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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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wiederkämen, würde sie mir zeigen, wie man das Boot steuert.« Die kleine Terrierhündin winselte; sie schien zu spüren, dass etwas ihr Herrchen bedrückte, und robbte ein Stück auf ihn zu. Der Junge ging in die Hocke, um sie zu streicheln, und blickte durch eine blonde Haarsträhne zu Babcock auf. »Darf ich jetzt meinen Vater anrufen? Sie machen sich bestimmt schon Sorgen um mich – ich habe ihnen nur einen Zettel hingelegt, dass ich mit Tess spazieren bin, und das ist schon ewig her.«
    »Wo wohnen deine Eltern?«, fragte Babcock. Er fragte sich, ob der Vater wohl mehr Informationen über das Opfer beisteuern könnte.
    »In London. Wir wohnen in London. Wir verbringen bloß
die Weihnachtsferien bei meinen Großeltern. Ich wollte vom Haus der Dame aus anrufen, aber mir ist die Telefonnummer nicht eingefallen, und mein Vater ist nicht an sein Handy gegangen.«
    »Ich fürchte, du musst noch einen Moment hierbleiben«, sagte Babcock. Er würde sicher noch die eine oder andere Frage an den Jungen haben, nachdem er das Opfer gesehen hatte, und sie würden seine Aussage zu Protokoll nehmen müssen. »Aber wir rufen deine Familie an, und dann kann dein Vater herkommen und mit dir warten. Wie heißen denn deine Großeltern?«
    »Hugh und Rosemary Kincaid.« Der Junge sprach die Namen nach kurzem Zögern betont deutlich aus, als seien sie ihm neu.
    Die Ähnlichkeit, über die Babcock während des ganzen Gesprächs gerätselt hatte, bekam auf einmal klarere Konturen. »Ach du liebe Zeit«, sagte er, als ihm der Zusammenhang dämmerte. »Du bist Duncans Sohn.«
     
    Gemma sah, wie Kincaid in dem Moment nach seiner Armbanduhr schielte, als sie zur Küchenuhr aufschaute. Sie hatten gerade ein mächtiges Frühstück mit Eiern, Würstchen, Tomaten und Toast verdrückt – nur gut, dass sie so etwas zu Hause nicht jeden Morgen essen musste, sonst hätte sie bald die Figur eines Wals und ihre Arterien die Konsistenz von Tran. Jetzt waren sie schon bei der zweiten Tasse Kaffee, aber von Kit und Tess war immer noch nichts zu sehen. Als sie aus ihrem Zimmer gekommen waren, hatten sie seinen Zettel auf dem Boden vor seiner Tür gefunden, aber sie wussten schließlich nicht, ob er erst ein paar Minuten vorher aufgebrochen war oder schon viel früher. Allmählich bedauerte sie, dass sie sich noch dieses lauschige Stündchen im Bett gegönnt hatten. Das warme Nachthemd, mit dem Kincaid sie am Abend so gnadenlos
aufgezogen hatte, war bald auf dem Boden gelandet. »Was ist, wenn jemand reinkommt?«, hatte sie zunächst protestiert, obwohl sie schon die kleinen Jungen gehört hatten, die wie zwei wild gewordene Elefanten die Treppe hinuntergepoltert waren.
    Kincaid hatte nur gelacht, seine Lippen ganz nah an ihrem Hals. »Na und? Meinst du, wir kriegen Ärger?« Er löste sich von ihr, betrachtete sie eingehend und fügte nachdenklich hinzu: »Außerdem mag ich es, wenn du rot wirst. Das ist nämlich eigentlich gar kein Rot, sondern ein ganz bezauberndes Pink, und es breitet sich von hier« – er berührte ihre Wange -»und hier« – er fuhr mit dem Finger über ihren Hals – »bis hierher aus.« Der Finger strich zart über ihr Schlüsselbein und umkreiste ihre Brüste. »Ich frage mich, wie tief es noch reicht. Soll ich mal nachschauen?« Seine Lippen folgten dem Weg, den sein Finger vorgezeichnet hatte, und es dauerte nicht lange, da hatte Gemma ihre Verlegenheit völlig vergessen.
    Hinterher hatte sie dagelegen, ihre Wange in seine Schulterbeuge geschmiegt, und seine warme Haut auf der ihren gespürt, während er ihr Haar streichelte. Die weißen Vorhänge waren immer heller geworden, bis die grünen Wände des Zimmers strahlten wie von innen erleuchtet. Sie mochte dieses Zimmer, das früher Juliet gehört hatte, dachte sie schläfrig. Sie mochte dieses Haus, mit seiner leicht verschlissenen, farbenfrohen Gemütlichkeit, und diese Familie, die sie und ihre unkonventionelle Beziehung mit ihrem Sohn ohne Einschränkung zu akzeptieren schien.
    Aber dieser Gedanke hatte sie an Juliets Probleme erinnert, an Lally und an das tote Baby in der Wand, und als dann der Kaffeeduft von unten heraufwehte, hatte eine unbestimmte Unruhe sie erfasst.
    »Wir hätten ihm eine Armbanduhr zu Weihnachten schenken
sollen«, meinte Kincaid, als sie in die Küche kamen. »Aber er will ja unbedingt eine, die alles kann außer singen und tanzen, also haben wir uns gedacht, wir warten damit noch bis zu seinem Geburtstag.« Er sah wieder auf seine eigene

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