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Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Titel: Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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oberhalb der Wand, ohne recht zu begreifen, wie er es geschafft hatte. Keuchend sank er gegen einen schwarzen, kühlen Steinblock. Lärmend und gestikulierend standen Priester und Krieger am Rand des Plateaus und zeigten zu ihm herauf. Er sah sie nur wie durch einen Schleier, aber er begriff, daß sie es nicht wagten, ihm in die Nähe des Göttertors zu folgen.
    Wenn er sich beeilte, konnte er es vielleicht schaffen, sich nach Mornag durchzuschlagen.
    Und was gewann er damit? Der blinde Taumel der Erregung verebbte, und seine Gedanken begannen wieder, klarer zu arbeiten. Wenn er nach Mornag floh, würden ihn die Priester aufspüren und auch Jarlon und Camelo töten und alle anderen, die sich ihnen in den Weg stellten. Bestimmt jedoch Jarlon und Camelo, die sie erkannt haben mußten. Und wenn er, Charru, nicht nach Mornag zurückkehrte, sondern sich hier oben versteckte? Dann würden die Stämme ihn in der Gefangenschaft der Priester glauben und zu befreien versuchen, das wußte er. Es gab keinen Ausweg. Es hatte nie einen Ausweg gegeben. Schon damals, als die Boten der Priester über die Ebenen ritten und das neue Ritual verkündeten, war das Schicksal der Stämme besiegelt gewesen.
    Hätten sie sich beugen sollen?
    Die Sklaverei erdulden, um weiterzuleben?
    Charru schüttelte heftig den Köpf. Vielleicht, dachte er, hätten sie sich irgendwann in das Tal schleichen, Bar Nergal ermorden und ein Blutbad unter der Führungskaste der Priester anrichten sollen. Aber das hatten sie nicht getan und nie gewollt, und jetzt war es zu spät, um das Verhängnis noch abzuwenden.
    Charru richtete sich auf, warf einen Blick auf die wütenden Priester und zog sich lautlos in den Schatten zwischen den Felsblöcken zurück.
    Er hatte keine Wahl. Hoffnungslosigkeit überwältigte ihn, und mit der Hoffnungslosigkeit kamen Schmerzen und Schwäche, die er während der wahnwitzigen Flucht vergessen hatte. Er wünschte sich plötzlich nur noch, dieses einsame Plateau zu verlassen, in Mornag zu sein, die anderen zu sehen. Da sie nicht alle sterben konnten, mußten sie wohl in die Sklaverei gehen. Vielleicht konnte er Gerinth zum Hüter der Kinder bestimmen, vielleicht konnte er Jarlon überzeugen, daß er weiterleben mußte, damit jemand da war, der zum Mittler zwischen Gerinth und den Kindern wurde, der dafür sorgte, daß das Erbe der Stämme bewahrt blieb. Er, Charru, war sich schon vor langer Zeit mit Camelo darüber einig geworden, daß sie eines Tages den Tod in den ewigen Flammen einem langsamen Sterben vorziehen würden. Der Gedanke hatte etwas Tröstliches und vertrieb das beklemmende Gefühl der Einsamkeit. Karstein würde bei ihnen sein, Kormak und Gillon von Tareth. Aber sie durften diesen Weg nicht alle gehen. Und wenn sie es nicht durften - hatte dann er, Charru, das Recht, sein Volk zu verlassen?
    Er zuckte zusammen unter diesem Gedanken, aber er kam nicht dazu, ihn weiterzuverfolgen.
    Mechanisch, in dem zähen, gleichmäßigen Wolfstrab der Steppenbewohner, war er über das Plateau gelaufen, jetzt prallte er zurück, als er Schritte, Stimmen und das Klirren von Waffen hörte. Mit angehaltenem Atem verharrte er und lauschte. Jemand kam! Und bestimmt nicht die Wächter, die auf den Plateaus patrouillierten, dafür waren es zu viele. Charru glitt noch ein Stück weiter, spähte über die Kante eines Felsblocks hinweg und biß die Zähne zusammen.
    Schimmernde Rüstungen.
    Krieger, die sich langsam bewegten, schwerfällig - und unaufhaltsam. Sie bildeten eine Kette, fast so dicht wie eine der Angriffsreihen, die am Morgen das Tiefland überrollt hatten. Natürlich, es war die Einfachheit selber: sie brauchten nur das Tor der Götter und die anderen Felswände zu bewachen und systematisch die beiden Plateaus zu durchkämmen. Er war unbewaffnet und wehrlos. Er konnte nur ins Tal des Todes entkommen und dort, wo der schwarze Fluß in die Flammenwand stürzte, war die Welt zu Ende.
    Charru wandte sich um und begann, den Weg zurückzulaufen, den er gekommen war.
    Er fühlte keine Furcht, jetzt nicht mehr. Es war zu hoffnungslos: ihm blieb nur noch übrig zu kämpfen, solange er konnte. Er würde sich nicht ausliefern. Er haßte die Priester, und er wollte nicht noch einmal hilflos vor Bar Nergal stehen. Irgendwo hinter ihm ertönte ein Schrei. Man hatte ihn entdeckt, aber er kümmerte sich nicht darum, weil er wußte, daß die Krieger ihn ohnehin nicht einholen konnten.
    Einmal schlug er einen Haken und lief bis zum Rand des

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