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Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Titel: Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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dröhnte die Trommel, die in immer wilderem, wahnsinnigem Wirbel alle anderen Geräusche auslöschte.
    Gleich würde sich der gräßliche Ton des Horns hineinmischen. Sie kamen zu spät. Sie hätten früher aufbrechen und die Wächter schneller töten müssen, denen sie oben auf dem Plateau begegnet waren.
    Charru wußte, daß all diese Gedanken nur der Verzweiflung in seinem Herzen entsprangen.
    Neben sich hörte er die keuchenden Atemzüge von Jarlon und Camelo, das Klatschen der ledernen Sandalen auf dem Pflaster. Längst hatten sie es aufgegeben, nach Schleichwegen in der Finsternis der verwinkelten Gassen und Höfe zu suchen. Völlig offen rannten sie über die breite Straße, entschlossen, jeden niederzumachen, der sich ihnen in den Weg stellte. Es war zu spät. Sie hatten keine Chance mehr, rechtzeitig zu kommen, die Priester waren diesmal eiliger gewesen als sonst. Vielleicht, dachte Charru, weil sie heute Nacht noch einmal über die besiegten Stämme herfallen wollten, um sie für die neuerliche Verletzung des Tabus zu bestrafen...
    Jäh schnitt der schrille, hohe Ton des Horns durch den Trommelwirbel.
    Charru sah den Widerschein der Fackeln zwischen den weißen Häusern, die wogende Menschenmauer, und hörte Camelo neben sich aufstöhnen. Eine vorspringende Hausecke hatte einen Teil des Tempels verdeckt. Jetzt konnte er die endlose Treppe sehen, die Kuppel, die das Plateau hoch oben überspannte, die Priester, die schwarzen Götterstatuen. Halbnackte Sklaven hielten Fackeln in den Fäusten. Fackeln, die ihren zuckenden Schein auf die hochaufgerichtete Gestalt des Oberpriesters warfen, das lange, funkelnde Opfermesser - und die weiße Gestalt, die auf den Block gefesselt war, schutzlos und entblößt den gierigen Blicken preisgegeben.
    »Nein!« schrie Jarlon gellend.
    Ein Schrei, der unterging im triumphierenden Aufheulen der Menge, als das Opfermesser niederfuhr.
    Charru stand starr, mit weit aufgerissenen Augen, schwankend unter der Gewalt der Wahrheit, und wußte, daß es vorbei war.
    *
    Die weißen Mauern von Kadnos schimmerten im Licht der beiden Marsmonde.
    Glatte, gleichförmige Kunststoffwürfel zeichneten die Kanäle nach, Laufbänder surrten in den gläsernen Transportröhren, die die Wohntürme wie ein leuchtendes Gitterwerk verbanden und gleichzeitig die Straßen erhellten. Lautlos schwebten Gleitschlitten durch das kreuzungsfreie System, nur noch wenige Menschen waren unterwegs zu den Verpflegungszentren. In der Ferne hoben sich schroffe Tafelberge vom Nachthimmel ab, überragt nur von den drei weißen, untereinander verbundenen Türmen, die die mächtige Kuppel der Universitäts-Sternwarte trugen.
    Gegen den riesigen, verschachtelten Gebäudekomplex der Universität wirkte selbst der Regierungssitz der Vereinigten Planeten bescheiden.
    Ein einfacher Quader aus weißem Baustoff, zehn Stockwerke hoch und etwa zwanzig Einheitsraummaße lang. Simon Jessardin bewohnte eine private Zimmerflucht im oberen Stockwerk, das einzige Vorrecht, das ihn von anderen Ratsmitgliedern und den ranghöheren Dienern aus Verwaltung und Vollzug unterschied. In Wahrheit benutzte der Präsident auch diese Räume nicht für private Zwecke, da in seinem Leben keine privaten Zwecke existierten. Das weiße, spartanische Büro war nicht das Zentrum, aber die Schaltstelle der Macht in der Welt der Vereinigten Planeten. Der Speiseraum wies eine gewisse Eleganz und Behaglichkeit auf, doch der Präsident weilte hier nur, wenn es galt, Staatsgäste in einem etwas intimeren Rahmen zu bewirten.
    Das kleine Bankett für den Generalgouverneur der Venus und die wichtigsten Mitglieder des Rates neigte sich seinem Ende zu.
    Diener räumten Teller und Platten ab - keine Verwaltungsdiener in Schwarz, sondern Diener in zivilem Weiß, die Simon Jessardin selbstverständlich aus eigener Tasche bezahlte. Niemals wäre er auf den Gedanken gekommen, Staatsgelder für private Zwecke zu verwenden. Und Conal Nord, der ohne Appetit seine Nachspeise aus Früchten der Universitäts-Zuchtanstalten löffelte, mußte daran denken, daß sich der Präsident im Gegensatz zu vielen anderen einflußreichen Männern bei seinen Mahlzeiten sonst ausschließlich auf die Konzentratwürfel aus den Verpflegungszentren beschränkte.
    Jessardin lächelte, als habe er die Gedanken des Venusiers gelesen. »Sie müssen entschuldigen, wenn die Ergebnisse der marsianischen Zuchtanstalten ein wenig zu wünschen übriglassen, mein Freund. Die Große Katastrophe hat Ihrem

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