So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)

Leute in bescheidenen Verhältnissen ein hohes Ziel, denn es bietet eine für die Dauer des Zertifikats zeitlich begrenzte Sicherheit, vergleichbar mit der des Eigentümers.
    In der Welt der Köche, Botenjungen und kleinen Vertreter, der Welt, der du angehört hast, gilt ein Bewohnerzertifikat als Rastplatz auf der andauernden Tretmühle des Lebens. Du dagegen bist jetzt ein Mann, der für sich selbst arbeitet, ein Unternehmer, und eines dunstigen Nachmittags fällt dir, als du am Stadtrand eine Straße entlangfährst, ein kleines, zu mietendes Grundstück ins Auge, der traurige Rest eines ehemals größeren Bauernhofs, im Augenblick nicht mehr als ein halb verfallener Schuppen und ein rostiger, aber bei näherem Hinsehen noch funktionsfähiger Rammbrunnen, und da fällt dir ein, dass du mit deinem angesparten Geld doch hierherziehen und deinen Tafelwasserbetrieb erweitern könntest.
    Ein solches Vorgehen wäre natürlich riskant, du hättest dann keine Ersparnisse mehr und, sollte dein Geschäft scheitern, keine Garantie eines Dachs über dem Kopf. Doch Risiko birgt das Potenzial für Gewinn, und außerdem hast du deinen Traum vom Eigenheim als das erkannt, was er ist, eine Illusion, es sei denn, es wird vollständig mit hartem Bargeld finanziert.
    In der Nacht, nachdem du den Mietvertrag unterschrieben hast, liegst du allein auf der Pritsche, auf der einst deine Eltern geschlafen haben, und wartest darauf, dass die Erschöpfung dich in die Bewusstlosigkeit drückt. Neben dir liegt dein nicht klingelndes Telefon. Du siehst dir eine um die andere dieser allgegenwärtigen, hyperstreitsüchtigen Talkshows an, die deinen Bildschirm füllen, und du erkennst, dass sie in ihrem Furor die Politik zu einem Spiel machen, die öffentliche Aufmerksamkeit ablenken, statt sie zu fokussieren. Aber das passt dir perfekt. Denn genau das willst du ja, Ablenkung.

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    SCHEUE NICHT VOR GEWALT ZURÜCK
    So unangenehm es auch sein mag, ist es doch in einem solchen Selbsthilfebuch unausweichlich, früher oder später das Thema Gewalt anzuschneiden. Stinkreich zu werden erfordert ein gewisses Maß an Unzimperlichkeit, sei es im boomenden Asien oder irgendwo sonst. Denn Reichtum kommt von Kapital, Kapital kommt von Arbeit, und Arbeit kommt vom Gleichgewicht, von aufgenommenen Kalorien, die verbrauchte Kalorien jagen, von einer inhärenten, eingebauten Schlankheit, der Schlankheit biologischer Maschinen, die du dir mit einiger Kraft gefügig machen musst, willst du deinen finanziellen Gürtel lockern und, seufzend, erweitern.
    Im Moment ringeln sich über einem Einkaufsboulevard Rauch- und Tränengaswolken in die Luft. Du trägst auf deiner Fahrt ein in Essig getauchtes Tuch um den Hals, um es jederzeit als Notfilter gegen die Dämpfe einsetzen zu können. Die Krawalle sind nicht mehr im Gang, aber auch noch nicht ganz vorbei. Polizistenrudel hetzen Versprengte. Um dich herum liegen Glasscherben und Trümmerteile wie ein Bartschatten auf dem glatten Beton der Stadt.
    Das Gebäude unter der Adresse, die du suchst, wurde von Molotowcocktails getroffen, seine weiß getünchte Kolonialfassade ist rauchgeschwärzt. Ansonsten sind der Bau selbst und sein Inneres weitgehend intakt. Aber das interessiert dich nicht, als du aussteigst. Vielmehr interessiert dich der Lieferwagen auf dem Pannenstreifen davor. Er liegt auf der Seite, Motor und Fahrgestell schwelen. Ein Totalverlust. Den Feuerlöscher, den du mitgebracht hast, brauchst du gar nicht erst einzusetzen, und nach einem längeren Blick darauf bedeutest du deinem Mechaniker, sich wieder ins Auto zu setzen.
    Auf der langsamen Rückfahrt nässen deine Schleimhäute. Du drehst das Fenster herunter, rächzt tief und spuckst aus. Dein Büro liegt gegenüber deiner Fabrik und Lagerhalle am Stadtrand in einer von tausendundeiner eingefurchten Straßen, wo wenige Jahre zuvor noch Felder waren, jetzt aber nur wenig Grün zu sehen ist, da planlose Entwicklung stattdessen ein Band aus Minimärkten, Autowerkstätten, Schrotthändlern, nicht eingetragenen Bildungsinstituten, windigen Zahnkliniken und Handykarten- und Reparaturläden hervorgebracht hat, und das alles in einem prekären Häusergewirr, das keinem Erdbeben oder auch nur sintflutartigen Regenfällen widerstehen würde.
    Hier am wuchernden Rand leben viele der jüngsten Zugänge der gewaltigen Bevölkerung deiner Stadt, manche im Zentrum geboren und vom dortigen Gewühl hinausgedrückt, andere aus kleineren Städten und Dörfern der Region