Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So wie Kupfer und Gold

So wie Kupfer und Gold

Titel: So wie Kupfer und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Nickerson
Vom Netzwerk:
einem kleinen Hügel, auf dem eine seltsame Konstruktion stand. Sie war aus rosafarbenem Sandstein mit blaugrauen Sockelsteinen, was ihr eine sphärische Anmutung verlieh. Es schien, als schwebte sie verzaubert im perlmuttenen Nebel. Ich ging näher heran und mir kam der Gedanke, dass der Bau irgendwelchen fremdländischen Ruinen nachgebildet sein könnte. Aber vielleicht war es auch eine echte fremdländische Ruine. Bei meinem Patenonkel konnte man nie wissen. Gewaltige Steinquader, mit einem zarten Rankengitter überzogen, lagen wie hingeworfen herum. Groteske Steinskulpturen – sie sollten wohl Affen darstellen – grinsten mit verzerrten Gesichtern von oben herunter.
    Ich suchte eine Weile nach dem verborgenen Eingang, obwohl ich davon ausging, dass er ohnehin abgesperrt war. Genau wie die Kapelle schien auch dieser Bau nicht sicher zu sein.
    Ich hatte gerade einen Haarriss entdeckt, der möglicherweise auf eine Geheimtür hinwies, als ich hinter mir ein Schnauben hörte. Ich wirbelte herum.
    M. Bernard saß auf einem schlanken grauen Vollblut (die Quelle des Schnaubens) und blickte auf mich herunter. Der Irische Wolfshund, der tags zuvor in der Bibliothek gedöst hatte, kam in großen Sprüngen auf mich zu. Das Pferd warf den Kopf hin und her und begann zu tänzeln.
    Â»Fuß, Finnegan«, befahl M. Bernard. Der Hund gehorchte sofort.
    Ich drückte mich an die Mauer. Das Pferd hatte einen wilden Blick.
    Â»Aramis kommt dir nicht zu nahe«, beruhigte mein Patenonkel mich. Im grauen Nebel war der blaue Schimmer seines Bartes noch ausgeprägter. Er hätte ein geisterhafter Ritter aus der Artussage sein können. »Er gehorcht mir aufs Wort. Ist er nicht ein schönes Tier?«
    Â»Das ist er, Sir.« Ich zwang mich dazu, Aramis’ samtene Schulter zu streicheln, zog meine Hand jedoch schnell wieder zurück, als der Hengst die Nüstern blähte und erneut schnaubte.
    Â»Als ich ihn bekam, war er ganz wild«, erzählte M. Bernard. »Doch ich habe mit ihm gearbeitet und ihn mir unterworfen und jetzt ist er so, wie du ihn vor dir siehst – lammfromm.«
    Â»Sie haben ihn unter Kontrolle, aber ich wollte ihm nicht begegnen, wenn Sie nicht die Zügel halten.«
    Â»Und ich würde nie zulassen, dass so etwas geschieht. Dazu liegt mir dein Wohlergehen zu sehr am Herzen.« Er tätschelte Aramis den Hals. »Ich habe eine Stute für dich gekauft – reinweiß. Sie heißt Lily. Du kannst sie dir satteln lassen, wann immer du willst.«
    Â»Ist das Ihr Ernst? Ich kann jetzt ausreiten? Heute?« Ich bekam große Augen bei der Aussicht auf ein eigenes Pferd.
    Â»Du weißt, dass es mir ein Vergnügen ist, dich glücklich zu machen. Meine einzige Bedingung ist, dass ein Stallbursche dich auf allen Ausritten begleitet. Wir leben hier in der Wildnis. Ich wünschte, ich könnte selbst mitkommen, aber die Pflicht ruft. Hast du meinen Zierbau bewundert?« Er ließ den Blick über die Ruine schweifen.
    Â»Ein Zierbau? Das ist ein Zierbau?« Ich hatte von solchen Bauwerken gehört. Die Reichen errichteten sie zu rein dekorativen Zwecken. Sie stellten Tatarenzelte, ägyptische Pyramiden oder andere interessante Bauwerke dar. Womöglich war das die Erklärung für die dem Verfall preisgegebene Kapelle. Vielleicht fand mein Patenonkel die Ruine ja auf eine altertümliche Art romantisch – selbst die schrecklichen Affen.
    Er nickte. »Ich habe sie nach den Resten eines Tempels bauen lassen, den ich im Norden Indiens besucht habe, und dem Original ähnliche, seltene und faszinierende Statuen und sonstige Kunstwerke hinzugefügt.«
    Â»Kann ich hineingehen? Ich dachte, ich hätte eine verborgene Tür gefunden.«
    Â»Du bist ja ganz gewitzt. Es gibt tatsächlich eine verborgene Tür und das Innere würde dich bestimmt sehr interessieren, aber du darfst nicht ohne mich hineingehen.«
    Â»Kommen Sie mit? Jetzt?«
    Â»Nein, tut mir leid, dieses Vergnügen muss warten. Irgendwann zeige ich es dir, aber jetzt muss ich mich um andere Dinge kümmern. Später haben wir alle Zeit der Welt für solche gemeinsamen Abenteuer.«
    Ich öffnete den Mund, um ihn zu fragen, ob er seine Geschäfte nicht aufschieben und den Tag mit mir verbringen könnte, schloss ihn aber wieder. Er war ein viel beschäftigter Mann mit »ernsten Pflichten« und ich hätte egoistisch und

Weitere Kostenlose Bücher