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So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
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über Busen. Und hoffentlich auch nicht, wenn sie unter sich waren. Zumindest meine Brüder taten es nicht. Ich versuchte, kein Unbehagen bei mir aufkommen zu lassen, und bemerkte nur: »Es ist sehr bequem.« Dann meldete sich der dumme, boshafte Schalk wieder und drängte mich selbst zu einer skandalösen Bemerkung. »Natürlich ist alles bequem im Vergleich zu Fischbeinkorsetts, in denen man kaum husten kann – geschweige denn atmen –, und Unterröcken und Krinolinen, in denen man kaum sitzen kann. Ich bin schon unzählige Male fast hingefallen, weil ich nicht sehen konnte, wohin ich meine Füße gesetzt habe.« Ich beobachtete seine Miene. Wie würde er die Tatsache, dass ich Unaussprechliches aussprach, aufnehmen?
    Er ließ seinen Blick langsam zu meinem Rock hinunterwandern. »Trägst du eine Unterhose zu diesem ensemble ? Indische Mädchen würden das nämlich nicht tun.«
    Â» Was? « Ich war vollkommen verwirrt. »Natürlich habe ich – natürlich trage ich welche.« Meine Worte überschlugen sich fast.
    Â»Oh, Sophia, ma belle .« Er rückte mein Diadem zurecht und fuhr mir dann mit einer Hand durchs Haar. »Wie lange ist es her, seit ich dir gesagt habe, dass du die reine Freude bist? Ein ganzer Tag? Ich bin nachlässig. Keine Stunde sollte vergehen.«
    Ich wollte mich an den Tisch setzen, obwohl er nicht zum Abendessen gedeckt war. M. Bernard hielt mich zurück.
    Â»Nein, wir essen nicht hier. Ich habe eine kleine Überraschung für dich. Komm.«
    Er nahm meinen Arm und führte mich einen Flur hinunter zu Glastüren, die auf eine Veranda gingen. Draußen war es inzwischen dunkel geworden und milde, violette Luft hüllte uns ein. Das Licht orientalischer Laternen wies den Weg über die Verandastufen.
    Schweigend traten wir auf das goldene Lichtband. Worte hätten die erwartungsvolle Stille gestört. Wir gingen um ein dichtes Wäldchen aus hoch aufragenden immergrünen Bäumen herum.
    Mir stockte der Atem. Welch ein Anblick. Ein Gebäude ragte auf – ein Bauwerk aus Licht. »Das ist die Orangerie«, flüsterte M. Bernard. »Heute Abend speisen wir hier.«
    Hinter den Glaswänden leuchteten tausend Kerzen.

Kapitel 6
    DAS GEISTERMÄDCHEN
    Â»Ich habe meinen Vater oft geplagt, damit er mir alles erzählt, was er über Sie weiß.« Ich lehnte mich in die Kissen zurück (es sich bequem zu machen, war so viel einfacher, wenn man das Kleid einer Tänzerin trug).
    Â»Der arme Martin. Über unsere Geschäftsbeziehungen hinaus wusste er wenig über mich. Musste er Geschichten erfinden, um dich zufriedenzustellen?«
    Â»Nein, das tat ich schon selbst.«
    Â»Erzähle mir ein paar, Morgiana. Oder sollte ich dich Scheherazade nennen?«
    Und so erzählte ich ihm meine Fantasien: Wie er in meiner Vorstellung aufständische Mongolen bekämpft und unter den Beduinen gelebt hatte. Wie er das untergegangene Atlantis wiederentdeckt und bei tibetanischen Mönchen studiert hatte.
    Er lachte, aber ich merkte, dass er sich geschmeichelt fühlte. »Du hast mich ja für einen wahren Helden gehalten.«
    Â»Ich war nicht enttäuscht, als ich Sie gestern gesehen habe. Ich halte Sie immer noch für einen wahren Helden. Natürlich habe ich mich auch oft selbst in Ihren Geschichten vorkommen lassen.«
    Â»Da bin ich aber froh. Für mich bist du nämlich auch eine wahre Heldin. Deshalb habe ich heute Abend dieses Märchenland für dich geschaffen.«
    Ich sonnte mich in dieser Atmosphäre. Bei all der Schönheit ging mir das Herz auf, so sehr, dass es fast wehtat. An sämtlichen Orangen-, Zitronen- und Limettenbäumen, die in riesigen Tontöpfen überall im Raum verteilt waren, hatte man mit Drähten schlanke Kerzen befestigt und sowohl die glänzenden Zitrusfrüchte als auch die gläsernen Wände spiegelten die Flammen wider. Herrliche Seidenkissen füllten unsere Laube. Um die Spaliere rings herum rankten sich rot blühende Kletterpflanzen.
    Wir lehnten uns in die Kissen und nahmen uns von dem Essen, das auf einem riesigen Messingtablett angerichtet war. Selbst die Mahlzeit hatte etwas Magisches. Kuchen, so leicht und luftig, dass man meinen konnte, er würde davonschweben, helle, cremige Käsewürfel, die auf der Zunge zergingen, Gemüse in scharfer Soße und pastellfarbene Früchte, die nach der Sonne ferner

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