So wie Kupfer und Gold
kindisch geklungen. »Dann werde ich mich Lily vorstellen«, erklärte ich stattdessen.
»Und ich sehe dich heute Abend.«
Er hob grüÃend seinen Zylinder und galoppierte davon. Auf dem Pferd gab er eine ausgesprochen gute Figur ab. Als ich ihn so sah, sog ich leise die Luft ein. Wie vornehm erschien er mir. Was für ein schönes Bild wir bei einem gemeinsamen Ausritt abgeben würden.
Ich lief zum Haus. Ohne mir von einem Hausmädchen helfen zu lassen, zog ich Reitkleidung an und machte mich auf den Weg zum Stall.
Der oberste Stallbursche, ein Mann namens Garvey, kam mir mit schnellen Schritten entgegen. Er war ein groÃer, athletischer, gut aussehender Schwarzer. Ich mochte unerfahren sein, was echte, lebendige Menschen betraf, aber âºder Lebemannâ¹ spielte eine Standardrolle in den Liebesromanen, die ich verschlungen hatte. Er war der Typ, der sämtliche Hausmädchen in ein Gefühlschaos stürzte. Beim Reden roch sein Atem nach Whiskey. Vielleicht war es ja der Whiskey, der ihm dieses Ãbermaà an Selbstvertrauen verlieh. Ich hätte nicht gedacht, dass Sklaven Zugang zu Alkohol hatten, aber im Grunde wusste ich kaum etwas über solche Dinge.
Er tippte an seine Hutkrempe und lächelte schmeichlerisch. »Na, kleine Miss, dann wollân Sie sich mal Ihr Pferd ansehen? Sie ist ân richtig hübsches Ding.«
»Ich hoffe, es bleibt nicht beim Ansehen«, erwiderte ich kühl. Ich mochte die Art dieses Mannes nicht. »Ich würde gerne jetzt gleich mit ihr ausreiten, falls ein Stallbursche mich begleiten kann.«
Er warf das Zaumzeug, das er in der Hand hielt, einem Jungen zu. »Oh, ich richtâs so ein, dass ich mit Ihnen mitkommen kann, Miss. Es wird mir ân Vergnügen sein.«
»Schön.«
Er ging und holte Lily.
Mein Pferd hatte groÃe, klare Augen und ein so sanftes Gemüt, dass ich ihm gleich die Arme um den Hals schlang. »Du liebes Ding«, flüsterte ich. Sie rieb sich an mir.
Garvey half mir beim Aufsitzen und schwang sich dann selbst auf ein Ross.
Ich legte mein Knie um die Pausche, breitete meine Röcke aus und war weg.
Wir lieÃen die gepflegten Gartenanlagen hinter uns und trabten bald über unebenes Gelände mit morastigen Stellen und kleinen Wäldchen. Beim Reiten spürte ich, wie Garveys heiÃer Blick mich verfolgte.
Ich lieà Lily galoppieren. Ãber ein solches Gelände war ich noch nie geritten â so offen, so frei. Jetzt kam zu der feuchtheiÃen Luft noch die dampfende Hitze des Pferdes, und dennoch liebte ich das alles: den Wind, der über meine Wangen strich und mir das Haar aus dem Gesicht blies, und Lilys weit ausgreifenden Schritt. Ich hatte gehofft, Garvey hinter mir gelassen zu haben, doch schon im nächsten Moment überholte er mich.
Er zog die Zügel an und betrachtete mich von oben bis unten. »Sie sind âne richtig gute Reiterin, Miss. Das wird den Master freuen. Er mag selber auch ân schnellen Galopp.«
Wir standen am Waldrand. »Ich gehe jetzt da hinein«, sagte ich und wies auf die Bäume.
»Besser nich, Miss. Da sind tief hängende Zweige und Wurzeln, über die Ihr Pferd stolpern könnt. Wir wollen doch nich, dass âne hübsche Lady wie Sie ân Sturz macht. Von den Stahlfallen, die der Master wegen den Wilderern aufgestellt hat, will ich gar nich reden. Aber vom Hügel dort droben hat man ân richtig guten Blick. Man sieht meilenweit.«
Einen Augenblick überlegte ich, ob ich Garveys Warnung ignorieren und trotzdem in den Wald reiten sollte â er hatte diese Wirkung auf mich. Nur die Tatsache, dass seine Worte tatsächlich einen Sinn ergaben, hielt mich davon ab. Nie würde ich absichtlich etwas tun, das Lily Schaden zufügen könnte.
Wir ritten zu dem herrlichen Aussichtspunkt hinauf, von dem er gesprochen hatte. Der Nebel hatte sich aufgelöst, sodass ich über den Bäumen in der Ferne die Kirchturmspitzen von Chicataw sehen konnte. Ich erkannte die Kirche wieder; bei der Durchfahrt hatte ich sie zu meiner Lieblingskirche erkoren. Sie war aus gelbem Backstein und nebenan lag ein sonniger, friedlicher, mit Gänseblümchen gesprenkelter Kirchhof, auf dem, so war es mir vorgekommen, nur die Glücklichen ruhen konnten.
Aus irgendeinem Grund war ich froh, dass ich jetzt wusste, wo die Stadt lag.
Eine Stunde, bevor es Zeit war, mich zum Essen umzuziehen, kehrte ich zum Haus
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