So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)
mechanische Dinger sich in dir entfalten und ausdehnen, die schlaffen Wände deiner Arterien auseinanderdrücken und geweitet halten. Du fragst dich, ob du, sollte etwas schiefgehen, deinen Tod auf dem Mikroschlachtfeld des Bildschirms dargestellt siehst, bevor dein Gehirn seine Funktion einstellt, oder aber ob die Abfolge der inneren Ereignisse schneller als das äußere Relais ist, dich einfach in Schwärze hüllt trotz allem, was dieses Raumschiff von einem Operationssaal zu bieten hat. Die Frage bleibt jedoch theoretisch, denn der Weltexperte erklärt die Operation zu einem uneingeschränkten Erfolg.
Am folgenden Tag sagt er dir nach der postoperativen Untersuchung, wenn dein Herz, nun neu mit Blut versorgt, sich so gut erholen sollte, wie er es trotz deines fortgeschrittenen Alters für möglich hält, dann hättest du noch viele Monate oder gar einige Jahre unhospitalisierten Lebens vor dir. Du dankst ihm. Auch deiner Exfrau dankst du. Und in dem Augenblick wirft sie dem Weltexperten einen kurzen Blick zu, erhält ein feierliches, orangegetöntes Nicken, bittet dich, dich zu entspannen und zu versuchen, dich von der Nachricht nicht allzu sehr aufwühlen zu lassen, und teilt dir mit, dass ihr Bruder, der, wie sie jetzt wünscht, niemals geboren wäre, sich mit den Geldern, die dein Unternehmen für den geplanten Aufkauf bereitgestellt hat, ins Ausland abgesetzt habe, nachdem er der Gelegenheit, die sich ihm durch deine Abwesenheit geboten habe, offenbar nicht habe widerstehen können, dass deine Firma folglich bankrott sei, du ebenfalls, und dass die Polizeibeamten, die vor deinem Zimmer stünden, nicht zu deinem Schutz da seien, wie du bis dahin angenommen hattest, sondern vielmehr deshalb, weil du praktisch verhaftet seist.
Du nimmst diese Nachricht auf, so gut es eben geht, das heißt, du stirbst nicht. Du sagst deiner Exfrau, du hättest keine Zweifel, dass sie nichts damit zu tun habe und dass der Fehler, ihren Bruder einzustellen und ihm zu vertrauen, einzig der deine sei, und du betonst, dass es dir gesundheitlich viel besser gehe als seit Wochen. Dabei lässt du unerwähnt, dass Erdanziehung und Luftdruck seit deinen zwei Herzinfarkten offenbar stärker geworden sind und dass der Gang zur Toilette, den du heute Morgen ohne fremde Hilfe bewältigt hast, wie die Umrundung der Oberfläche eines fremden, unwirtlichen Mondes gewesen ist.
Nachdem sie gegangen ist, sitzt du einen ganzen Tag lang schweigend da. Dann machst du dich an die Arbeit. Deine Neffen holen Gelder, die du heimlich beiseitegeschafft hast und die deine Gläubiger sich deshalb nicht geholt hatten, daher bist du in der Lage, dir einen Anwalt zu nehmen, die notwendigen Bestechungen zu leisten, auf Kaution freizukommen und ein Zimmer in einem Zweisternehotel zu mieten, alles ohne deine nicht gerade reiche Exfrau weiter zu belasten. Allerdings weigert sie sich, wobei sie ihren hübschen, verschleierten Kopf hängen lässt, dir zu gestatten, ihr die beträchtlichen Kosten deiner ärztlichen Behandlung zu ersetzen. Das sei das Mindeste, was sie tun könne, sagt sie.
Nun ohne eigenen Fahrer wie auch ohne Wagen, fahren deine Neffen dich zum Hotel, wettern gegen deinen Stellvertreter, den du schon vor Jahren, als er sie aus deiner Firma drängte, im Verdacht hattest, korrupt zu sein, fügen aber rasch hinzu, dass sie keinen Groll gegen dich hegten, schließlich seist du ihr Onkel, und Blut sei stärker als solche Enttäuschungen. Sie bitten dich, zu ihnen zu ziehen. Du bekundest Dankbarkeit, sagst aber, du seist es gewöhnt, allein zu sein. Durch die Windschutzscheibe siehst du Staub und Verschmutzung wie eine Kuppel über der Stadt hängen und wie sie den Himmel in Kupfer und die Wolken in bestrahlte Bronze verwandeln.
In den folgenden Monaten erhältst du anonyme Morddrohungen und triffst dich mit Politikern, die du für Verbündete gehalten hattest, die aber kaum ihre Schadenfreude verbergen können. Du gerätst ins Visier einer der zynischen Anti-Korruptionskampagnen, die das Establishment deiner Stadt regelmäßig inszeniert, wirst dem Wolfsrudel der öffentlichen Meinung vorgeworfen, haltlose Gerüchte über deine zwielichtigen Geschäfte erregen entrüstete Aufmerksamkeit in den Zeitungen. Du bist schon immer ein Außenseiter gewesen, und nun bist du endlich weidwund. Es ist nur natürlich, dass du geopfert wirst, damit der Rest der Herde weiterziehen kann.
Ist dieser Ausgang erst klar, nimmst du dein Schicksal ohne allzu großen
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