So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)
früher als elf zu erscheinen oder viel länger als drei zu bleiben, und das auf Partys gern auch mal Teeniemädchen in seiner europäischen Powerlimousine abschleppt und hemmungslos weint, wenn es betrunken ist.
Nackt liegt sie neben dir, auf dem Teppich ein benutztes Kondom, in der Hand eine brennende Zigarette, und streichelt dir, der du döst, zärtlich über die Haare. Allerdings darfst du nicht die Nacht über bei ihr bleiben. Du fragst, wann du sie das nächste Mal siehst, und sie ist nicht unehrlich, denn sie sagt, sie weiß es nicht, aber auf deine geäußerte Hoffnung, es möge bald sein, antwortet sie nichts. Hinterher liegt sie allein im Bett und ruft sich das tröstliche Gefühl eurer aneinandergepressten Körper zurück. Sie stellt sich vor, wie eine Beziehung mit dir sein könnte, ob du überhaupt mit ihren Kolleginnen und Bekannten in der großen Stadt am Meer zurechtkämest. Auch überlegt sie, indem sie mit geschlossenen Augen inhaliert, das Knistern von Papier und Tabak ein Laut wie grabende Termiten, ob wohl jemals der Tag kommen wird, an dem sie die Vorstellung, sich permanent an einen Mann zu binden, nicht abstoßend findet.
Du fährst aufgewühlt weg, glücklich und angstvoll zugleich. Aber am folgenden Wochenende, als du mit deinen Neffen in den Zoo gehst, hat die Furcht die Überhand gewonnen. Sie sehnen sich nach dem monatlichen Ausflug mit ihrem erfolgreichen Onkel, nach der Fahrt in seinem Pick-up und den Süßigkeiten, die du ihnen schenkst, und dieses Mal ist auch deine Sehnsucht nach ihnen besonders stark. Du hast einen Kloß im Hals, als du sie abholst, daher redest du wenig, lässt sie untereinander schwatzen. Doch angesichts der eingesperrten Bären und Tiger entspannst du dich, und als es dann Zeit für ihren Kamelritt wird, kannst du schon wieder normal sprechen.
Dein Bruder bedankt sich für ihre Rückkehr mit einem Händedruck, auch, wortlos, für die Rolle Geldscheine, die in deiner Hand verborgen ist. Anfangs hat es ihn noch beschämt, von seinem jüngeren Bruder Hilfe anzunehmen, jetzt aber nicht mehr so sehr, und er besteht auch nicht mehr darauf, dir immer wieder aufs Neue die Geschichten von seinen Schwierigkeiten als Vater angesichts galoppierender Preise zu erzählen, auch wenn diese Geschichten bedrückend und wahr bleiben.
Stattdessen bittet er dich auf sein Dach und erkundigt sich nach dir, zündet einen Joint an und saugt eine Reihe flacher Züge in seine dürre Brust. Der Abendhimmel ist orange, schwer vom Schwebstaub Tausender und Abertausender von Baustellen, wo fruchtbare Erde von Schaufeln ausgegraben, von der Sonne getrocknet und vom Wind verstreut wird. Wie immer ermuntert dein Bruder dich zu heiraten, womit er eine fortwährende Großzügigkeit zum Ausdruck bringt, denn hättest du eine eigene Familie, würde das sehr wahrscheinlich deine Fähigkeit, zum Wohlergehen der seinen beizutragen, mindern.
»Meine Zeit ist ganz von meinem Geschäft ausgefüllt«, sagst du. »Ich komme gut allein zurecht.«
»Kein Mensch kommt gut allein zurecht.«
Euer Gespräch wechselt zu eurer Schwester, die er unlängst bei einem Besuch im Dorf gesehen hat und die er als alternd beschreibt, was dich nicht schockiert, obwohl sie nur wenige Jahre älter ist als du. Dir ist der Tribut, den ein Leben auf dem Land vom Körper fordert, wohl bewusst. Er sagt, sie klage oft, aber zum Glück habe ihr Mann eine Heidenangst vor ihr, daher sei ihre Lage gar nicht so schlecht. Allerdings könne sie ein paar Backsteine gebrauchen, da der Schlamm, den sie um ihren Hof herum aufgeschichtet habe, ständig weggeschwemmt werde. Du sagst, du wolltest dich darum kümmern.
Wochen vergehen, und das hübsche Mädchen ruft nicht an. Du bist überrascht und auch wieder nicht – nicht, weil das natürlich vorauszusehen war, und überrascht, weil du dir die Hoffnung gestattet hattest, es möge anders sein. Inzwischen hast du gelernt, dass sie sich irgendwann schon melden wird, aber du hast aufgegeben zu raten, wann das wohl sein könnte.
In dieser Zeit fällst du eine wichtige Entscheidung. Du hast einige Ersparnisse gemacht, Ersparnisse, mit denen du eigentlich ein Bewohnerzertifikat für deine Immobilie kaufen wolltest, keinen richtigen Besitztitel natürlich, da der viel zu teuer wäre, aber doch das Recht, für eine bestimmte Anzahl von Jahren mietfrei in deiner Wohnung zu wohnen, wonach dein Vermieter dir die Kreditsumme zurückzahlen muss. Ein solches Arrangement ist in deiner Stadt für
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