So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)
sicher.«
»Die nehmen wir uns vor, wenn ich wieder da bin.«
Von euch beiden tropft der Schweiß. Der Strom ist weg, und eines Ventilators beraubt, brütet der normalerweise stickige Raum in der Hitze wie ein mit Holzkohle betriebener Tonofen. Alles ist voller Moskitos, sie sind durch das nicht reparierte Fliegengitter hereingeflogen, das die Fenster jetzt nur teilweise bedeckt. Du schlägst eine tot, die sich gerade an deinem Unterarm gütlich tut, während der Wohnheimleiter eine Pistole in seinen Matchsack steckt und ihn schließt.
Dein Vater hat darauf bestanden, dass du deine weiterführende Schule abschließt, auch wenn es dich Mühe kostete, nach den Nächten, in denen du DVDs ausgeliefert hast, morgens wach zu werden. Er hat erkannt, dass Männlichkeit in der Stadt mit Bildung zu tun hat. So stämmig er auch ist, hat dein Vater doch sein ganzes Arbeitsleben im Dienst von Arbeitgebern verbracht, die er, wäre die Welt ein Festival des unbewaffneten Banditentums, in wenigen schnellen Minuten verprügelt, gefesselt und um ihre Habe erleichtert hätte. Er hat begriffen, dass seine Arbeitgeber von zwei Dingen profitieren, die er nicht hat, höhere Schulbildung und zügellose Vetternwirtschaft. Außerstande, seinen Kindern Letzteres mitzugeben, tat er alles, um sicherzustellen, dass wenigstens einer von euch Ersteres erlangte.
Doch die Universität ist für einen jungen Mann mit einer Herkunft wie der deinen kein leichtes Unterfangen. Vetternwirtschaft beschränkt sich nicht darauf, in ihrer krudesten Form herumzuschwadronieren und »gebt meinem Sohn, was er will« zu fordern. Sie nimmt häufig eine raffiniertere Gestalt an, Kleidung beispielsweise oder einen Akzent. Trotz deiner vorigen schulischen Ergebnisse und deiner Vertrautheit mit einer breiten Vielfalt persönlicher Stile und Affektiertheiten vom Film her ließ sich die Tatsache, dass du der Sohn eines Hausangestellten warst, doch nicht verbergen. Einladungen zu einer Soiree erwarteten dich nicht, auch keine Fahrten in schimmernden neuen Autos. Nicht einmal eine Zigarette zusammen mit einem halben Dutzend alter Freunde auf den Stufen der Universität, denn keiner von deiner Schule hat hier Zugang erhalten, nur du.
Mag sie auch staatlich bezuschusst sein, ist deine Universität doch bestens auf Geld eingestellt. Eine kleine Zahlung, und die Examensaufsicht sieht bereitwillig über nachbarliches Betrügen hinweg. Ist es mehr, kann sich jemand anderes auf deinen Platz setzen und deine Arbeit schreiben. Ist es noch mehr, dann ist gar nichts Schriftliches erforderlich, und aus leeren Prüfungsbögen werden wie durch ein Wunder erstklassige Ergebnisse.
Nun hast du dir also einen Bart wachsen lassen und bist einer Organisation beigetreten. Als du von dem Treffen mit deinem Wohnheimleiter wegeilst, weichen andere Studenten deinem Blick aus. Keine neugierigen Blicke grüßen deine Erscheinung und die deines Fahrrads, ungewöhnlich auf einem Campus, wo nahezu jeder ohne privates Motorfahrzeug den Bus nimmt. Die Hitze der Stadt und ihre Ausdehnung haben dazu beigetragen, Pedalkraft bei Universitätstypen in Misskredit zu bringen. Aber du bist es von deinem ehemaligen Job gewöhnt, und du schätzt die körperliche Anstrengung.
Du nimmst, verglichen mit den meisten deiner Kommilitonen, deine Studien ernst. Auch bist du stabiler und weniger ängstlich und daher in einer Schlägerei besser als die meisten. Viele der Anführer deiner Organisation sind Ende dreißig und offenbar schon so lange Studenten, wie du am Leben bist. Du hast nicht die Absicht, ihrem Beispiel zu folgen. Aber du genießt die Nervosität, die dein Anblick nun bei reicheren Studenten und korrupten Verwaltungsbeamten auslöst.
Deine Organisation ist, wie alle Organisationen, ein Wirtschaftsunternehmen. Das Produkt, das sie verkauft, ist Macht. An deiner Universität studieren rund dreißigtausend Menschen. Zusammen mit denen anderer Einrichtungen in der ganzen Stadt könnten diese jungen Leute ernstzunehmende Massen auf die Straße bringen, eine Demonstration der Macht, vor der ungewollte Gesetze, politische Programme und Reden zittern müssen. Politische Parteien möchten dies mit Campusablegern wie deinem vor den eigenen Karren spannen.
Für deine Mitgliedschaft erhältst du ein monatliches Stipendium, Essen und Kleidung sowie ein Bett im Wohnheim. Auch Schutz erhältst du. Nicht nur vor anderen Studenten, sondern auch vor Vertretern der Universität, Außenstehenden oder sogar vor der
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