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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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steht Toby .« Mit seinen fünf Jahren war er unheimlich stolz auf seine rudimentären Lesekenntnisse.
    Als Kit näher trat, erblickte er seinen eigenen Namen neben dem Tobys; die beiden anderen Strümpfe waren mit Sam und Lally beschriftet.
    »Oma wollte nicht, dass ihr euch ausgeschlossen fühlt«, ließ
Lally sie wissen – mit dem Effekt, dass Kit sich noch unbehaglicher fühlte. Nichts war ihm unangenehmer, als mit der Nase darauf gestoßen zu werden, dass er nicht dazugehörte, und deswegen bemitleidet werden wollte er auch nicht.
    Nachdem er nicht mehr im Mittelpunkt stand, war Sam von seinem Geschenkehaufen aufgestanden und hopste nun ungeduldig herum. »Kommt, ich zeig euch meinen Gameboy«, kommandierte er. »Er ist oben. Mein Papa hat ihn mir zum Geburtstag geschenkt.«
    »Kit will deinen Gameboy nicht sehen«, erteilte ihm Lally eine kategorische Abfuhr. »Nimm Toby mit.«
    Sam zögerte. Seine Miene spiegelte seinen inneren Kampf deutlich wider. Er wollte bei Toby mit seinem Spielzeug angeben, aber sich von seiner Schwester herumkommandieren lassen wollte er auch nicht. Der Besitzerstolz trug den Sieg davon. »Okay. Aber wir sind gleich wieder da. Komm, Toby.«
    Kit stockte der Atem vor Panik, als die Tür sich hinter den Jungen schloss. Was sollte er denn bloß mit Lally reden, wenn sie allein waren? Doch seine Sorge erwies sich als überflüssig.
    »Ich weiß, wo Oma den Sherry aufbewahrt«, verkündete Lally. »Wir können uns einen kleinen Schluck genehmigen, aber nicht zu viel, sonst merkt sie, dass was fehlt.«
    »Sherry?« Kit verzog das Gesicht. Er hatte einmal bei Gemmas Freundin Erika nippen dürfen. »Das Zeug ist doch eklig. Schmeckt wie Hustensaft. Wieso willst du so ein Zeug trinken?«
    »Egal, Hauptsache, es dröhnt, oder nicht?« Sie glitt von ihrem Polsterhocker und öffnete einen Schrank in der Nähe des Kamins. »Opa versteckt hier auch seinen Whisky, aber der ist echt teuer, und er sagt, er kontrolliert immer, ob auch nichts verdunstet ist.«
    Kit starrte ihren Rücken an, als sie sich nach einer Flasche reckte. Konnte das wirklich ein Tattoo sein, was da auf dem
nackten Stück Haut zwischen ihrem T-Shirt und dem Saum ihrer Jeans zum Vorschein kam? Schon drehte sie sich wieder zu ihm um, die Flasche in der Hand, und er schlug rasch die Augen nieder.
    Lally entkorkte die Flasche und nahm einen Schluck, aber ihm fiel auf, dass es nur ein sehr kleiner war und sie Mühe hatte, nicht das Gesicht zu verziehen. »Bist du sicher, dass du keinen magst?«, fragte sie und hielt ihm die Flasche hin.
    Errötend schüttelte Kit den Kopf. Würde sie ihn jetzt für ein Weichei halten?
    »Erzähl mir doch nicht, dass du daheim nie an die Bar deiner Eltern gehst!« Lally wischte den Flaschenhals mit dem Saum ihres T-Shirts ab und verschloss die Flasche.
    »Die haben nie viel Alkohol im Haus«, antwortete Kit ausweichend. Duncan hatte meistens eine Flasche Whisky in seinem Arbeitszimmer, und im Kühlschrank fand sich oft eine Flasche Wein und ein wenig Bier, aber er würde eher sterben, als zuzugeben, dass er nie auf die Idee gekommen war, heimlich davon zu trinken. Im Übrigen hatte Duncan ihn einmal einen Schluck mit Wasser verdünnten Wein probieren lassen, als sie Gäste zum Abendessen hatten, und der hatte ihm nicht besonders geschmeckt.
    »Du musst einen Sinn für die edleren Dinge im Leben entwickeln«, sagte Lally, während sie zu ihrem Polsterhocker zurückging. Kit hatte das Gefühl, dass sie etwas nachbetete, was sie schon oft gehört hatte. Sie setzte sich, zog die Knie hoch bis unters Kinn und musterte ihn.
    Kit kam sich vor wie ein Insekt, das sie unters Mikroskop gelegt hatte, um es zu sezieren. Er wand sich und suchte verzweifelt nach irgendetwas, ganz gleich was, womit er ihr imponieren könnte.
    Die Frage, mit der Lally ihn von seinen Qualen erlöste, verwirrte ihn nur noch mehr. »Streiten deine Eltern oft?«

    »Ich … na ja, manchmal schon.« Wusste Lally, dass Gemma nicht seine richtige Mutter war, dass seine Mutter gestorben war? Wenn nicht, würde sie es von ihm nicht erfahren.
    Er dachte an das gespannte Schweigen, das manchmal zwischen Duncan und Gemma herrschte, seit Gemma das Baby verloren hatte, und ihm wurde plötzlich kalt ums Herz. Auch darüber wollte er nicht reden.
    »Meine Mama und mein Papa streiten sich ständig«, fuhr Lally fort, als hätte sie gar keine Antwort erwartet. »Sie meinen immer, wir hören sie nicht, aber wir hören sie doch. Deswegen ist Sam so

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