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So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)

So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)

Titel: So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohsin Hamid
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Widerstand hin und kämpfst in dem Maß, wie du es eben tust, weitgehend aus Gewohnheit und einem Verantwortungsgefühl deinen ehemaligen Angestellten gegenüber. Fast scheint es, als begrüße etwas in dir es perverserweise, so gedemütigt zu werden, als hättest du den wahnsinnigen Drang, deinen Reichtum abzustreifen wie ein Tier, das sich im Herbst häutet. Vielleicht trägt das zu dem Furor bei, mit dem du angegriffen wirst. Als es vorbei ist, haben deine finanziellen Knochen sich nur noch kleine Fetzen ihres vormaligen Fleischs bewahrt, aber völlig abgenagt sind sie noch nicht. Du bist nicht mittellos. Du bleibst auf freiem Fuß. Du bist ein alter Mann in einem Hotelzimmer, nimmst deine Medikamente, schaust durch das dreckige Fenster auf die Straße und fährst mit dem Taxi, wenn du musst.
    Persönlich wirkst du zuweilen verzagt, zögerlich, doch ob dieser Wandel auf dein wirtschaftliches Pech oder den Niedergang deiner Gesundheit zurückzuführen ist, lässt sich unmöglich sagen. Du bist der Realität begegnet, dass einem Mann im Alter Dinge weggenommen werden, häufig plötzlich und ohne Vorwarnung. Du mietest dir kein eigenes Zuhause und kaufst auch keinen Gebrauchtwagen. Stattdessen bleibst du in deinem Hotel mit wenigen Besitztümern, nicht mehr, als in ein Gepäckstück passen würde. Das ist dir recht. Weniger haben heißt weniger haben, mit dem du dir das Leben betäuben kannst.
    In der Nähe des Hotels ist ein Internetcafé. Dorthin gehst du jetzt, aber langsam. Da du schnell außer Atem kommst und eine Ruhepause einlegen musst, trägst du den ultraleichten Stab aus Plastik und Metall, den dein Arzt, vielleicht aus Nostalgie, als Stock bezeichnet. Du bist länger auf der Erde gewesen als die drei jungen Techniker, die in dem Café arbeiten, zusammengenommen. Ihre T-Shirts, Tattoos und gestylten Schnurrbärte sind Symbole eines Clans, der dir unvertraut ist. Sie sind nicht erfreut, dich zu sehen. Ihr Anführer dagegen, ein junger Mann mit einer in die Augenbraue rasierten Kerbe, erhebt sich wenigstens mit einem Anschein von Respekt.
    »Wenn Sie mir vielleicht wieder helfen wollen«, sagst du.
    Er nickt. »Nummer fünf.«
    Er ist barsch zu dir, richtet aber auch alles gründlich für dich ein, sodass du loslegen kannst. Du wirst in eine Kabine gesetzt, auf einen Stuhl mit festem, aber bequemem Gewebe. Vor dir ist ein Flachbildschirm, auf dem die verbrauchte Zeit und das geschuldete Geld angezeigt werden. Unter deinem Tisch steht, für dich nicht sichtbar, aber mit den Füßen berührbar, ein schienbeinhoher Rechner, von dem du dich achtsam wegdrehst, damit du nichts kaputtmachst. Die Kabinen sind zwar klein, haben aber höhere Trennwände als die in deinen ehemaligen Büroräumen, wodurch sie dem Benutzer ein Maximum an Privatsphäre gewähren. Das Café ist dunkel, es hat außer den Bildschirmen keine aktive Lichtquelle und riecht vage nach Frauenhaarspray, Schweiß und Sperma.
    Dein Sohn erscheint schräg vor dir, was nahelegt, dass du von oben auf ihn herabsiehst. Du setzt dich gerader hin, versuchst unbewusst, den Kopf in eine Höhe zu recken, aus der diese Perspektive normal wäre, doch es hat keinen Einfluss auf dein Gefühl leichter Desorientierung. Du weißt nicht, wohin mit den Händen, also packst du die Armlehnen deines Stuhls. Dein Sohn erstarrt, pixelt, dann bewegt er sich wieder und spricht.
    »Hi, Dad.«
    »Hi, mein Junge.«
    Er ist in seiner Wohnung, sein Zimmer eine richtiggehende Lagerhalle, spärlich mit umfunktioniertem Baumaterial möbliert, der Esstisch zwei Stapel Betonziegel, die eine horizontale Tür mit intakten Angeln tragen. Vor seinen Fenstern ist es Nacht. Er erkundigt sich besorgt nach deiner Gesundheit, du versicherst ihm, alles sei gut, und du plauderst über Politik, Wirtschaft, seine Cousins. Er kann dich nicht besuchen, weil sein Visastatus mit einem seit langem bestehenden Asylantrag verknüpft ist. Eine Heimreise würde seine Behauptung, er sei dort in Gefahr, entwerten.
    »Hast du mit deiner Mutter gesprochen?«, fragst du.
    »Nein. Schon länger nicht.«
    »Mach das mal. Sie vermisst dich.«
    »Das glaube ich gern, auf ihre Weise.«
    Der Freund deines Sohnes geht hinter ihm vorbei, ohne Hemd, unrasiert, verpennt. Der Freund putzt sich die Zähne, macht sich bettfertig. Er winkt dir zu, du hebst daraufhin die Hand. Dein Sohn lächelt, dreht sich halb zu seinem Freund hin, sagt etwas Unhörbares und wendet sich wieder der Computerkamera zu.
    »Es wird spät«, sagt

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