So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)
und fragt, was du willst.
»Ich möchte hinein«, sagst du.
»Du? Warum?«
»Ich bin zum Essen verabredet.«
»Ach ja?«
Er ruft seinen Vorgesetzten her. Du siehst die Rücklichter eines schnittigen, schimmernden Streitwagens, der sich den Weg durch die Kontrollposten bahnt und vielleicht einen Senator, einen Tribun oder Zenturio befördert, rot aufleuchten. Der Vorgesetzte sagt dir, du sollst umkehren. Er ist jünger als du, kleiner als du und schmaler als du. Doch du unterdrückst deinen Stolz, zumal du ja auch von Maschinenpistolen umgeben bist, und flehst ihn an. Nach einem Anruf bei dem hübschen Mädchen und einer sorgfältigen Untersuchung deines winzigen Arbeitspferdes gestattet man dir zähneknirschend die Weiterfahrt, aber nur bis zum zweiten Parkplatz im hinteren Bereich, von wo aus du zu Fuß weitermusst.
Es heißt, in diesem Hotel schwämmen ausländische Frauen öffentlich nahezu im Zustand der Nacktheit und schicke Bars schenkten importierten Alkohol aus. Von derlei Dingen siehst du nichts, vielleicht, weil du in der Lobby stehenbleibst, vielleicht auch, weil du dich in deiner Aufgeregtheit auf die Suche nach dem hübschen Mädchen konzentrierst. Da kommt sie auf dich zu, groß auf hohen Stöckeln, sie lächelt cool, die Haare fast so kurz wie deine.
Sie ist auf Besuch in deiner Stadt, nachdem sie mehrere Jahre zuvor in eine noch größere Metropole an der Küste gezogen ist. Ihre Modelkarriere hat jetzt ein Plateau erreicht, vielleicht ist auch Gipfel das bessere Wort, denn auch wenn die Honorare, die sie verlangt, weiterhin gut sind, werden ihre Engagements doch rapide weniger. Daher versucht sie sich an einem Wechsel zum Fernsehen und ist eine kleine Schauspielerin geworden, klein deshalb, weil sie schlecht spielt, sodass sie vor allem Nebenrollen in Dramen oder Komödien bekommt. Normalerweise könnte sie privat nicht in diesem Hotel wohnen, aber nach dem Bombenattentat war es so schlecht belegt, dass sie einen Rabatt von fünfzig Prozent erhalten hat.
Sie gibt dir einen Kuss auf die Wange und betrachtet dich genau, als sie dich ins Restaurant führt. Ja, ihr fällt auf, dass du dich in deiner neu erworbenen und überspannten Kleidung unwohl fühlst, gleichzeitig aber auch, dass du dich nicht mehr unwohl in deiner Haut fühlst, dass du etwas Reiferes hast, ein gewisses Selbstbewusstsein, gar Überlegenheit, die du außer einigen Pfunden und einem Tupfer Grau hier und da angenommen hast. Du erscheinst ihr als richtiger Mann, nicht als Junge, wobei deine Augen sich, wie ihr angenehm auffällt, ihre Lebhaftigkeit bewahrt haben, was, wie sie natürlich nicht wissen kann, auch wenn sie es vermutet, viel damit zu tun hat, dass du gerade in ihrer Gegenwart bist.
Ihr werdet vom Oberkellner platziert, der sie erkennt und einen Tisch auswählt, der vorgeblich abseits liegt, dabei aber sicherstellt, dass sie allseits gesehen wird. Er wird vom hübschen Mädchen mit einem Nicken belohnt, worauf er persönlich eure Servietten auseinanderfaltet, ihr die ihre mit einer leichten Verbeugung reicht, sich aber nicht, wie bei dir, gestattet, sie ihr auf den Schoß zu legen.
»Du siehst gut aus«, sagt sie zu dir.
»Du auch.«
Das stimmt allerdings. Wie bei der Sonne hast du es immer schwierig gefunden, sie direkt anzusehen, heute Abend beherrschst du aber deine Regung, wegzusehen, und bemühst dich vielmehr, auf dem bröckligen Grat zwischen Anstarren und Ausweichen zu balancieren. Was du siehst, ist eine Frau, die von den Jahren wenig verändert wurde, was natürlich nicht der Fall ist, da eure erste Begegnung ja vor einer halben Spanne eurer beider Lebenszeit stattgefunden hat, vielmehr weil dein Bild von ihr nicht völlig von der realen Körperlichkeit bestimmt ist.
Heute Abend trägt sie ein gelbes Top mit Spaghettiträgern, das ihre Schlüsselbeine und die knochige Einbuchtung ihres Brustbeins betont, dazu einen einzelnen Armreif aus poliertem Mahagoni. Ein Tuch liegt über dem Rand ihrer Tasche, und sie greift darunter, um eine Flasche Rotwein hervorzuholen, die sie mit dem Geräusch eines knackenden Zweigs öffnet. Du erkennst eine leichte Unsicherheit in ihrer Miene, dann ist sie verflogen.
»Warst du hier schon mal?«, fragt sie.
»Nein, das ist das erste Mal.«
Sie lächelt. »Und?«
»Es ist unglaublich.«
»Ich kann mich noch an mein erstes Mal erinnern. Die Messer waren so schwer, dass ich dachte, sie sind aus Silber. Ich habe eines gestohlen.«
»Und sind sie wirklich aus
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