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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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Länder schmeckten.
    Â»Ich wollte, dass du heute Abend ohne Angst neue Gerichte probieren kannst«, meinte er. »Keine fremden Fleischsorten. Keine Innereien. Jedenfalls heute Abend nicht.«
    Â»Danke.«
    Â»Und hier, trink das.« Er goss aus einem mit leuchtenden Emailblumen verzierten Metallkrug eine goldene Flüssigkeit in einen passenden Kelch. »Man nennt es Metheglin – Honig wein, gewürzt mit Lavendel. Feen trinken ihn gern.«
    Während ich daran nippte, fragte ich mich, ob es wohl Alkohol enthielt, aber ich war so fasziniert von allem, dass es mir gleichgültig war. Achal, M. Bernards Kammerdiener, saß im Schneidersitz hinter einer geschnitzten, von winzigen Ornamenten durchbrochenen Trennwand und spielte auf einem seltsamen Saiteninstrument. Es sei eine Sitar, erklärte mir M. Bernard. Achal war Inder. Wahrscheinlich war er über das mittlere Alter bereits hinaus, doch immer noch so schlank und zart wie ein Junge. Er trug eine lange Tunika und helle, enge Hosen. Seine Musik ging unter die Haut.
    Selbst die Luft glitzerte. Zumindest für mich.
    Als ich nach einem weiteren Stück Kuchen griff, ließ mich eine Bewegung hinter der gläsernen Wand innehalten. Ich schaute genauer hin. Es war mein eigenes Spiegelbild – eine geisterhafte Sophia, blass und körperlos und sie beobachtete uns aus Augen, hinter denen sich Düsternis gesammelt hatte.
    Â»Ich habe mich heute im Haus umgesehen«, erzählte ich M. Bernard rasch, um das Geistermädchen nicht länger anblicken zu müssen.
    Â»Und was hältst du davon?«
    Â»Es ist unglaublich, faszinierend, wunderschön. Und geheimnisvoll. Mir fehlen die Worte, um Ihnen meinen Eindruck zu beschreiben.«
    Â»Deshalb musste ich es besitzen.«
    Er erzählte mir, wie er vor vielen Jahren, als er Wyndriven Abbey in England zum ersten Mal gesehen hatte, sofort wusste, dass die Abtei ihm gehören musste. Und als er dann zum ersten Mal nach Mississippi kam und dieses Stück Land sah, beschloss er, hier darin zu wohnen. Er war kurz zuvor aus Persien zurückgekommen, und das üppige Grün des amerikanischen Südens habe ihn, wie er sagte, nach dem Aufenthalt in der Wüste verzaubert. Wie die Ankunft in einer Oase nach einer langen Durststrecke. Er kaufte einem Indianer vom Volk der Choctaw das Land ab und ließ Wyndriven Abbey herüberschaffen. Die meisten Menschen hätten so etwas für unmöglich gehalten, nicht aber mein Patenonkel.
    Ich dachte an die adlige Familie, die vorher in der Abtei gewohnt hatte. Vielleicht war der Bau für sie zur Last geworden und sie war froh, ihn los zu sein. Trotzdem fragte ich mich, ob es nicht geschmerzt hatte, ihn zuerst an M. Bernard zu verlieren und dann noch mit ansehen zu müssen, wie er seinem angestammten Platz entrissen wurde. Aber die Familie hatte ihn schließlich der Kirche abgetrotzt, dann war das jetzt die Revanche. So liefen die Dinge wohl im Lauf der Geschichte – Gewinn und Verlust.
    Â»Haben Sie auch das Mobiliar mit herübergebracht?«, fragte ich.
    Â»Ja. Jedes einzelne Stück genau so, wie die Vorbesitzer es zurückgelassen hatten. Sie wollten nichts mitnehmen. Nachdem schließlich alles hier war, habe ich Wochen damit zugebracht, zu erforschen, was ich besaß. Porzellan in den Schränken, Kisten voller vergilbtem Papier in der Dokumentenkammer und Leinen in Truhen und Kleiderschränken. Ich habe sogar ein ungeöffnetes Päckchen gefunden.«
    Â»Was war darin?«
    Â»Worin?«
    Â»In dem Päckchen.«
    Â»Rasierutensilien, nichts Aufregendes.«
    Â»Schade. Es hätten Juwelen sein sollen.« Ich biss von dem Kuchen ab. »Fragen Sie sich manchmal, wie die Steine sich gefühlt haben, als sie sich plötzlich nicht mehr in einer englischen Landschaft befanden, sondern in Mississippi? Es muss ein Schock gewesen sein.«
    M. Bernard nickte. »Ich hoffe, es war eine angenehme Überraschung und sie genießen ihr steinernes Glück immer noch. Der Winter kann in England ziemlich ungemütlich sein. Wusstest du übrigens, dass ich tatsächlich mehrere Monate bei einem Beduinenstamm in Arabien gelebt habe?«
    Er erzählte mir davon und von dem verrückten Grafen, den er in einem Schloss in Böhmen getroffen hatte, und von der alten Comanche-Frau, der er in der Wüste im Westen Amerikas begegnet war. Sie war von ihrem eigenen Stamm aus ihrem Tipi gejagt worden,

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