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Socrates - Der friedvolle Krieger

Titel: Socrates - Der friedvolle Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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direkt in - Sakoljews Hoden. Es war ein Volltreffer! Sakoljew machte ein Geräusch, das eine Mischung aus einem Röcheln und einem Schrei war und ging zu Boden. Sein ganzer Körper hatte sich zusammengekrümmt, sodass er sich nicht mehr bewegen konnte.
    Während sich Sakoljew stöhnend übergab, sprang Sergej auf die Füße. Er packte einen dicken Ast und schlug Sakoljew mit voller Wucht auf den Hinterkopf, sodass dieser bewusstlos zusammensackte. Als er den Ast wieder erheben wollte, um damit den Schädel des Bastards zu zerschmettern, hielt ihn irgendetwas zurück.
    Von widerstreitenden Gefühlen zerrissen, zwang sich Sergej schließlich, den Ast fallen zu lassen. Statt seinen Gegner zu töten, packte er dessen Rucksack und schleuderte ihn voller Wut in den See. Das Aufklatschen war nicht lauter als das Geräusch, das eine Ente macht, wenn sie auf dem Wasser landet.
    Sakoljew wird bald wieder zu sich kommen , dachte Sergej und kniete schnell neben dem leblosen Körper nieder, um ihm das Medaillon abzunehmen. Als er es in der Hand hatte, blies er instinktiv darauf, als ob er es reinigen wollte. Dann legte er sich die Halskette um und schulterte seinen Rucksack. Bevor er sich davonmachte, warf er noch einen letzten Blick auf Sakoljew, der bewegungslos und verkrümmt dalag. Sergej konnte kein Heben und Senken der Brust erkennen. Da kam ihm zum ersten Mal der Gedanke, dass er ihn umgebracht haben könnte.
    In der Hitze des Gefechts hatte er hart zugeschlagen, vielleicht zu hart. Selbst im bleichen Mondlicht konnte er die dunklen Flecken auf Sakoljews Schädel erkennen. Er wusste, was sie bedeuteten. Sakoljews Augen waren halb geöffnet und starrten blind in den Himmel. Sein Gesicht hatte bereits die graue Farbe des Todes angenommen. Sergej legte seinen Finger gegen den Hals des Kadetten. Nichts. Ihn fröstelte, als er keinen Puls entdecken konnte.
    Entsetzt wich Sergej von dem leblosen Körper zurück. Nur weg von hier, nur weg , sagte sein Verstand. Er schlängelte sich durch das Schilf und zog den schweren Baumstamm ins Wasser. Zum Glück schwamm er. Er zog die Riemen des Rucksacks fester an, legte sich bäuchlings auf den Stamm, umklammerte ihn fest mit den Beinen und stieß sich ab. Die eisige Kälte in Armen und Beinen brachte ihn wieder zur Besinnung. Er musste sich darauf konzentrieren, sein Gleichgewicht zu halten, sonst würde er mit dem Baumstamm kentern und womöglich ertrinken.
    Er paddelte in den dichten Nebel hinaus. Kein Wachtposten würde ihn jetzt noch entdecken können und auch vom Ufer aus war er nun nicht mehr zu sehen. Aber wenn er zu weit hinaus paddelte, würde er ein Opfer des eisigen Wassers werden und hier sein Grab finden. Er durfte nicht zu lange im Wasser bleiben, sonst würde er erfrieren. Schon jetzt zitterte er unkontrolliert - einerseits aufgrund der Kälte, andererseits aufgrund dessen, was er getan hatte.
    Ich habe Sakoljew umgebracht , dachte er immer wieder. Jetzt bin ich kein entlaufener Kadett mehr, sondern ein flüchtiger Mörder. Es spielt keine Rolle, dass ich es nicht gewollt habe. Es wird aussehen wie ein kaltblütiger Mord. Alle wissen, dass ich Sakoljew gehasst habe, weil er mir das Medaillon gestohlen hat.
    Einen Augenblick lang dachte er daran umzukehren und alles zu erklären. Aber was wollte er erklären? Dass er ebenso wie Sakoljew desertieren wollte? Der Brief war zerrissen. Es gab keine Beweise für seine Unschuld. Es gab keine Erklärung, die seinen Onkel zufrieden stellen würde. Was getan war, war getan. Sergej würde den Rest seines Lebens mit der Erkenntnis leben müssen, dass er Sakoljew umgebracht hatte.

11
    W eil er beinahe sein Gleichgewicht verlor und ins eiskalte Wasser gefallen wäre, kam Sergej abrupt in die Wirklichkeit zurück. Die Vergangenheit liegt hinter dir , dachte er, konzentriere dich auf die Gegenwart, auf diesen Augenblick und auf den nächsten . Mit jedem Eintauchen seiner Arme paddelte er weiter von der Newski Kadettenanstalt weg. Es musste all seine Kraft aufwenden, um der Eiseskälte, die ihm immer tiefer in die Knochen kroch, standzuhalten. Sergejs Brust hob und senkte sich vor Anstrengung, als ihm der Ernst der Situation bewusst wurde.
    Konzentriere dich! Nur noch ein paar Minuten, dann gehst du wieder an Land .
    Sergejs Ziel war ein Fluss, der etwa sechshundert Meter östlich der Anstalt in den See mündete. Er schätzte, dass er diese Strecke mittlerweile zurückgelegt haben müsste und hielt auf das Ufer zu. Dort angekommen, stieg

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