ich zugestochen habe, und es war herrlich zu sehen, wie das Licht in ihren Augen erlosch, als sie ihr Leben aushauchten.«
    Â»Bitte, Bernard«, flüsterte ich. »Bitte.«
    Â»Ja, das haben sie alle gesagt.« Er ging zurück in Richtung Tür. »Arme Sophia mit dem wunderschönen Haar. Ich habe dich angeschaut, wenn du da gesessen hast, so klein, so zart. Ein Griff und ich hätte dich – zack! – zerbrechen können. Aber ich dachte nicht, dass ich es jemals tun würde. Nicht meine Sophia. Doch leider, leider … Zuerst die Briefe von diesem Jungen und dann der Pastor und immer diese Neugier. Warum konntest du die Dinge nicht ruhen lassen?« Er verlieh der Frage noch dadurch Gewicht, dass er seinen Stockdegen auf eine Kirchenbank heruntersausen ließ.
    Â»Bernard«, sagte ich leise, gefasst, »es ist nicht nötig, dass Sie mir etwas antun. Ich werde nie jemandem erzählen, was hier ist. Wir werden diesen Ort heute Abend verlassen. Wir werden heiraten. Wir werden nie aufhören zu reisen und nie mehr hierher zurückkommen. Sie können das alles vergessen.«
    Er blickte zu Boden, als erwog er meinen Vorschlag tatsächlich. Dann schaute er auf. »Nein, dafür ist es jetzt zu spät.« Er winkte mich zu sich.

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