So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)
deinem Viertel weiß, wo sie wohnt. Obwohl deine Schicht noch eine Stunde dauert, springst du auf dein Fahrrad und trittst in die Pedale.
Vorsichtig kletterst du außen an ihrem Gebäude hinauf, von Wand zu Fenstersims zu Vorsprung, versuchst, nicht gesehen zu werden. Als du oben ankommst, sagt sie nichts, und auch du schweigst, wie du es von euren vielen stummen Begegnungen gewohnt bist. Sie zieht dich aus und legt dich mit dem Rücken aufs Dach, dann zieht sie auch sich aus. Du siehst ihren Nabel, ihre Rippen, ihre Brüste, ihre Schlüsselbeine. Du siehst zu, wie sie ihren Körper entblößt, betrachtest schockiert ihre Nacktheit. Ein Schenkel spannt sich an, als sie sich hinkniet. Ihr Busch streicht über deinen Bauch. Sie besteigt dich, und du liegst still da, die Arme starr an den Seiten. Sie reitet dich langsam. Über ihr siehst du die Lichter eines kreisenden Flugzeugs, zwei Sterne, die es schaffen, die verschmutzte Luft der Stadt zu durchbrennen, Linien von Stromkabeln, schwarz vor dem leuchtenden Nachthimmel. Sie schaut dir ins Gesicht, und du erwiderst den Blick, bis der Druck so stark wird, dass ihr beide wegschauen müsst. Sie zieht sich zurück, bevor du ejakulierst, und macht es dir dann mit der Hand.
Nachdem sie sich angezogen hat, sagt sie mit einem matten Lächeln: »Ich gehe weg.«
Sie verschwindet die Treppe hinunter. Du hast sie nicht geküsst. Du hast nicht einmal etwas gesagt.
Am nächsten Tag ist sie fort. Das weißt du schon, bevor du ihr auf deinem Weg zur Arbeit nicht mehr begegnest, und rasch macht im Viertel die Runde, dass sie ihre Ehre weggeworfen hat und mit ihrem Entjungferer weggelaufen ist. Du bist außer dir. Du gehörst zu den Männern, die die Liebe durch den Penis entdecken. Du glaubst, die erste Frau, mit der du schläfst, sollte auch die letzte sein. Zum Glück für dich, für deine finanziellen Aussichten, sieht sie in ihrem zweiten Mann den zwischen ihrem ersten und ihrem dritten.
Es gibt Zeiten, da vermögen die Ströme, die zum Reichtum führen, dich mitzureißen, auch wenn du in die entgegengesetzte Richtung trittst oder paddelst.
Eines Abends nennt deine Mutter das hübsche Mädchen eine Schlampe. Du bist so wütend, dass du den Raum verlässt, ohne dein Ei aufzuessen, und nicht hörst, dass in dem ansonsten vernichtenden Ton deiner Mutter auch ein Hauch Sehnsucht und vielleicht sogar Bewunderung liegt.
4
MEIDE IDEALISTEN
Gewiss doch sind Ideale, indem sie die armseligen Menschen transzendieren und stattdessen in riesigen abstrakten Konzepten einen Sinn verwahren, allein schon ihrer Natur nach anti-selbst? Daraus folgt, dass jedes Selbsthilfebuch, das für die Treue zu einem Ideal eintritt, wahrscheinlich Schwindel ist. Ja, es gibt zahlreiche solcher Selbsthilfebücher, und ja, es ist möglich, dass einige dieser Bücher einem Selbst tatsächlich helfen, doch in den meisten Fällen ist das Selbst, dem sie helfen, nicht das deine, sondern das des Autors. Du tust also gut daran, dich davon fernzuhalten, zumal dann, wenn stinkreich zu werden auf deiner Prioritätenliste ganz oben steht.
Was für Selbsthilfebücher gilt, gilt ebenso und zwangsläufig für Menschen. So wie man Selbsthilfebücher, die mit Idealismen um sich werfen, am besten meidet, sollte auch um Menschen, die dies tun, ein großer Bogen gemacht werden. Diese Idealisten sammeln sich gern um Universitäten herum. Dort treffen sie auf eine zugängliche Umgebung aus jungen, leicht zu beeindruckenden, unzufriedenen und ehrgeizigen Individuen, Individuen also, die, wären sie Legenden aus alter Zeit statt noch picklige und mit mangelhafter Körperpflege glänzende Männer und Frauen im heutigen Asien, ausziehen würden, um Drachen zu töten und über Dschinns zu triumphieren, mit anderen Worten Individuen, die dem Begriff Trottel leibhaftige Form verleihen.
Du hast dich, was vielleicht zu erwarten war, nun doch den universitären Idealisten angeschlossen. Im Moment sitzt du auf einem schmalen, klumpigen Bett in einem Wohnheim, das gänzlich von Mitgliedern deiner Organisation vereinnahmt ist, ganz wie ein Häuserblock von einer Gang. Dein Wohnheimleiter packt, während du sprichst. Er ist ein fülliger Mann, ebenso groß wie breit, mit üppigen Gesichtshaaren, die vorzeitig ergraut sind, und den abgeflachten Zügen eines Boxers.
»Wo?«, fragt er dich.
»Hinterm Weltraumforschungsbau.«
»Wie viele?«
»Vier. Erstsemester, glaube ich.«
»Und bist du sicher, dass es Hasch war?«
»Ganz
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