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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Bildfläche verschwunden. Kann ich ihr auch irgendwie nicht verdenken, nach dem letzten Fall, bei dem ich mit ihr zu tun hatte.«
    »Üble Geschichte?«
    »Sie hatte ein Kind in eine Pflegefamilie gegeben. Die Eltern waren drogenabhängig, kamen einfach nicht von der Nadel los. Du kennst diese Geschichten. Und dann hat der Pflegevater das Kind getötet. Ich glaube, sie hat sich die Schuld dafür gegeben, aber es war das System.« Babcock zuckte mit den Achseln. »Manchmal kann man es einfach nicht richtig machen, egal, wie man es macht.«
    Kincaid wiederholte seine Frage von vorhin: »Was sollte deine Bemerkung über den Namen? Hieß sie denn nicht Lebow?«
    »Du bist vielleicht hartnäckig.« Babcock riskierte ein Lächeln. »Als ich sie kannte, hieß sie noch Constantine. Ich glaube, ihr Mann war Journalist, aber ich bin mir nicht sicher. Sie hat nie viel über ihr Privatleben geredet.« Was er nicht sagte, war, dass er sich zu ihr hingezogen gefühlt hatte. Nicht, dass sie ihn irgendwie ermutigt hätte oder dass er darauf eingegangen
wäre, wenn sie ihm die entsprechenden Signale gegeben hätte. Welche Ironie des Schicksals – damals hatte er ja nicht ahnen können, dass all die Jahre der ehelichen Treue für die Katz sein würden.
    Wieder wurde ihm ganz flau im Magen, als er die Leiche am Leinpfad mit der Frau, die er gekannt hatte, in Verbindung zu bringen suchte. Annie hatte das Leben mit einer Intensität angepackt, die für sie selbst und für andere nicht immer angenehm und zuweilen sogar schmerzhaft gewesen war – so viel glaubte er mit Sicherheit sagen zu können.
    »War sie denn geschieden?« Kincaids Frage holte Babcock schlagartig in die Gegenwart zurück.
    »Das dürfte wohl die Namensänderung erklären.« Babcock ließ den Blick durch die Kabine schweifen und zwang sich zur Konzentration. »Ist irgendetwas anders, als du es in Erinnerung hast?« Die dezente, moderne Einrichtung ließ den Raum größer erscheinen, als er war, und dennoch wirkte er warm und einladend. Fotos waren jedoch keine zu sehen. Vielleicht hatte sie Erinnerungsstücke und persönlichere Gegenstände in der Schlafkabine aufbewahrt.
    Kincaid schüttelte den Kopf. »Nichts, was mir auffiele. Es gibt jedenfalls keine offensichtlichen Hinweise auf einen Kampf oder einen Einbruch. Ich vermute, dass sie irgendwann gestern Abend gestört wurde – sonst hätte sie wohl noch aufgeräumt und gespült.« Er deutete auf das Weinglas. »Sie kam mir nicht wie eine Frau vor, die einfach alles stehen und liegen lässt.«
    »Nein.« Babcock ging weiter in die Kombüse. »Kein Geschirr, keine Essensreste – also hatte sie entweder schon alles gespült und weggeräumt, bevor sie sich mit ihrem Wein auf die Couch setzte, oder sie hatte noch nicht gegessen.« Er sah in den Schränken und im Kühlschrank nach und fand einen kleinen Vorrat an Grundnahrungsmitteln und ein reichlich
gefülltes Weinlager, sowohl Rote als auch Weiße. »Sie hat gerne mal ein Gläschen getrunken«, sagte er, während er die Etiketten studierte. »Und sie hat sich nicht mit dem erstbesten Fusel begnügt. So was hier kriegt man nicht im Bootshafen um die Ecke zu kaufen.«
    »Eine Weinkennerin? Oder eine Erleichterungstrinkerin?«, rätselte Kincaid.
    Babcock fiel auf, dass es keinen Fernseher gab. Wenn er sich so vorstellte, wie Annie an den langen Winterabenden in ihrem Boot gesessen hatte, vollkommen abgeschottet von der Welt, hätte er es nicht weiter verwunderlich gefunden, wenn aus einem Glas Wein auch mal drei oder vier geworden wären. »Wieso dieser isolierte Liegeplatz?«, fragte er, als er den Gang betrat, der zum Heck führte. »Du sagtest, sie hatte oberhalb von Barbridge festgemacht, als du sie getroffen hast? Wenn sie da geblieben wäre …«
    »Du meinst, sie war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort?« Kincaid schüttelte den Kopf. »Angesichts der fehlenden Hinweise auf Einbruch, Vandalismus oder einen Sexualmord kommt mir die These vom Zufallsopfer eher unwahrscheinlich vor. Und auch auf dem Middlewich hatte weit und breit kein anderes Boot festgemacht.«
    »Wenn ihr also jemand auflauern wollte, hätte er es dort genauso gut tun können?«
    »Es ist noch zu früh für Spekulationen in der einen oder anderen Richtung.«
    Babcock pflichtete ihm bei und ging weiter zur Schlafkabine. Sie war ebenso sauber und aufgeräumt wie der Salon und verriet ebenso wenig über die Bewohnerin. Die einzigen Fotos waren Schwarzweißaufnahmen alter Kanalboote. Das

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