passiert zu sein. Ichschob die Erinnerungen beiseite und kehrte auf die Suchergebnissseite zurück. Neben noch mehr Videoclips befanden sich dort auch Links zu verwaisten Foren und alten Berichten, die aus der Trennungszeit im Jahre 2001 stammten. Damals war ich achtzehn gewesen und hatte die aussichtslose Schwärmerei für Jamie endlich aufgegeben. Seitdem waren so viele Jahre vergangen … Was wohl aus Jamie Baker geworden war?
Von der Neugier gepackt, suchte ich im Internet nach ihm – und wurde rasch fündig.
Natürlich
, schließlich war ich eine Berufsschnüfflerin.
Laut Google war Jamie seit der Trennung von B.Touched kaum durch musikalische Erfolge aufgefallen. Zwar hatte er ein paar eigene Songs aufgenommen, doch diese hatten es nur in England auf einigermaßen akzeptable Chartplatzierungen geschafft. In Deutschland war es ruhig um den einst so umschwärmten Mädchenliebling geworden.
Nach gefühlten dreißig Links mit reichlich oberflächlichen Informationen hatte mich die Spannung wieder verlassen und ich beschloss, mir nur noch den letzten Link auf der aktuellen Suchergebnisseite anzusehen. Und ausgerechnet dieser führte mich schließlich zu einem interessanten Treffer! Ein reifer gewordenes, noch immer unheimlich einnehmendes, Gesicht lächelte mich von einer Agenturhomepage an.
Wow. Was für ein Mann
.
Jamies Bild und der daneben eingegliederte Steckbrief gehörten zu einer Vorstellungsseite in der Online-Kartei einer britischen Agentur, die Künstler vermittelte. Ich überflog Jamies Angaben mit klopfendem Herzen und erfuhr, dass er nach der Trennung von B.Touched in sein Heimatland England zurückgekehrt war. Während ihres Erfolgs hatten die Jungs überwiegend in Deutschland gewohnt, in einem kleinen Vorort von Köln, der zu einer wahren Groupiestätte mutiert war. Inzwischen war ich dankbar dafür, dass Isa und ich nie ernsthaft in Erwägung gezogen hatten, uns vor ihren Häusern zu postieren; denn das wäre mir heute noch peinlicher gewesen als die Aktion in Frankfurt, bei der wir spontan für zwei Konzerttickets unsere BHs hergegeben hatten.
Wie erniedrigend das doch gewesen war
…
Mit gestiegener Aufregung scrollte ich zu Jamies Hobbies, die mit ‚singing, acting, sports‘ für meinen Geschmack ziemlich allgemein gehalten waren. Aber immerhin war dies ja auch keine Partnerbörse, sondern eine seriöse Plattform, auf der er Arbeitgeber finden wollte. Mein Blick zog nach oben, zu Jamies hellbraunen Augen, die mich erwachsen und ernst anblickten. Plötzlich fühlte ich mich wieder wiedreizehn – völlig verzaubert von dem gutaussehenden Typen, der mich von einem blöden Foto aus anlächelte.
Rrr
, was war der Kerl aber auch heiß …!
Meine Augen rissen sich von Jamie los und glitten den Bildschirm hinab, wo sie eine Box entdeckten. Dort war die Telefonnummer von Jamies Agenten hinterlegt, außerdem eine Standard-E-Mail-Adresse –
[email protected]. Darüber erreichte man vermutlich nur den zuständigen Vermittler.
Hm
. Weshalb enttäuschte mich das jetzt? Ich war immerhin kein Teenie mehr und Jamie war nicht mehr der begehrte Superstar, der mich über Jahre hinweg mit seinem Gesang und seiner Ausstrahlung verzaubert hatte. Aus diesem Alter war ich doch lange heraus. Und trotzdem überkam mich eine Art kindische Aufregung, als ich einen Link zu Facebook entdeckte. Jamie war bei Facebook?
Neugierig folgte ich der Verlinkung in einem neuen Browserfenster. Das Profil von J. B. – nicht gerade ein besonders aussagekräftiger Name – wurde von einem körnigen schwarz-weiß-Foto geziert. Jamies Haare waren deutlich kürzer als früher und die dunklen Stoppeln gaben seinem Gesicht eine ganz neue Männlichkeit.
Nicht schlecht
.
Sein Profil war nicht öffentlich, weshalb ich mir weder Jamies Freunde noch irgendwelche Angaben zu seiner Person ansehen konnte. Der Button
Nachricht senden
stach mir deshalb umso prominenter ins Auge.
Moment
. Zog ich es etwa gerade wirklich in Erwägung, Jamie Baker eine Nachricht zu schicken?!
Tz
. Augenscheinlich hatte ich nach neun Jahren in diesem Büro voller Choleriker und Wahnsinniger jeglichen Realitätsbezug verloren. Jamie würde einer wildfremden Frau aus Deutschland ja wohl kaum zurückschreiben.
Das würde er doch nicht, oder?
Und wenn
, machte sich mein gesunder Menschenverstand bemerkbar,
würde er mich fragen, was ich für eine arme, irre Stalkerin bin, die einen ihr völlig fremden Ex-Sänger belästigt
.
»Äh-em.« Katja