Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So zärtlich war das Ruhrgebiet

So zärtlich war das Ruhrgebiet

Titel: So zärtlich war das Ruhrgebiet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Kowalski
Vom Netzwerk:
Art
Himbeergelee versteckt. Eis von Langnese gab es in Lunden nicht. Komisch.
     
    Papa ging mit Peter Hartung und mir in Dortmund-Eving ins
Scala. Der Film hieß „Vier Fäuste für ein Halleluja“ und war das Witzigste, was
ich je gesehen hatte. Der war sogar noch besser als „U-Boot 3000 – Tauchfahrt
des Grauens“ oder „Sindbads siebente Reise“, den ich im Fernsehen gesehen
hatte. In „Vier Fäuste für ein Halleluja“ gab es den müden Joe, der sich von
seinem Pferd auf einer Matte liegend ziehen ließ, weil er zum Reiten zu faul
war. Am komischsten waren die Schlägereien. So lustige gab es in anderen
Cowboyfilmen nicht.
     
    Die besten Sendungen im Fernsehen waren Schweinchen
Dick und Tarzan mit Ron Ely. Blöd waren dagegen Bonanza und Rauchende
Colts . Und neuerdings gab es eine Kindersendung, die Sesamstraße hieß .
In der tauchten bunte, lustige Puppen auf wie Kermit, der Frosch, und Ernie
& Bert. Und es gab einen großen gelben Vogel namens Bibo.
     
    Nach den Ferien brachte mich Papa mit dem Auto in die
neue Schule: die Friedrich-List-Realschule in der Uhlandstraße, gar nicht weit
von der Wohnung von Onkel Manfred und Tante Christa entfernt.
    Mein neuer Klassenlehrer hieß
Herr Runde und war schon sehr alt. An seinem rechten Handgelenk trug er ein
Stützarmband aus braunem Leder. Weil wir zu spät kamen, kriegte ich nur noch
einen Platz ganz hinten in der letzten Reihe links, wo die Brillenträger und
die Komischen saßen.
             Wir waren die 5a und ausschließlich Jungen. Die
Mädchenrealschule grenzte direkt an den Schulhof an und hieß Gertrud-Bäumler-Schule.
Neben Lehrern gab es aber trotzdem Lehrerinnen auf der Friedrich-List. Die
Lehrer waren fast alle alt und die Lehrerinnen jung. Die ganz jungen
Lehrerinnen trugen manchmal Hotpants.
             Englisch lernten wir bei Frau Massin.
             „This is Mr. Clark. This is Mrs. Clark. They have two children.”
             Im Englischen wurde fast alles klein geschrieben
und die Wörter fast nie so ausgesprochen wie sie im Buch standen. Neu war auch
das Sprachlabor. Dort saß man in einer Art Kabine und hatte Kopfhörer auf.
    Bei Herrn Runde hatten wir
Physik, Geschichte und Deutsch. Ständig wiederholte er alles aus der Stunde
zuvor. Bei den Klassenarbeiten gab es fast immer nur Vieren, Fünfen und
Sechsen, ganz selten eine drei. Die hatte dann fast immer Andreas Pillat.
             Uns nannte Herr Runde Saubande oder Strohköpfe.
Die Klassenarbeitshefte gab er uns nicht in die Hand, sondern schleuderte sie
durch den ganzen Klassenraum. Dann mussten wir aufstehen und unser Heft vom
Boden aufheben, wobei er uns anschrie, wir wären faule Kretins. Noch mehr Angst
hatten wir nur vor Herrn Franke, dem stellvertretenden Direktor, der ab und zu
Vertretung bei uns machte.
                                                                   
    Im Fernsehen lief die Otto-Show mit einem Komiker aus
Ostfriesland. Der war wirklich umwerfend komisch. Auch in der Schule sprachen
alle davon. Und statt Schweinchen Dick kam nun Der Rosarote Panther .
    In unserer Klasse gab es drei Michaels’, vier Andreasse,
drei, die Frank, und sechs, die Thomas hießen. Herr Runde sagte, deren Eltern
seien einfallslos gewesen und er habe keine Lust, die einzelnen Thommasse,
Franks, Andreasse und Michaels auseinanderzuhalten. Darum gab er denen, die so
hießen, neue Namen. Die Andreasse hießen nun Odin, Wotan, Loki und Thor, die Thomasse
Goethe, Schiller, Hebbel, Lessing, Stifter und Kleist, die Franks nach den
deutschen Kaisern Otto, Ludwig und Karl, und als die Michaels neue Namen
bekommen sollten, klingelte es zur Pause und Herr Runde nannte sie in aller
Eile Dick, Doof und Dämlich. Dämlich – das war ich.
             Am nächsten Tag hatte Herr Runde bereits
vergessen, wer Loki, Lessing oder Ludwig war. Nur Dick, Doof und Dämlich hatte
er sich dummerweise gemerkt.
             „Dämlich! Aufstehen und nach vorne an die
Tafel!“, hieß es nun immer.
     
    Hin und wieder bekamen wir zu Hause Besuch von Onkel
Werner. Onkel Werner war kein richtiger Onkel, gehörte aber, weil er regelmäßig
kam, trotzdem zur Familie. Hatte Papa beim Kartenspielen ausnahms-weise
gewonnen, gab er Onkel Werner Geld. Mama nannte Onkel Werner immer nur
Gerichtsvollzieher und mochte ihn nicht.
     
    Im Schaufenster des Büdchens an der Öttringhauser Straße
hing der neue Lucky

Weitere Kostenlose Bücher