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Social Netlove

Social Netlove

Titel: Social Netlove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Strack
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Werk. Die Farben wirkten belebend, aufmunternd und das dezente Funkeln der sparsam verwendeten Pailletten versprühte Lebenslust und Eleganz. Kombiniert mit einem klassisch geschnittenen Blazer könnten Shirt und Schal seine Trägerin zu einem Casting begleiten, am Körper einer Creative Director, die selbstbewusst über die Karrieren anderer entschied. Oder getragen mit einer Jeansjacke und schwarzen Leinenshorts, im Besitz einer stilsicheren Londonerin, die mit ihren Freundinnen durch Soho zog, um Männern den Kopf zu verdrehen … Genau so musste Kleidung sein – sie musste eine Geschichte erzählen. Kleidung musste sich seinen Träger aussuchen, nicht umgekehrt. Sie musste Eigendynamik entwickeln und eigene Ansprüche stellen – in etwa so, wie die kleine Holzschnitzerei Pinocchio, die plötzlich zum Leben erwacht war und dem alten Gipetto auf der Nase herumtanzte.
    Leider war es in meinem Fall völlig egal, ob die entworfene Kleidung nichtssagend in der Ecke hing oder mich von einer der Puppen aus ermahnte, sie wolle von diesem oder jenem Menschen getragen werden. Denn letztendlich bekam die Sachen außer Thomas oder Isabelle in der Regel sowieso niemand zu Gesicht.
Leider
.
    Zum ersten Mal seit Stunden registrierte ich, dass mein Magen wie verrückt grummelte. Ich warf einen Blick auf mein Handy und erschrak darüber, dass ich seit zehn Stunden kaum mehr als zwei Tassen Tee und einen halben Müsliriegel zu mir genommen hatte. Fox war offenbar ähnlicher Meinung – mit hochherrschaftlichen Schritten ging er an mir vorbei und hielt erst im Rahmen der Küchentür inne. Er warf mir einen anklagenden Blick über die rötliche Katzenschulter zu, dann hockte er sich vor seinen leeren Futternapf und miaute so kläglich, als hätte er die letzten Wochen ohne Futter und Zuneigung in einem Schuhkarton verbringen müssen.
    »Ich komme ja«, murmelte ich liebevoll und streichelte meinen Kater zwischen den Ohren, bevor ich eine Dose Thunfisch-Nassfutter in sein kleines Schüsselchen gab. Noch während ich überlegte, was ich essen sollte, brach schlagartig die Müdigkeit über mich hinein.Es war bereits dreiundzwanzig Uhr, zu spät für die Reis-Gemüsepfanne, die ich heute ursprünglich hatte kochen wollen. In den Tiefen meines Gefrierfachs fand ich eine Lasagne, die auf dem Packungsbild gar nicht mal so übel aussah. Während Fox zufrieden den Kopf in sein Futter tauchte, versenkte ich das Fertiggericht kurzerhand in meinem Backofen. Danach kehrte ich zurück ins Schlafzimmer, klaubte die letzten Stoffreste vom Teppich auf und sah hinüber zu meinem Laptop, aus welchem die Musik von
Fall Out Boy
gedrungen war. Die Wiedergabeliste war längst verklungen und nur Fox' schmatzende Fressgeräusche erfüllten jetzt noch den Raum.
    Auf meinem Laptop blinkte irgendetwas hektisch in der unteren Ecke des Bildschirms.
Mist
. Ich hatte Thomas und unseren regelmäßigen
Schlag-den-Raab
-Fernsehabend, bei dem wir uns mit Toast-Hawaii und American Cookies vollfutterten, völlig vergessen.
    Sternenstaub82 (23:21) : Tut mir Leid! Ich hab die Zeit vergessen …
    LordLoom (23:24) : Jaja …
    Sternenstaub82 (23:25) : Sei bitte nicht sauer. Ich könnte doch jetzt noch hochkommen.
    Während ich auf Thomas' Antwort wartete, öffnete ich zum ersten Mal an diesem Tag mein Facebook-Postfach. Ich traute meinen Augen kaum: Jamie hatte geantwortet!
    Betreff: AW: Hey there
26. März um 22:31
Dear M.,
thank you for your kind message.
Have a nice weekend.
J.
    Aha
. Enttäuscht betrachtete ich die wenigen Worte, die ‚J.‘ sich hatte abringen können. Und für diese Antwort hatte er fast zwei Wochen gebraucht?
    Vor ein paar Tagen noch hätte es mir völlig gereicht, überhaupt irgendeine Reaktion von Jamie zu bekommen; auch wenn es ebeneine klare Abweisung gewesen wäre. Aber diese Antwort war ja nicht einmal das! Es war eine völlig emotionslose, nichtssagende Nachricht, die genauso gut auf der Dankeskarte eines Hochzeitspaares, eines Jubilars oder wahlweise auch gerne eines Firmenlieferanten hätte stehen können. ‚Thank you for your kind message‘. Hatte der Kerl sich meine Nachricht überhaupt durchgelesen?
    Na gut
, dachte ich bockig,
dann eben nicht
. Eigentlich gab es keinen Grund, an meinen alten Jugendschwarm noch eine Antwort zu verfassen, doch mein kleines Mädchenherz, das offenbar ernsthaft enttäuscht von Jamie war, brachte meine Finger dazu, flink über die Tastatur zu gleiten. Die Augen der verknallten Dreizehnjährigen von damals

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