So wie Kupfer und Gold
Leben schön macht, dass er verantwortungsbewusst ist und es zu etwas gebracht hat.« Sie kicherte. »Es zu sehr viel gebracht hat.«
»Nein, bitte hör mir zu. Er lässt mich nirgendwo hingehen und ich darf niemanden treffen. Sobald ich auch nur einen Fuà vor die Tür setze, folgt mir ein Diener auf Schritt und Tritt.«
»Das ist bei reichen Frauen so üblich. Er möchte nicht, dass dir ein Leid geschieht. Er liebt dich so sehr â er beschützt dich, und das ist auch richtig so.«
»Er erlaubt mir nicht einmal zur Kirche zu gehen.«
»Nun, ich muss zugeben, dass mich das von einem solchen Gentleman überrascht. Aber ich habe keinerlei Zweifel, dass ihn, wenn ihr erst verheiratet seid, die Liebe zum Guten bekehren wird.«
Anne erhob sich und ich half ihr beim Ãberziehen ihres Nachmittagskleides. Sie nahm meine Hände zwischen ihre. »Und jetzt bitte sag, was bedrückt dich noch?«
Ich entzog ihr sacht meine Finger und glättete ihre Röcke über der Krinoline. »Er ist jähzornig. Sein Zorn kocht dicht unter der Oberfläche und ich habe Angst, ihn zum Ausbruch zu bringen.«
»Er hat sehr viele Menschen unter sich. Da ist es nur natürlich, dass er ein klein wenig herrisch ist. Als seine Frau wirst du bald herausfinden, wie man einen solchen Mann freundlich und friedlich stimmen kann. Es wird dir Freude bereiten, in eurem Zuhause einen Hafen der Ruhe für ihn zu schaffen.«
Der Brief von Taras Tante fiel mir wieder ein, in dem diese ihr befohlen hatte, ihrem Ehemann mehr entgegenzukommen. Sollte ich M. Bernard heiraten, könnte auch meine eigene Schwester mir irgendwann einen solchen Brief schreiben. Ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte. Monatelang hatte ich auf dieses Gespräch gewartet. Ich hatte Anne mein Herz ausgeschüttet und sie hatte meine Sorgen nicht ernst genommen. Die Unterhaltung mit ihr war so ganz anders als die, die ich mit Anarchy geführt hatte. Anne lieà meine Bedenken nichtig erscheinen. Waren sie das vielleicht wirklich? M. Bernard hatte mir vorgeworfen, ich würde dramatisieren. Vielleicht war ich ja tatsächlich theatralisch. Es gab noch eine Facette meiner Situation, aber ich zögerte, sie zur Sprache zu bringen.
»Anne, ich habe einen jungen Mann kennengelernt â einen wundervollen jungen Mann, den ich sehr gern habe.« Ich ignorierte diskret die Winde, als sie sich hinkniete, um in ihrem Reisekoffer nach ihrer Schmuckschatulle zu kramen.
Im nächsten Moment stand sie wieder und wirbelte herum. »Du hast was? Wer ist er? Hast du nicht eben gesagt, Monsieur de Cressac lieÃe nicht zu, dass du jemanden kennenlernst?«
Ich konnte ihr nicht in die Augen schauen, deshalb zupfte ich an einem der Blumenarrangements herum. »Es stimmt, Monsieur Bernard erlaubt nicht, dass ich jemanden kennenlerne. Aber ich habe diesen jungen Mann getroffen, als ich ohne Begleitung im Wald spazieren ging. Ich hatte â ich hatte meine Zofe abgeschüttelt.«
»Und er hat dich angesprochen? Es zeugt von keiner guten Erziehung, sich einer jungen Frau so zu nähern.«
Ich drehte mich zu ihr um. »Nein. Mir ist klar, wie es klingt, aber so war es nicht. Mr Stone ist ein Gentleman aus gutem Haus â er ist Pastor, um genau zu sein. Und die Ungebührlichkeit unserer Treffen machte ihm schwer zu schaffen. Er würde mir ehrenhaft den Hof machen, wenn mein Patenonkel das erlauben würde.«
»Hast du mit Monsieur de Cressac über diese Sache gesprochen?«
»Nein. Das brauchte ich nicht. Ich wusste, dass er auÃer sich geraten würde vor Zorn.«
»Dann weià er also nichts davon, Gott sei Dank.« Annes Erleichterung war greifbar.
»Es mag ihm bewusst sein, dass ich meiner Aufpasserin hin und wieder entwische, aber er hätte es mich sicher wissen lassen, wenn er vermutete, dass ich mich mit einem Mann treffe. Doch es spielt keine Rolle mehr. Mr Stone kam nicht mehr und ich war lange Zeit sehr, sehr unglücklich. Aber ich habe gehofft, ich könnte mit euch nach Hause zurückgehen und Mr Stone dann schreiben. Vielleicht würde er â« Ich verstummte, als ich Annes mitleidige Miene sah.
Sie umfasste meine Taille und strich mir eine Locke aus der Stirn. »Liebes, du hast dich nicht unbedingt richtig verhalten, aber du weiÃt, dass ich dich trotzdem liebe. Du musst jetzt Folgendes tun: Du darfst nicht mehr an diesen Mr Stone denken.
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