Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
Vom Netzwerk:
entsetzlich, aber niemand würde doch auf die Idee kommen, Sie mit dieser Tat in Verbindung zu bringen.«
    Er rieb sich mit dem Handrücken über das unrasierte Kinn. »Woher wollen Sie das wissen? Ich … Als sie zu uns aufs Boot kam an Heiligabend, da ist es ein bisschen laut geworden.«
    »Laut?«
    »Wir haben gestritten. Es war Rowan, die unbedingt wollte, dass sie an Bord kam. Ich hatte ihr gesagt, dass wir nichts mit ihr zu tun haben wollen, dass sie uns in Frieden lassen soll. Warum kommt sie nach so langer Zeit plötzlich daher und mischt sich in unser Leben ein?«
    »Sie wollte Ihnen doch nur helfen.«

    »Und was haben wir jetzt davon?«, fauchte er sie an, doch sie hörte die Verzweiflung in seiner Stimme.
    »Sie haben immerhin mich«, sagte Althea mit einer Überzeugung, die sie nicht unbedingt empfand. Doch den Gedanken, dass dieser Mann Annie Constantine so etwas Schreckliches angetan haben könnte, verwarf sie ebenso schnell, wie er ihr gekommen war. Sie hätte schwören können, dass die Nachricht von ihrem Tod ihn tief getroffen hatte.
    Dann begannen Zweifel an ihr zu nagen. War es denkbar, dass er ein zweites Mal mit Annie in Streit geraten war, dass er im Affekt auf sie eingeschlagen und sie anschließend liegen gelassen hatte, ohne zu ahnen, wie schwer sie verletzt war?
    »Gabriel, haben Sie Annie Constantine gestern Abend gesehen?«
    »Nein. Ich hab die Frau nicht mehr zu Gesicht bekommen, seit Sie beide gestern das Boot verlassen haben.«
    »Dann haben Sie auch nichts zu befürchten«, sagte sie.
    Er wandte sich ab und unterdrückte ein bitteres Lachen. »Schön wär’s.« Das Boot schaukelte leicht unter den Schritten der Kinder, die an Deck umhergingen. »Ich sag’s Ihnen, wir müssen hier weg. Die Kinder … wir können es nicht riskieren, länger zu bleiben.«
    Althea dachte nach, ging rasch im Kopf die Möglichkeiten durch. Er könnte ein Stück weiterfahren, und sie könnten sich an einem vorher vereinbarten Liegeplatz treffen, um den Sauerstoffbehälter auszutauschen – aber nein. Sie schüttelte den Kopf über ihre eigene Dummheit.
    »Hat irgendjemand Ihren Streit mit Annie mitbekommen?«, fragte sie.
    »Ganz Barbridge vermutlich.«
    »Dann können Sie nicht einfach verschwinden. Begreifen Sie denn nicht? Die Polizei wird jeden in der Umgebung vernehmen. Irgendjemand wird bestimmt zu Protokoll geben,
dass er gehört hat, wie Sie beide sich angebrüllt haben, und die Polizei wird Ihre Flucht als Schuldeingeständnis werten. Es wird nicht lange dauern, bis sie Sie schnappen – das Kanalnetz ist schließlich nicht unendlich. Sie müssen sich anders aus der Affäre ziehen.«
    »Aber was soll ich denn sagen?«
    Hätte Althea noch eine Bestätigung gebraucht, dann hätte diese Frage sie ihr geliefert, die nur ein grundehrlicher Mann stellen konnte; ein Mann, der nicht einmal eine Notlüge zustande brachte. »Sagen Sie ihnen, es war ein Streit unter Bootsleuten. Sagen Sie, sie hätte ihr Boot schlecht vertäut und Ihnen eine Schramme verpasst. Es wäre nicht dass erste Mal, dass wegen so was die Fetzen fliegen.«
    Gabriel nickte zustimmend. »War irgendjemand nahe genug, um hören zu können, dass es um etwas anderes ging?«
    »Nein, das glaube ich nicht.«
    »Dann werden sie die Sache vielleicht nicht weiter verfolgen. Und geben Sie ja nicht von sich aus zu, dass Sie sie gekannt haben.« Noch während sie sprach, fragte sich Althea, was eigentlich in sie gefahren war. Sie, die den größten Teil ihres Lebens damit verbracht hatte, der Polizei zu helfen.
     
    »Ich hole Sams Sachen, wenn du die für Lally einpackst«, sagte Juliet zu Gemma, als sie die Treppe zum ersten Stock hinaufgingen.
    Das Haus schien geradezu unheimlich still und abweisend, und Gemma dachte, dass Juliets Nervosität wohl auf sie abgefärbt haben musste. Sie hatten sich vergewissert, dass Caspars Wagen weder vor dem Haus noch vor dem Büro stand, bevor sie hineingegangen waren, und auch dann noch waren sie eine Weile im Flur stehen geblieben, um zu horchen, ehe sie einen raschen Blick in die unteren Zimmer geworfen hatten.

    Doch dann schalt Gemma sich für ihre überbordende Fantasie und fragte so munter wie möglich: »Was für Sachen soll ich denn einstecken?«
    Wäre es denn so schlimm, wenn Caspar Newcombe plötzlich nach Hause käme?, fragte sie sich. Juliet hatte doch wohl das Recht, hier zu sein und sich die persönlichen Dinge zu nehmen, die sie brauchte.
    Aber leider hatte Gemma schon zu oft mit eigenen Augen

Weitere Kostenlose Bücher